Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 23. Oktober 2022 bis Samstag 29. Oktober 2022

DreiĂźigste Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Wo hat der Mann beten gelernt?Sonntag
Kannst du nicht warten?Montag
Kleiner Anfang, groĂźe WirkungDienstag
So etwas hört man nicht gerne…Mittwoch
„Wir meinen es doch nur gut mit dir“Donnerstag
Folgenreiche WahlFreitag
Ist Selbstbewusstsein nichts fĂĽr Christen?Samstag


Wo hat der Mann beten gelernt?

23. Oktober 2022

DreiĂźigster Sonntag im Jahreskreis
Hl. Severin von Köln, Bischof
Hl. Johannes von Capestrano, Ordenspriester

Beate Scheilen

Lk 18,9-14
In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Gleichnis: Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens. Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, ich möchte diese Zeit ganz dir widmen. Ich möchte dir alles anvertrauen, was mich momentan beschäftigt. Hilf mir, bei dir zu verweilen, deine Antwort zu hören und sie in meinem Alltag umzusetzen.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. â€žSursum corda!“ Zwei Männer gehen in den Tempel, um zu beten. Sie wollten also nicht zu Hause beten. Und nicht im Wald. Warum wohl?... Nun, wenn man Wichtiges mit Gott zu besprechen hat, ist es gut, einen Ort aufzusuchen, wo er anwesend ist, und wo man mit ihm alleine ist, also eine Kirche – es gibt noch einige, die offen und einladend sind. Zu Hause kommt leicht alles Mögliche dazwischen, man hängt in den Niederungen des Alltags fest. „Sie gingen zum Tempel hinauf“ heiĂźt es hier. Also, mit den Worten der Liturgie gesagt: „sursum corda - empor das Herz“ – aus dem Alltag zu Gott!

2. â€žHabemus ad Dominum“? Aber wer von den beiden hat wirklich sein Herz beim Herrn? Im Tempel angekommen, bringt der Pharisäer sich in Position und beginnt, Gott seine Verdienste detailliert vorzutragen, verbunden mit einem Dank fĂĽr seinen guten Lebenswandel. Ganz anders der Zöllner: Er bleibt ganz hinten und starrt den FuĂźboden an. Einzelheiten zählt er gar nicht erst auf, sie wären wohl eher unerfreulich. Das Einzige, was er hervorbringt, ist das Eingeständnis, ein SĂĽnder zu sein, und eine Bitte um Gnade. Ist ja nicht eben viel… aber warum gefällt das Gott besser als das Gebet seines frommen Begleiters? Welches Problem hat Jesus mit diesem Mann, er macht doch wirklich viel Gutes!? „Wer sich erhöht, wird erniedrigt“ – hat Jesus etwas gegen hart arbeitende Leute, die wissen, was sie geleistet haben?

3. â€žDignum et iustum est.“ Es ist sicher wĂĽrdig und recht, Gott fĂĽr seine Gaben zu danken – wo aber hat dieser Mann so zu danken und zu beten gelernt? Aus der Thora kann er das nicht haben: Weder Mose noch David noch irgendeiner der Propheten hat sich vor Gott seiner Verdienste gerĂĽhmt, im Gegenteil! Wir basteln uns manchmal unsere eigene Version der göttlichen Offenbarung zurecht – nachlesen im Original könnte nicht schaden. Der Pharisäer betrachtet seine Frömmigkeit komplett als eigene Leistung, darin liegt das Problem! FĂĽr ihn gibt es welche, die ihr Pensum vor Gott schaffen, und welche, die durchfallen und dafĂĽr verachtet werden dĂĽrfen. So sieht Gott das aber nicht! Als Christen wissen wir: Wir sind alle schwach. Und: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ Das hat der Zöllner viel besser verstanden - darum kann er gerechtfertigt nach Hause gehen.

Gespräch mit Christus: Herr, wir alle haben die Neigung, uns als möglichst fehlerlos präsentieren zu wollen. Das nĂĽtzt mir aber bei dir gar nichts, denn du kennst mich viel besser als ich mich selbst. Hilf mir, in der Wahrheit zu leben!

Vorsatz: Ich möchte Gott heute fĂĽr die Momente in meinem Leben danken, in denen er mir meine Schwächen gezeigt hat.


Kannst du nicht warten?

24. Oktober 2022

Montag der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Antonius Maria Claret, Bischof, OrdensgrĂĽnder

Beate Scheilen

Lk 13,10-17
In jener Zeit lehrte Jesus am Sabbat in einer Synagoge. Dort saß eine Frau, die seit achtzehn Jahren krank war, weil sie von einem Dämon geplagt wurde; ihr Rücken war verkrümmt, und sie konnte nicht mehr aufrecht gehen. Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte: Frau, du bist von deinem Leiden erlöst. Und er legte ihr die Hände auf. Im gleichen Augenblick richtete sie sich auf und pries Gott. Der Synagogenvorsteher aber war empört darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, und sagte zu den Leuten: Sechs Tage sind zum Arbeiten da. Kommt also an diesen Tagen und lasst euch heilen, nicht am Sabbat! Der Herr erwiderte ihm: Ihr Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke? Diese Tochter Abrahams aber, die der Satan schon seit achtzehn Jahren gefesselt hielt, sollte am Sabbat nicht davon befreit werden dürfen? Durch diese Worte wurden alle seine Gegner beschämt; das ganze Volk aber freute sich über all die großen Taten, die er vollbrachte.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, ich möchte dir meine Freuden und Sorgen bringen und an den deinen teilhaben. Deine Sorge sind immer die Menschen und ihr ewiges Heil. Hilf mir, deine Perspektive zu teilen.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. Beschränkter Horizont, körperlich. Es ist Sabbat. Ein kritischer Tag, wie wir wissen… Jesus lehrt in einer Synagoge und sieht eine kranke Frau. Ihre Krankheit kann man auch symbolhaft verstehen als Bild des Menschen, der durch die SĂĽnde und den Einfluss unreiner Geister vor Gott nicht mehr aufrecht stehen kann und wie in sich selbst verkrĂĽmmt ist, d.h. er sieht nur noch sich. Die Frau bittet Jesus nicht um Heilung – vielleicht weiĂź sie gar nicht, wer er ist, da ihr Horizont so eingeschränkt ist (so geht es vielen Menschen).

2. Beschränkter Horizont, geistlich. Doch Jesus erkennt von sich aus ihre HilfsbedĂĽrftigkeit und befreit sie aus ihrer Lage. Sollte das nicht alle Anwesenden freuen? Leider nein.- der Synagogenleiter ist sauer. Heilungen am Sabbat sind nicht vorgesehen. Wer seit 18 Jahren krank ist, kann doch wohl noch einen Tag warten, oder etwa nicht? Die Frau hat bis jetzt ĂĽberlebt, da muss man doch nicht ausgerechnet heute die Regeln brechen! Doch Jesus direkt anzusprechen, dazu hat er wohl keinen Mut. Stattdessen macht er seinem Unmut vor versammelter Gemeinde mit pauschalen VorwĂĽrfen Luft. Beschränkter Horizont, auch hier? Wer so denkt, dem empfehle ich ein Gespräch mit Gläubigen ĂĽber die Frage „Darf ich am Sonntag Brötchen kaufen gehen?“. Das Antwortspektrum reicht von „kein Problem“ bis „das ist schwere SĂĽnde“. So klar ist das offenbar doch nicht.

3. Jesus bringt die Lösung. Wie steht Jesus dazu? Sein Argument: Wenn wir schon unseren Tieren am Tag des Herrn Futter und Trank geben, wieso sollte ein Mensch dann leer ausgehen? NatĂĽrlich lag hier kein dringender Notfall vor – aber wäre es nicht grausam gewesen, die Frau mit Hinweis auf den Sabbat in ihrem Zustand zu belassen? In einer älteren Bibelausgabe las ich sogar: „Musste sie nicht am Sabbat von dieser Fessel… befreit werden?“ Warum „musste“? Weil der Sabbat der Tag Gottes ist, fĂĽr ihn steht das Wort und der GruĂź Schalom, das umfassende Heil des Menschen in Gottes Gegenwart. Gott kommt in Jesus zu uns, wie damals in die Synagoge, und löst uns aus den Fesseln Satans, unserer seelischen, geistlichen und oft auch körperlichen VerkrĂĽmmung.

Gespräch mit Christus: Jesus, fĂĽr dich hat das Heil des Menschen immer Vorrang vor den Regeln – dieses oberste Gesetz hast du deiner Kirche gegeben und sie gleichzeitig auf dem Prinzip der Autorität begrĂĽndet. Hilf mir, in meinem Umfeld zu erkennen, welche Regeln helfen, und welche nur einschnĂĽren, ohne umfassendes Heil und geistlichen Gewinn.

Vorsatz: Ich möchte heute bewusst etwas fĂĽr jemanden tun, ohne Dank dafĂĽr zu erwarten.


Kleiner Anfang, groĂźe Wirkung

25. Oktober 2022

Dienstag der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Lk 13,18-21
In jener Zeit sprach Jesus: Wem ist das Reich Gottes ähnlich, womit soll ich es vergleichen? Es ist wie ein Senfkorn, das ein Mann in seinem Garten in die Erde steckte; es wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen. Außerdem sagte er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, ich komme zu dir mit einem sehr kleinen Glauben. Ich vertraue aber darauf, dass du durch die Zeit, die ich mit dir verbringe, nach und nach etwas Größeres daraus machen möchtest. Bitte lass meinen Glauben wachsen und Frucht bringen.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. Nur eine Kleinigkeit. Jesus erklärt uns das Reich Gottes nicht mit politischen Parolen, es ist nicht die Rede von Eroberung von Ländern, oder vom Kampf gegen die damaligen Besatzer. Stattdessen geht es um ganz simple Beispiele aus dem häuslichen Alltag. Ein Mann sät ein Senfkorn. Eine Frau knetet einen Teig. Was ist das schon? Nur eine Kleinigkeit. Aber ohne diese kleine Tat startet der Prozess nicht. Den Rest tut Gott dazu, mit Hilfe der von ihm etablierten Naturgesetze. Er ist zwar allmächtig, aber er möchte uns nicht „überfahren“. Erstaunlicherweise ĂĽberlässt er es uns, mit unserem Beitrag etwas anzustoĂźen, aus dem er dann mehr machen kann als wir selbst können oder fĂĽr möglich gehalten hätten.

2. Wachstum braucht Zeit. Gott erwartet nicht sofort Ergebnisse. Auch die Natur hat er so angelegt, dass es seine Zeit braucht, bis eine Pflanze entsteht, die FrĂĽchte trägt. Unsichtbar fĂĽr uns arbeitet es in der Erde, und eines Tages ist ein Keimling da. Er wächst jeden Tag ein wenig mehr, und irgendwann steht an dieser Stelle ein Baum, der vielen Tieren Lebensraum bietet. Die Milchsäurebakterien arbeiten, und frĂĽher oder später ist der ganze Teig durchsäuert. Völlig nutzlos ist, an dem Keimling zu ziehen, oder die Bakterien zu bitten, ihren Stoffwechsel zu beschleunigen. Auch dass man von einem Tag auf den anderen keinen Unterschied sehen kann, heiĂźt nicht, dass dieser Tag nutzlos gewesen ist. Jeder Tag ist wichtig!

3. Schritt fĂĽr Schritt zur Heiligkeit. Das gilt auch fĂĽr unser (geistliches) Leben. Eine Seele, die von Gott berĂĽhrt wurde, verändert sich normalerweise nach und nach. Ich werde in der Regel nicht von einem Gebet, einer Kommunion und einer Beichte heilig, sondern von der beständigen Wiederholung jeden Tag, jede Woche, jeden Monat... Deswegen ist die einzelne Handlung aber nicht ĂĽberflĂĽssig! Eine einzelne Treppenstufe ist nicht viel- aber ohne die Stufen komme ich nicht oben an, denn wer kann schon vom Erdgeschoss in die erste Etage springen? Haben wir Geduld mit uns und unseren Mitmenschen. Wer Gott wirklich sucht, kommt auch irgendwann bei ihm an.

Gespräch mit Christus: Herr, ich danke dir fĂĽr das Wirken deiner Gnade in der Welt, ĂĽber die Jahrhunderte hinweg. Irgendwann wird die Welt fĂĽr die Ernte reif sein. Bitte lass bis dahin den Samen deines Wortes in vielen Herzen keimen und Frucht bringen.

Vorsatz: Heute werde ich Gott fragen, welchen kleinen Beitrag er von mir gerne hätte, um sein Reich in mir und anderen zu beginnen.


So etwas hört man nicht gerne…

26. Oktober 2022

Mittwoch der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Lk 13,22-30
In jener Zeit zog Jesus auf seinem Weg nach Jerusalem von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und lehrte. Da fragte ihn einer: Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden? Er sagte zu ihnen: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen; denn viele, sage ich euch, werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen. Wenn der Herr des Hauses aufsteht und die Tür verschließt, dann steht ihr draußen, klopft an die Tür und ruft: Herr, mach uns auf! Er aber wird euch antworten: Ich weiß nicht, woher ihr seid. Dann werdet ihr sagen: Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken, und du hast auf unseren Straßen gelehrt. Er aber wird erwidern: Ich sage euch, ich weiß nicht, woher ihr seid. Weg von mir, ihr habt alle Unrecht getan! Da werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. Und man wird von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. Dann werden manche von den Letzten die Ersten sein und manche von den Ersten die Letzten.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, es gibt einfachere Stellen im Evangelium als diese. Aber ich möchte mich trotzdem daran wagen, sie mit dir zusammen zu betrachten. Bitte schicke mir deinen Heiligen Geist fĂĽr diese Gebetszeit.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. Liebt Gott denn nicht uns alle? Wir haben es schon am Sonntag gemerkt: Es kann nicht schaden, dann und wann in die Heilige Schrift zu schauen! Wann hat Jesus z.B. jemals gesagt, es kämen alle in den Himmel? Hier hört es sich eher nach dem Gegenteil an, was ziemlich schwer mit den heute gängigen Vorstellungen zu vereinbaren ist. So etwas wie im heutigen Evangelium hört man nicht gerne. Liebt Gott denn nicht alle Menschen, und möchte sie bei sich haben? Wohl wahr – und zwar so sehr, wie wir es uns gar nicht vorstellen können. Aber es braucht eben auch unsere Antwort darauf. Und die macht grundsätzlich erst einmal auch MĂĽhe. Wie jeder weiĂź, der ĂĽber die erste Glaubensbegeisterung hinaus ist…

2. Der Taufschein ist kein „Ticket“! Schon damals dachten wohl viele, dass allein ihre Zugehörigkeit zum auserwählten Volk Israel die Garantie dafĂĽr sei, einmal im Reich Gottes Platz nehmen zu dĂĽrfen. Dass Jesus unter ihnen gelebt hat (auch wenn sie ihn eigentlich nicht sehr gastfreundlich aufgenommen haben), genĂĽgt ihnen, um die Eintrittskarte fĂĽr sich zu reklamieren. Jesus sagt ihnen deutlich, dass das so nicht funktioniert. Genauso wenig können wir unseren Taufschein als „Ticket“ fĂĽr den Himmel betrachten, wenn wir darĂĽber hinaus nicht willens sind, uns um unser ewiges Heil zu bemĂĽhen, und zwar, wie Jesus betont „mit allen Kräften“ – also nicht mal eben so nebenbei!

3. Lasst Taten sprechen! Die Gegenwart Jesu hilft uns also nur, wenn unser Herz auch darauf antwortet, und wir es durch unsere Taten sprechen lassen. Heute wĂĽrden die Pharisäer wohl zu ihm sagen: „In unserer Kirche hast du gewohnt…. Wir haben dich sogar gegessen…“ Es ist durchaus möglich, dass Jesus am JĂĽngsten Tag zu Getauften, deren Lebensweise nicht zum Evangelium gepasst hat, sagt: „Ich weiĂź nicht, woher ihr seid.“ Während er Menschen, die keine Christen waren, aber die Nächstenliebe gelebt haben, in sein Reich aufnimmt; vielleicht sogar Menschen, die wir zu Lebzeiten geringgeschätzt haben… – Ja, „die Letzten werden die Ersten sein“.

Gespräch mit Christus: Herr, ich sehe die Gefahr, dass wir heute einfach die WĂĽnsche und Vorstellungen unserer Gegenwartskultur in deine Aussagen hineindeuten. Bewahre mich davor! Hilf mir, neue Wege zu finden, den Sinn deiner Worte den Menschen meiner Zeit zu vermitteln.

Vorsatz: Ich werde diese Woche versuchen, die Frage „Was ist der Himmel, und wie kommt man dahin?“ in Worte zu fassen, die auch kirchlich nicht so beschlagene Menschen verstehen können.


„Wir meinen es doch nur gut mit dir!“

27. Oktober 2022

Donnerstag der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Lk 13,31-35
Zu jener Zeit kamen einige Pharisäer zu Jesus und sagten: Geh weg, verlass dieses Gebiet, denn Herodes will dich töten. Er antwortete ihnen: Geht und sagt diesem Fuchs: Ich treibe Dämonen aus und heile Kranke, heute und morgen, und am dritten Tag werde ich mein Werk vollenden. Doch heute und morgen und am folgenden Tag muss ich weiterwandern; denn ein Prophet darf nirgendwo anders als in Jerusalem umkommen. Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt. Darum wird euer Haus von Gott verlassen. Ich sage euch: Ihr werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, in der ihr ruft: Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, ich will mich jetzt fĂĽr eine kurze Zeit von meinen vielen Beschäftigungen lösen und in deine Nähe kommen. In deinem Evangelium will ich die Kraftquelle fĂĽr mein Leben finden.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. Scheinbare FĂĽrsorge. Heute mal was ganz Neues: Einige Pharisäer meinen es offenbar gut mit Jesus! Sie warnen ihn vor den Machenschaften des Herodes und raten ihm zur Flucht, zumindest aus dessen Herrschaftsbereich. Darauf lässt Jesus sich jedoch nicht ein. Er ist auf dem Weg, seine Mission in Jerusalem zu vollenden. Hoffen die Pharisäer, dass er aus Angst vor Inhaftierung und Tod seine Pläne ändert? Vielleicht möchten sie ihn mit ihrer scheinbaren FĂĽrsorge von seinem Auftrag abbringen, nach dem Motto „Wir meinen es doch nur gut mit dir…“.

2. Bittere Nachfolge. Jesus steht in der Nachfolge der alttestamentlichen Propheten, deswegen „muss“ er in Jerusalem und nirgendwo anders sterben. Das liest sich so, als sei der Tod Jesu quasi eine Selbstverständlichkeit! Aber ist es nicht skandalös, dass Propheten (und erst recht Jesus) getötet werden? Gott schickte seinem Volk immer wieder seine Boten; aber das Volk wollte einfach nicht hören, was die ihnen zu sagen hatten. Das Bild von der Henne mit den KĂĽken ist doch sehr fĂĽrsorglich – man fragt sich: Wer kann dagegen etwas haben?

3. Harte Konsequenzen. Jedoch: Der Mensch möchte seinen eigenen Willen durchsetzen, und was dem entgegensteht, hört er nicht so gerne. Weswegen denn die VerkĂĽnder der Wahrheit meist ein schlimmes Ende nehmen. Es scheint, als habe der Mensch, der sich Gott widersetzt, gewonnen. Doch was ist die Folge? Gott verlässt anscheinend das Volk, das sich gegen seine liebevolle Herrschaft sträubt. Schnell wird es genau durch seinen Freiheitsdrang zur Beute von Machthabern wie Herodes und anderen Diktatoren. Und die Konsequenz sind Unheil und Zerstörung… bis der Mensch sein Herz verändert und Jesus endlich als den anerkennt, der „im Namen des Herrn“ gekommen ist.

Gespräch mit Christus: Jesus, du hast deine Macht nie ausgenutzt, um dir selbst ein schönes Leben zu machen, hast aber keinen Einsatz gescheut, um uns zum Vater zurĂĽckzubringen. Ehrlich gesagt, mache ich es manchmal genau umgekehrt. Hilf mir, Herr, deinem Vorbild nachzueifern, auch wenn es vielleicht erst einmal in kleinen Dingen geschieht!

Vorsatz: Ich werde heute darĂĽber nachdenken, wie ich mit meinen Mitteln (Zeit, Geld, Talente…) einem anderen Menschen helfen kann, und dafĂĽr selbst auf etwas verzichten.


Folgenreiche Wahl

28. Oktober 2022

Freitag der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis
Hll. Simon und Judas Thaddäus, Apostel
Fest

Beate Scheilen

Lk 6,12-19
In jenen Tagen ging Jesus auf einen Berg, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch Apostel. Es waren Simon, dem er den Namen Petrus gab, und sein Bruder Andreas, dazu Jakobus und Johannes, Philippus und Bartholomäus, Matthäus und Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, genannt der Zelot, Judas, der Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde. Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen, und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon strömten herbei. Sie alle wollten ihn hören und von ihren Krankheiten geheilt werden. Auch die von unreinen Geistern Geplagten wurden geheilt. Alle Leute versuchten, ihn zu berühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte.

EinfĂĽhrendes Gebet: Auch ich möchte geheilt werden, Herr! Bitte schenke mir die Art von Heilung, die mich näher zu dir bringt.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. â€žGet used to different - gewöhnt euch an Andersartigkeit“. Am Vorabend der Bergpredigt betet Jesus die ganze Nacht hindurch. Aus wichtigem Grund: Er bereitet sich auf die Auswahl der 12 Männer vor, die seine engsten Vertrauten werden sollen, die Apostel. Dabei heraus kommt eine sehr heterogene Mischung: fromme und weniger fromme Israeliten, darunter ein Untergrundkämpfer, der sich bestimmt sehr gefreut hat, auf einen Angestellten der Römer zu treffen… Wie soll aus dieser Truppe eine Einheit werden? Dazu ist ein Wunder nötig! Das Gleiche denkt man sich heute, angesichts der Verschiedenheit der Ansichten innerhalb der katholischen Kirche. Doch es kann nicht die Lösung sein, dass jeder sich in seine eigene Fraktion zurĂĽckzieht. Jesus hat uns vorgemacht: „Get used to different!“. Und bleibt dabei geeint.

2. Wunder vs. Medizin? Dann, am Tag: Viele Menschen strömen zusammen, sie wollen Jesus hören und von ihren Krankheiten geheilt werden. Es gibt durchaus einen Zusammenhang zwischen Glauben und Heilung. Von Jesus geht eine heilende Kraft aus, dies haben viele Leidende in den letzten 2000 Jahren erfahren. NatĂĽrlich haben wir heute medizinische Möglichkeiten, die einiges beheben können, was damals nicht heilbar war. Diese Mittel sollen wir auch anwenden, bevor wir um ein Wunder bitten. SchlieĂźlich sind ja auch Medikamente ein Geschenk Gottes, sofern sie ethisch vertretbar hergestellt und vernĂĽnftig angewendet werden. Sehen wir aber all diese Möglichkeiten, die medizinischen und die des Gebets um ein Wunder, als Teil unseres Weges im Glauben.

3. Sinn im Leiden? Denn Eins ist doch klar: Medizin und Psychologie heilen viele Leiden, sie schenken aber nicht das ewige Heil! Es bleibt uns weitgehend verborgen, warum manche Menschen auch durch aufwändige Behandlungen nicht geheilt werden. Kann darin ein Sinn liegen? Ohne das mit jeder Krankheit verbundene Leid schmälern zu wollen: Manche Menschen sagen ja, erst durch die Krankheit hätten sie erkannt, was im Leben wirklich zählt. Andere tragen vielleicht ein durch die SĂĽnden anderer verursachtes Leid, als SĂĽhne. Wer kann es erfassen? Hier verbietet sich jedes leichtfertige Herumspekulieren. Jesus ist der beste Arzt fĂĽr unsere Seelen, und er wird uns nie mehr zumuten, als wir tragen können.

Gespräch mit Christus: Jesus, deine Apostel waren drei Jahre lang immer in deiner Nähe. Oft gab es aber Streitigkeiten unter ihnen, und es hat lange gedauert (bis zur Ankunft des Heiligen Geistes), bis sie verstanden haben, was du ihnen sagen wolltest. Bitte hole mich in deine Nähe, damit ich werden kann wie du – habe aber auch Geduld mit mir!

Vorsatz: Ich werde einen Wunsch, den Gott mir bisher nicht erfĂĽllt hat, noch einmal ĂĽberdenken und darĂĽber mit ihm sprechen.


Ist Selbstbewusstsein nichts fĂĽr Christen?

29. Oktober 2022

Samstag der dreiĂźigsten Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Lk 14,1.7-11
Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, viele deiner Worte waren fĂĽr deine Zeitgenossen schwierig zu verstehen. Hilf mir, die Wahrheit zu erkennen, die du mir in dieser Gebetszeit zeigen willst.

Bitte: Herr, lass mich offen sein fĂĽr dein Wirken in mir!

1. Gängige Kritik. â€žWer sich selbst erhöht, wird erniedrigt…“, das haben wir doch diese Woche schon einmal gehört! Gott scheint es zu gefallen, selbstbewusste Menschen klein zu halten – jedenfalls wird ihm das oft vorgeworfen. Christen seien Heuchler und farblose Gestalten, die Demut vortäuschen, weil sie einem lebensfeindlichen Tyrannen unterstehen, so eine gängige Kritik. Ja, das könnte man alles aus diesem Satz herauslesen. Wenn man ihn falsch versteht. Doch wie ist die richtige Interpretation?

2. Verborgene Fehler. In diesem Gleichnis geht es nicht um gesellschaftliche Benimm-Regeln, auch wenn es sich erstmal so anhört wie aus dem Knigge-Ratgeber. Hintergrund ist: Der Mensch neigt nun einmal dazu, sich fĂĽr besser zu halten, als er ist. Selbst Leute mit Minderwertigkeitskomplexen tun das. Denn auch die ständige Beschäftigung mit sich selbst und den eigenen Defiziten ist ein „Sich-bevorzugen“. Das muss man erstmal erkennen, und dies ist gar nicht so einfach! Deswegen heiĂźt es in Psalm 19 „Wer aber wird seiner Fehler gewahr? Von allen, die mir verborgen, mache mich rein.“ Unbewusst meinen wir alle, wir hätten einen Ehrenplatz verdient, und benehmen uns auch so.

3. Freie Platzwahl. Sollen wir uns also in der Messe (die ja auch eine Hochzeitsfeier ist), alle in die letzte Reihe setzen? Nun, die ist ohnehin meist schon voll - aber wohl eher nicht, um den Rat aus diesem Gleichnis zu befolgen, als aus verschiedenen menschlichen BeweggrĂĽnden. Platzieren wir uns also in der Kirche, wo wir möchten, aber behalten wir im Blick: Nicht ich bestimme den Platz, den ich im Reich Gottes einnehme! Es kann durchaus sein, dass ich weiter hinten stehe als ich meine, und dass Menschen mir vorgezogen werden, ĂĽber die ich die Nase rĂĽmpfe. Also Vorsicht! Nur Gott kennt das Innere jedes Herzens, und uns steht kein Urteil zu – weder ĂĽber Pharisäer noch ĂĽber Zöllner.

Gespräch mit Christus: Jesus, es tut mir leid, dass es unter deinen Nachfolgern so viele gibt, denen es mehr um ihren eigenen Ehrenplatz als um deine WĂĽnsche geht. Oft gehöre auch ich dazu. Ich möchte das ändern. Bitte hilf mir dabei.

Vorsatz: Bei meinem nächsten Messbesuch werde ich mich mal nicht auf meinen Stammplatz setzen, sondern ganz woanders hin – einfach um ĂĽber die Sichtweise Gottes nachzudenken.