Tägliche Meditationen Sonntag 21. Mai 2023 bis Samstag 27. Mai 2023 Siebte Woche der Osterzeit Beate Scheilen
Die Macht und die Herrlichkeit 21. Mai 2023
Siebter Sonntag der Osterzeit „Exaudi Domine“ Hl. Hermann Josef von Steinfeld, Ordenspriester, Mystiker Beate Scheilen Joh 17,1-11a In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir. Einführendes Gebet: Jesus, für das Gespräch mit dem Vater hast du dir viel Zeit genommen. Ich wünsche mir, dass das Gebet auch für mich diese Bedeutung hat. Bitte: Bitte hilf mir zu erkennen, dass ich die Gebetszeit unbedingt brauche! Denn sonst wird mein Leben nur von meinen eigenen Ideen oder von den Wünschen anderer bestimmt. 1. Was ist Herrlichkeit? Bisher hat Jesus sich zum Gebet immer zurückgezogen, ins Geheimnis der Einheit zwischen ihm und dem Vater. Nun betet er erstmals laut vor seinen Jüngern – offenbar ist es wichtig, dass sie mitbekommen, worum es geht. Wer Jesus zuhört, könnte denken, es ginge jetzt wieder im Triumphzug nach Jerusalem. Wir wissen: Menschlich gesehen, kann bis zu seinem Tod weder von Macht noch von Herrlichkeit auch nur ansatzweise mehr die Rede sein. Was meint er also? Möchte er die Passion gedanklich überspringen, im Wissen um seine Auferstehung und Himmelfahrt? Oder liegt vielleicht auch und gerade in seiner menschlichen Erniedrigung eine Art von Herrlichkeit – nur eben eine, die die Welt nicht versteht? 2. Macht als Dienst an der Liebe. Der Vater hat Jesus „Macht über alle Menschen“ gegeben. Aber es handelt sich nicht um die Macht eines Willkürherrschers, der anderen seinen Willen aufzwingen kann. Bei Gott dient Macht ausschließlich der Liebe, nie wird sie missbraucht. Jesus möchte sie nutzen, um Menschen „ewiges Leben“ zu schenken! Dieses besteht nun weder in einem unendlich langen Dasein auf der Erde, noch in einem Aufenthalt in einer Art himmlischem Schlaraffenland. Es ist ein Erkennen des einzig wahren Gottes! „Erkennen“ nicht durch Sammeln von Informationen, auch nicht durch das Denken richtiger Gedanken über Gott – sondern ein wesenhaftes Erfassen in Beziehung und Vertrauen. Jesus - und nur er! – hat die Macht, uns diese Beziehung zu vermitteln. 3. Einfach machen, was dran ist. Oft sehen wir das irdische Leben Jesu als nicht besonders bedeutungsvoll an – mit Ausnahme vielleicht der drei Jahre seiner Lehrtätigkeit und natürlich seiner Passion (die aber zum Zeitpunkt dieses Gebets noch bevorsteht). Warum sagt Jesus dann, er habe bereits auf der Erde den Vater verherrlicht? Wodurch? Nun, indem er einfach getan hat, was ihm vom Vater aufgetragen war. In diesem Fall: 30 Jahre zurückgezogenes Leben, 3 Jahre herumwandern und lehren. Kann ich das von mir auch sagen? Vielleicht habe ich viele Bücher gelesen und viele geistliche Vorträge gehört – aber habe ich damit GETAN, was Gott von mir wollte? Gespräch mit Christus: Jesus, deine Jünger waren drei Jahre lang immer in deiner Nähe. Trotzdem hat es manchmal lange gedauert, bis sie verstanden haben, wovon du sprichst. Bitte hole mich in deine Nähe, damit ich werden kann wie du – habe aber auch Geduld mit mir! Vorsatz: Heute werde ich mir überlegen, wie ich mir das ewige Leben vorstelle und mit Jesus darüber sprechen.
Wie weit reicht dein Glaube? 22. Mai 2023
Montag der siebten Woche der Osterzeit
Beate Scheilen Joh 16,29-33 In jener Zeit sagten die Jünger zu Jesus: Jetzt redest du offen und sprichst nicht mehr in Gleichnissen. Jetzt wissen wir, dass du alles weißt und von niemand gefragt zu werden brauchst. Darum glauben wir, dass du von Gott gekommen bist. Jesus erwiderte ihnen: Glaubt ihr jetzt? Die Stunde kommt, und sie ist schon da, in der ihr versprengt werdet, jeder in sein Haus, und mich werdet ihr allein lassen. Aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. Dies habe ich zu euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt seid ihr in Bedrängnis; aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt. Einführendes Gebet: Jesus, wie wenig haben selbst deine engsten Vertrauten erkannt und zu schätzen gewusst, was du ihnen bringen wolltest. Ich möchte das neue Leben, das du mir anbietest, dankbar annehmen, wertschätzen und nicht davor weglaufen! Bitte: Herr, stärke meinen Glauben! 1. Schönwetter-Glaube. Der Glaube der Jünger wird bis dahin getriggert durch die Anziehungskraft des Wahren, Guten, Schönen – und emotional Beeindruckenden. Aber was ist, wenn das Wahre und Gute auf einmal nicht mehr schön und groß ist? Sondern provozierend klein und unansehnlich, so wie Jesus in seiner Passion? Jesus hört die Beteuerungen seiner Jünger und weiß: Da ist nichts, worauf er sich wirklich verlassen könnte. Nichts außer einem naturhaften Schönwetter-Glauben. Erst nach Pfingsten, wenn Jesus ihnen seinen Geist geschickt hat (den er aus Ihm bekannten Gründen jetzt noch zurückhalten muss), wird der Glaube seiner Nachfolger auch vor dem Scharfrichter Bestand haben … 2. Rheinische Kartenhäuser. Glauben in schönen Stunden, nach überzeugend vorgetragenen Predigten und einer feierlichen Fronleichnamsprozession mit Tausenden von Gläubigen – das ist einfach. Aber eins ist klar: Der rheinische Triumphal-Katholizismus ist tot. Schon lange. Was wird jetzt passieren? Wie vielen ist die Kirche, die sich gerade bisweilen selbst zu zerfleischen scheint, inzwischen herzlich egal? Viele sind in der Kirche wie in einem Sportverein: Solange er gewinnt, ist man gerne dabei … Aber wenn es unangenehm wird, läuft die Herde auseinander, viele ziehen sich zurück. Wer möchte unter diesen Umständen noch zu Jesus halten? Einer der größten Irrtümer: zu denken, man habe die Kraft zum Glauben aus sich selbst heraus. Wem Gott viel Gnade erweist, dem lässt er dieses Kartenhaus rechtzeitig zusammenbrechen … 3. Der Sieg über die Sorgen. Was aus menschlicher Sicht ein Desaster ist – ein Anführer wird von seinen engsten Vertrauten im Stich gelassen – ist für Jesus kein echtes Problem. Im Gegenteil: Er spricht den Jüngern, und somit auch uns, Mut zu! „Ich bin nicht allein, der Vater ist bei mir“. Jegliche menschliche Unterstützung ist unbeständig. Nur Gott ist immer bei mir. Dieses Wissen kann mir tiefen Frieden geben. Jesus wusste, dass seine Nachfolger mit der Welt über Kreuz liegen würden. Er sagte nicht: „Alle meine Jünger werden ein angenehmes Leben ohne Sorgen haben“, sondern er versprach uns Frieden mitten in den Sorgen – weil er die Angst, die überall in der Welt herrscht, besiegt hat! Gespräch mit Christus: Jesus, hier liegt der Kern deiner Botschaft: „Ich habe die Welt besiegt“. Niemand sonst hätte das gekonnt. In deiner Kraft kann ich es auch. Danke, Herr! Vorsatz: Ich werde mir die letzten beiden Sätze des heutigen Evangeliums auf einen Zettel schreiben. Wenn ich mir das nächste Mal Sorgen mache, werde ich diesen Zettel lesen.
Ist Glaube Weltflucht? 23. Mai 2023
Dienstag der siebten Woche der Osterzeit
Beate Scheilen Joh 17,1-11a In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte: Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht! Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. Das aber ist das ewige Leben: dass sie dich, den einzigen wahren Gott, erkennen und den du gesandt hast, Jesus Christus. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war! Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir und du hast sie mir gegeben und sie haben dein Wort bewahrt. Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gabst, habe ich ihnen gegeben und sie haben sie angenommen. Sie haben wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast. Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt und ich komme zu dir. Einführendes Gebet: Jesus, ich möchte gut zuhören, was du mir in dieser Zeit der Betrachtung sagst. Ich möchte deine Worte für mein Leben in der Welt ernst nehmen und sie nicht nur als Anleitung für Leute in Klöstern verstehen. Bitte: Herr, gib mir das Verlangen und den Mut, deinem Angebot an mich zu entsprechen. 1. Für viele. Jesus bittet ausdrücklich nur für diejenigen, die der Vater ihm gegeben hat! Das heißt: Die Menschen positionieren sich gegenüber Gott und er „gibt sie“ (die sein Wort annehmen) Jesus. Die Anderen … sind „Welt“, sie sind zunächst einmal draußen. Für sie betet Jesus an dieser Stelle nicht einmal! Wie kann das sein? Ist das nicht skandalös? Gott liebt doch alle Menschen. Er will doch, dass alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen … (vgl. 1 Tim 2,4) – Ja, aber nicht alle antworten auf sein Angebot. In diesem Sinn ist Jesu Blut Gott sei Dank für viele nicht vergebens vergossen, für einige wahrscheinlich aber schon. Und er wusste vorher, welche es sein würden, die ihn ablehnen … Hier überschneiden sich göttliche Vorsehung und menschlicher Beitrag in einer geheimnisvollen Weise, in die wir nicht eindringen können. Uns bleibt nur dies: Beten wir darum, dass viele, auch wir, zu denen gehören, die Jesus gegeben sind! 2. Mehr als Schall und Rauch. Welchen Namen Gottes hatte Jesus denn noch zu offenbaren? Die Israeliten kannten und verehrten Jahwe doch schon!? Es ist der Name Gottes als Vater, der das ganz Neue beschreibt, das Jesus bringt. Jesus wiederum hat das, was er den Jüngern gibt, nicht aus sich, sondern vom Vater. Und wichtig ist, dass die Jünger diese Botschaft aktiv annehmen – sie wird ihnen nicht übergestülpt, wie man heute sagen würde! Namen sind nämlich nicht „Schall und Rauch“, wie Goethe den Faust sagen lässt, sondern eine Beschreibung des innersten Wesens einer Person. Und Jesus ist nicht irgendein Mensch, der andere seine Gedanken über Gott lehrt (die genauso gut falsch sein könnten), sondern Gottes Sohn selbst und damit DER Gottesoffenbarer schlechthin. 3. Wir dürfen nicht weglaufen. Wer mit Jesus verbunden ist, ist nicht mehr von der Welt. Leider aber noch in der Welt – vorerst. Wie soll man sich da verhalten? Die Welt übt einen Sog aus, der von Gott wegzieht, das merken auch sehr gläubige Menschen deutlich. Jedoch wird der Vater alle, die dies möchten, in seinem Namen bewahren – nicht vor Not und Verfolgung, aber in seinem Segen, trotz der Umstände. Unmöglich, dass Jesus den Vater darum bittet, dass die Jünger aus der Welt entfliehen dürfen – denn dann würde die Frohe Botschaft nicht zu den Menschen gelangen! N.B.: Auch ein Leben in klösterlicher Klausur soll sein und ist keine Flucht VOR der Welt, sondern ein Dasein im Gebet FÜR die Welt. Flucht vor der Welt finden wir übrigens auch in exzessiv betriebenen Hobbies und anderen Varianten des Kreisens um die eigenen Interessen … Gespräch mit Christus: Jesus, ich möchte mit dir gehen, wohin DU willst! Nur das wird mich wirklich glücklich machen. Hilf mir, das nicht schnell wieder zu vergessen, sobald das Leben schwierig wird! Vorsatz: Diesen Monat werde ich mir eine Stunde Zeit nehmen, um mein geistliches Leben zu betrachten. Dient es den Menschen? Oder ist es eher ein Mittel, um ihnen aus dem Weg zu gehen?
Wahrheit macht Freude – oder eher Feinde? 24. Mai 2023
Mittwoch der siebten Woche der Osterzeit Tag des Gebets für die Kirche in China Beate Scheilen Joh 17,6a. 11b-19 In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete: Vater, ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt. Aber jetzt gehe ich zu dir. Doch dies rede ich noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind. Einführendes Gebet: Jesus, du bist der einzige Weg zum Vater. Nur durch dich wird mir das neue Leben in Geist und Wahrheit geschenkt. Erfülle mich mit Freude über meine Erlösung. Bitte: Herr, bitte zeige mir, wo ich, ohne es zu wissen, unwahrhaftig lebe, und gib mir den Mut, dies zu ändern. 1. Fleißige Feinde. Die Einheit, um die Jesus bittet … paradoxerweise gibt es sie: bei seinen Gegnern! Alle verbünden sich gegen Jesus, die vorher verfeindet waren: Herodes und Pilatus, Judas, Pharisäer und Römer, alle finden einen Weg, um sich zu arrangieren. Nur die Apostel lassen Jesus im Stich. Menschlich gesehen, bieten die Jünger ein jämmerliches Bild … Heute vermittelt ein allgemeiner Blick auf die Kirche oft kein anderes Bild. Viele Gruppen, zahllose Meinungen, die Versuchung, einfach ins Privatleben zu fliehen, liegt nahe. Nur die Gegner scheinen bestens organisiert und sehr fleißig zu sein… 2. Freude in Fülle. Trotzdem verspricht Jesus seinen Jüngern „Freude in Fülle“! Vor ihm liegt ein unbeschreibliches Leiden, doch Jesus weiß, dass das Kreuz nicht die Endstation ist! Es ist ein Durchgang zum Ziel – dem neuen Leben mit Gott. Die Freude darüber toppt bei weitem alles Leid, das in der Welt zu finden ist! Und der kleinen Herde „Kirche“ ist trotz ihres Aussehens das Himmelreich anvertraut! Dies ist alles manchmal leicht gesagt. Angesichts von Kriegen, Erdbeben und Seuchen empfindet mancher das Reden von der himmlischen Freude und dem Himmelreich als irreal, wenn nicht gar als zynisch. Doch liegt nicht die größte Versuchung darin, nur das Negative sehen und die von Jesus versprochene Freude ignorieren zu wollen? 3. Pflicht als Versuchung. Es geht jedoch nicht nur darum, dass die Christen vor dem Bösen und Negativen bewahrt werden. Ihr Leben soll positiv gestaltet werden! Das Ziel heißt: „Heilige sie in der Wahrheit“. Dies können wir nicht selbst vollbringen, es ist Gottes Werk. Aber wir können unseren Beitrag dazu leisten, sprich: es ihn an uns vollziehen lassen. Es beginnt mit dem Entschluss, in der Wahrheit leben zu wollen. Boten, die nur Worte sprechen, aber nicht mit Jesus leben, sind keine Apostel! Doch Achtung: Die religiöse Heuchelei ist mit der Zerstörung des Tempels nicht untergegangen! Eine Variante sieht so aus: „Ich erfülle meine religiösen Pflichten, das ist meine Versicherung gegen Unglücksfälle aller Art. Darüber hinaus möge Gott mich bitte in Ruhe lassen“. Sagen wir bitte nicht, diese Versuchung habe uns noch nie betroffen... Gespräch mit Christus: Jesus, gegen keine Untugend gehst du so heftig vor wie gegen die Heuchelei. Weil du die Wahrheit in Person bist, kannst du es nicht ertragen, wenn ich nur fromm rede, aber nicht nach Gottes Willen handele. Bitte lass mich erkennen, dass deine Freundschaft all meine echten Wünsche nach Glück und Bestätigung erfüllt. Vorsatz: Ich möchte mir ein paar Minuten Zeit nehmen, um gemeinsam mit dem Herrn herauszufinden, wo es Unstimmigkeiten zwischen meinem Reden und meinem Handeln gibt.
Mehr geht nicht 25. Mai 2023
Donnerstag der siebten Woche der Osterzeit Hl. Gregor VII., Papst Hl. Beda d. Ehrwürdige, Ordenspriester (OSB), Kirchenlehrer Hl. Maria Magdalena von Pazzi, Ordensfrau (OC) Beate Scheilen Joh 17,20-26 In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und betete: Heiliger Vater, ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und die Meinen ebenso geliebt hast wie mich. Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt. Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen bekannt gemacht und werde ihn bekannt machen, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen bin. Einführendes Gebet: Jesus, dieses Gebet hast du am Ende deines irdischen Lebens gesprochen. Es ist dein sehnlichster Wunsch für deine Jünger, dass sie Gemeinschaft mit dir und untereinander haben. Ich möchte dazu beitragen, dass dein Wunsch Wirklichkeit wird. Bitte: Herr, lass mich erkennen, wie groß das Geschenk ist, das du mir anbietest! 1. Einheit ist keine Uniform. Jesus beschränkt sein Gebet nicht nur auf die Schar seiner jetzigen Jünger. Er sieht im Geiste alle vor sich, die bis zum Ende der Welt durch das Wort seiner Apostel zum Glauben kommen werden. Für sie erbittet er die Einheit, die sogar vergleichbar sein soll mit der Einheit zwischen ihm und dem Vater! Was ist damit gemeint? Sicher keine Uniformität! Auch Vater und Sohn sind eins in der Gottheit – und doch sind sie verschiedene Personen. Die Gläubigen haben das Menschsein gemeinsam, aber als Personen sind sie in ihren Eigenschaften und Interessen sehr verschieden. Wie die Geschichte zeigt und wir auch heute in unserer Gesellschaft sehen, bilden sich auf rein soziologischer Ebene stets zahlreiche Gruppen und Grüppchen, die sich zum Teil erbittert bekämpfen. In der Kirche Jesu Christi jedoch soll es anders sein! 2. Mein Beitrag zur Weltmission. Jeder Gläubige kennt das: In der Gemeinde ist man befreundet mit Menschen, mit denen man im normalen Alltag nie zu tun haben (wollen) würde. Aber es gibt irgendetwas jenseits der normalen „Chemie“, das sie für uns anziehend macht. Aus sich heraus können so unterschiedliche Menschen gar nicht einträchtig miteinander verbunden sein, das weiß jeder. Wenn sie es doch sind, kann das nur heißen, dass die Lehre Jesu und seine lebendige Erfahrung etwas schafft, das die Welt nicht fertigbringt. Wie wir als Mitglieder einer christlichen Gemeinde uns verhalten, kann also dazu beitragen, „dass die Welt glaubt!“. Wir sind der Beweis! Oder auch nicht. Je nachdem. Unterschätze keiner den eigenen Beitrag. 3. Christus lebt in mir. Jesus möchte seine Jünger dauerhaft bei sich haben. Dies ist meines Wissens die einzige Stelle in den Evangelien, wo Jesus dem Vater gegenüber sagt „Ich will“. Denn er kann sicher sein, dass die Gemeinschaft mit den Seinigen auch der Wille des Vaters ist. Es geht hier aber nicht nur um irgendeine Form von Freundschaft. Die Jesus anvertrauten Menschen sollen seine Herrlichkeit sehen – die Herrlichkeit, die aus der Liebe Gottes kommt! Leben, Freude, Glück: Alles, was der Mensch sich selbst nicht geben kann, wird ihm geschenkt, wenn er bei Jesus ist! Und noch mehr: Wenn ich den „Namen“ des Vaters, also sein wahres Wesen, die Liebe, erkenne, dann strömt diese Liebe in mich, zusammen mit der Liebe Jesu. Er ist dann nicht nur von außen BEI mir, er lebt IN mir, so wie Paulus sagt: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“. Mehr geht nicht. Gespräch mit Christus: Jesus, eigentlich müsste ich diese Evangelienstelle täglich lesen. Denn ich vergesse zu schnell wieder, was die Gemeinschaft mit dir für mich bedeutet. Ich möchte das nicht erst im Himmel erstaunt feststellen, sondern jetzt schon in meinem Alltag erleben! Vorsatz: Heute werde ich darüber nachdenken, welche Freunde ich nur habe, weil wir beide an Jesus Christus glauben.
Der geläuterte Versager 26. Mai 2023
Freitag der siebten Woche der Osterzeit Hl. Philipp Neri, Priester Beate Scheilen Joh 21,1.15-19 In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise. Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach! Einführendes Gebet: Jesus, ich will mich jetzt für eine kurze Zeit von meinen vielen Beschäftigungen lösen und in deine Nähe kommen. In deinem Evangelium will ich die Kraftquelle für mein Leben finden. Bitte: Herr, stärke meine Liebe zu dir! 1. Die Aussprache. Hier am See findet Jesus nun Gelegenheit zu einer Aussprache mit Petrus. Zwar hat er durch sein Erscheinen und das gemeinsame Essen schon gezeigt, dass er den Aposteln ihre Flucht am Gründonnerstag vergeben hat – doch bei Petrus genügt das nicht, er möchte unter vier Augen mit ihm sprechen. Welche Gedanken mögen Petrus in diesem Moment bewegt haben? Würde Jesus ihm seine Verleugnung verzeihen? Würde er womöglich die Leitungsaufgabe jemand anderem übertragen? Dem Johannes vielleicht, der ihm bis unters Kreuz gefolgt war? Verdenken könnte man es Jesus nicht… Wer von uns würde einem Freund noch trauen, der, wenn es drauf ankommt, glatt behauptet, einen nicht zu kennen? 2. Die wichtigste Frage. Jesus jedoch kommt auf den bewussten Abend gar nicht mehr zu sprechen. Petrus weiß gut genug, was er getan hat – wozu in der Wunde herumstochern? Jesus hält sich nicht am Negativen auf, sondern er möchte uns helfen, besser zu werden. Bei Petrus tut er dies durch die einfache Frage: „Simon, liebst du mich mehr als diese (mich lieben)?“ Genau das hatte Petrus – der hier wohl bewusst nicht mit seinem „Amtsnamen“ angesprochen wird – ja behauptet: seine Liebe zu Jesus sei so stark, dass er sein Leben für ihn geben wolle. Kein anderer Jünger hatte sich das so lautstark zugetraut. Nur er. Und er war damit kläglich gescheitert. Ist ihm mittlerweile klar geworden, dass er sich völlig überschätzt hat? Liebt er Jesus überhaupt? Oder hat er sich alles nur eingebildet? 3. Vom Übermut zum Realismus. Früher hätte Petrus vollmundig geantwortet: „Ja klar liebe ich dich mehr als die anderen! Was fragst du überhaupt!?“ Im Grunde müsste er jetzt sagen: „Nein, tue ich nicht. Hast du doch gesehen.“ Aber so einfach ist das nicht. Auch wir sündigen, obwohl wir Jesus doch lieben, und können uns nachher gar nicht erklären, warum wir taten, was wir taten. Petrus jedenfalls ist deutlich bescheidener geworden. „Du weißt, dass ich dich lieb habe“, sagt er. „Du weißt …“, nicht „Ich weiß …“. Aus der Überheblichkeit ist Realismus geworden. Petrus hängt immer noch an Jesus. Aber er weiß, dass er seinen Auftrag nicht aus eigener Kraft erfüllen kann. Darum gibt Jesus ihm seine Aufgabe zurück. Der Petrus von früher wäre für die Leitung der Kirche unerträglich gewesen. Der geläuterte Versager ist das Kaliber, das Jesus braucht. Gespräch mit Christus: Herr, es ist erstaunlich, dass du mit Petrus überhaupt noch sprichst, und noch erstaunlicher, dass du ihm weiterhin die Leitung der Kirche anvertraust. Dein Verständnis für menschliche Schwäche ist wirklich grenzenlos! Vorsatz: Wenn mich das nächste Mal jemand enttäuscht, werde ich versuchen, mit ihm so umzugehen wie Jesus mit Petrus.
Der Vorhang zur Ewigkeit (…geht dich nichts an) 27. Mai 2023
Samstag der siebten Woche der Osterzeit Hl. Augustinus von Canterbury, Bischof, Glaubensbote Beate Scheilen Joh 21,20-25 In jener Zeit sprach Jesus zu Simon Petrus: Folge mir! Petrus wandte sich um und sah, wie der Jünger, den Jesus liebte, diesem folgte. Es war der Jünger, der sich bei jenem Mahl an die Brust Jesu gelehnt und ihn gefragt hatte: Herr, wer ist es, der dich verraten wird? Als Petrus diesen Jünger sah, fragte er Jesus: Herr, was wird denn mit ihm? Jesus antwortete ihm: Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an? Du aber folge mir nach! Da verbreitete sich unter den Brüdern die Meinung: Jener Jünger stirbt nicht. Doch Jesus hatte zu Petrus nicht gesagt: Er stirbt nicht, sondern: Wenn ich will, dass er bis zu meinem Kommen bleibt, was geht das dich an? Dieser Jünger ist es, der all das bezeugt und der es aufgeschrieben hat; und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist. Es gibt aber noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wenn man alles aufschreiben wollte, so könnte, wie ich glaube, die ganze Welt die Bücher nicht fassen, die man schreiben müsste. Einführendes Gebet: Jesus, du hast für jeden Menschen einen persönlichen Weg zu dir. Lehre mich, die Wege der anderen zu respektieren, meine Aufmerksamkeit jedoch meiner eigenen Form der Nachfolge zu widmen. Bitte: Herr, zeige mir, wie ich dir heute nachfolgen soll! 1. Was heißt Nachfolge? „Folge mir!“ Das ist schon seit drei Jahren, aber jetzt erst recht, die Lebensbeschreibung des Petrus. Heißt so viel wie: Vergiss den „alten Adam“ in dir, schau auf mich, vertraue mir, und diene deinen Mitmenschen mit der Kraft, die ich dir gebe.“ Ein anspruchsvolles Programm! Schon im Evangelium von gestern machte Jesus klar, dass Petrus von jetzt ab nicht mehr gehen kann, wohin es ihm beliebt! Die Nachfolge Jesu wird ihn sogar ins Martyrium führen. Er wird also doch noch sein Leben für Jesus geben – nur nicht ganz so, wie er anfangs gedacht hatte. Nicht als streitbarer Kämpfer, sondern als Gefangener, der die Kreuzigung über sich ergehen lassen muss. Genau wie Jesus. 2. Muss ich alles wissen? Petrus nimmt sein ihm gerade von neuem übertragenes Hirtenamt gleich sehr ernst. Was ist mit den übrigen Jüngern? Welche Aufträge haben sie? Sein Blick fällt auf Johannes, der für Jesus auch eine besondere Bedeutung hat. Soll er etwa auch als Märtyrer sterben? Das muss Petrus doch wissen, wenn er die Schar leiten soll, damit er seine Aufgabe richtig erfüllen kann! Denkt er. Aber Jesus korrigiert ihn recht forsch: „… was geht es dich an?“ Nur der gute Hirt kennt alle Einzelheiten des Lebens seiner Schafe und der Beziehung jedes Einzelnen zu ihm. Seine Stellvertreter gehen die Details nichts an – erst recht brauchen sie nicht alles vorab zu wissen. 3. Wann ist es denn soweit? Nebenbei stellt Jesus nochmals klar, dass er irgendwann wiederkommen wird. Wann genau, sagt er nicht. Vielleicht noch zu Lebzeiten des Johannes? Oder hatte Johannes womöglich jetzt schon das ewige Leben? Rasch bilden sich Vermutungen unter den Gläubigen. Heute nicht anders: Was auf der Welt gerade passiert, nährt so einige Spekulationen über die bevorstehende Wiederkunft des Herrn – manche geben schon praktische Ratschläge aus, wie man sich darauf vorzubereiten habe. Natürlich ist es gut, die Begegnung mit dem Herrn zu erwarten und immer auf den Tod oder das Jüngste Gericht vorbereitet zu sein. Man sollte sich aber hüten, sich hierüber allzu konkrete Vorstellungen zu machen. Denn Fantasie und wahre Prophetie sind schwierig zu unterscheiden. Den Vorhang zur Ewigkeit werden wir gelüftet sehen, wenn es an der Zeit ist, und die Zeit bestimmen nicht wir! Lassen wir Jesus das letzte Wort: „Was geht es dich an? Du aber folge mir nach.“ Gespräch mit Christus: Herr, wir Menschen sind von Natur aus neugierig und möchten am liebsten jetzt schon wissen, was uns die Zukunft bringt. Dabei ist es eine Gnade von dir, dass wir es nicht wissen! Die Kraft, die du uns für den heutigen Tag gibst, um die Liebe zu leben, sollte uns genügen. Vorsatz: Ich werde mich nicht an nutzlosen Spekulationen über das Datum des Weltuntergangs beteiligen. Welche Katastrophen uns im Übrigen noch bevorstehen, wird vor allem die Zukunft erweisen. Mit meinem intensiven Gebet und Opfer kann ich darauf gewiss wahren Einfluss nehmen. Vor allem aber werde ich mich darauf konzentrieren, heute die Gottes- und Nächstenliebe so zu leben, wie es mir aufgetragen ist.
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