Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 25. Oktober 2020 bis Samstag 31. Oktober 2020

Dreißigste Woche im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Die Versuchung der ErbsenzählereiSonntag
Die Versuchung der InstitutionenMontag
Die Versuchung der GrößeDienstag
Die Versuchung der AbstraktionMittwoch
Die Gefahr der PolitisierungDonnerstag
Die Gefahr des LegalismusFreitag
Die Gefahr der GeltungssuchtSamstag


Die Versuchung der Erbsenzählerei

25. Oktober 2020

Dreißigster Sonntag im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Mt 22,34-40
In jener Zeit, als die Pharisäer hörten, dass Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie am selben Ort zusammen. Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn versuchen und fragte ihn: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Einführendes Gebet: Herr, du richtest meine Augen immer wieder auf das, was wirklich zählt. Lass mich nicht gefangen sein im Legalismus und Kleinmut, sondern mache mich frei, um ohne Grenzen zu lieben.

Bitte: Wir bitten darum, auf das Wesentliche zu schauen und daraus zu leben.

1. Unwichtige Gebote? Bei fast 700 Geboten im alttestamentlichen Gesetz konnte man kaum den Überblick behalten. Es gab welche, die eher praktische Normen für den Gottesdienst und das Verhalten im Alltag waren, und diese standen neben Geboten, die unsere Beziehung zu Gott regeln. Oft ist es so, dass die Gebote, die man am einfachsten einhalten kann, eine große Bedeutung gewinnen, weil man sie viel leichter erfüllen und dann überprüfen kann. Kein Fleisch essen am Freitag: Check. Zur heiligen Messe gehen am Sonntag: Check. So kann man ein „frommer Christ“ sein, indem man eine Reihe von Regeln erfüllt. Man kann so aber auch das Wichtigere aus den Augen verlieren.

2. Was wirklich zählt. Das Erfüllen einer Vielzahl von Geboten bringt nicht viel, wenn man die wichtigsten aus den Augen verliert. Vielleicht sind das gerade die Gebote, die uns etwas Schweres abverlangen. Unseren Nächsten lieben? Wie viel einfacher ist da ein Gebot zum Almosengeben, wo genau geregelt ist, wie viel man geben muss und wann und an wen. Aber Jesus sagt uns heute ganz klar, welche Gebote die mit Abstand wichtigsten sind. Er wird nach dem wichtigsten gefragt und gibt zur Antwort: zwei, die untrennbar verbunden sind. Beide sind für uns eine Herausforderung, aber beide stützen und bedingen sich auch gegenseitig: Ich liebe Gott konkret in den Mitmenschen, und die Liebe zu ihm gibt mir die Kraft, meine Mitmenschen zu lieben.

3. Mehr als nur Gebot. Das Liebesgebot ist nicht nur das wichtigste, sondern auch das schwerste Gebot. Weil man es nicht einfach „abhaken“ kann. Es fordert immer mehr von uns, denn Liebe ist nie einfach nur „erfüllt,“ Liebe zieht uns immer zu mehr, zum Höheren, zu Gott. Beim Christentum geht es also nicht um eine lange Reihe zusammenhangloser Gebote. Alles ist auf die Liebe ausgerichtet und von ihr durchdrungen. Und nur diese Liebe kann mich ganz erfüllen, nicht der erbsenzählerische Stolz, alle anderen Gebote genaustens erfüllt zu haben.

Gespräch mit Christus: Herr, heute willst du zu mir über die Gebote und über die Liebe sprechen. Hilf mir zu erkennen, wo in meinem Leben die reine Erfüllung wichtiger war als die Liebe. Hilf mir, dass mein Leben mehr und mehr vom ersten und wichtigsten Gebot durchdrungen wird. Und lass mich so erkennen, dass es nicht in erster Linie das schwerste, sondern vor allem das schönste Gebot ist.

Vorsatz: Den Herrn bitten, mir zu zeigen, wem ich heute mehr Liebe zeigen kann.


Die Versuchung der Institutionen

26. Oktober 2020

Montag der dreißigsten Woche im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Lk 13,10-17
In jener Zeit lehrte Jesus am Sabbat in einer Synagoge. Dort saß eine Frau, die seit achtzehn Jahren krank war, weil sie von einem Dämon geplagt wurde; ihr Rücken war verkrümmt, und sie konnte nicht mehr aufrecht gehen. Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte: Frau, du bist von deinem Leiden erlöst. Und er legte ihr die Hände auf. Im gleichen Augenblick richtete sie sich auf und pries Gott. Der Synagogenvorsteher aber war empört darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, und sagte zu den Leuten: Sechs Tage sind zum Arbeiten da. Kommt also an diesen Tagen und lasst euch heilen, nicht am Sabbat! Der Herr erwiderte ihm: Ihr Heuchler! Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke? Diese Tochter Abrahams aber, die der Satan schon seit achtzehn Jahren gefesselt hielt, sollte am Sabbat nicht davon befreit werden dürfen? Durch diese Worte wurden alle seine Gegner beschämt; das ganze Volk aber freute sich über all die großen Taten, die er vollbrachte.

Einführendes Gebet: Herr, im Evangelium von heute sprichst du zu mir. Hilf mir, dein Wort in meinem Herzen aufzunehmen. Hilf mir zu erkennen, was wichtig ist und was mich zu dir führt. Lass nicht zu, dass Institutionen und Traditionen mich von dir fernhalten.

Bitte: Um ein Herz bitten, das immer zuerst auf den Herrn der Dinge schaut und nicht auf die Dinge des Herrn.

1. Motivationen und Rechtfertigung. Im Evangelium sehen wir einen Mann mit einem verschlossenen Herzen. Er pocht auf das Gesetz, auf seine Rechte und Pflichten, auf Dinge, die seiner Kontrolle unterworfen sind. Er erfüllt so seine Aufgabe als Synagogenvorsteher zwar genau, aber ohne Liebe. Statt zu einem Dienst am Haus Gottes wird es so zu einem Dienst an seinem Egoismus. Er lebt die Tradition und dient der Institution, ohne darauf zu schauen, für wen die Tradition lebt und wem die Institution dient. Sie sind kein Selbstzweck, vielmehr sollen sie Menschen zu Gott führen. Aber für unseren Mann stehen andere Werte an erster Stelle.

2. Verkappter Egoismus. Das Evangelium ist so ein Aufruf an jeden von uns, auch in unserem Leben die Stellen zu finden, wo wir uns selbst unter irgendwelchen Vorwänden an den ersten Platz gestellt haben. Der Platz, der eigentlich Gott gehören sollte… Es kann uns immer wieder passieren, dass wir unter dem Anschein, Gutes zu tun, nur uns selber suchen. Das ist gerade für engagierte Christen eine große Versuchung. Vor allem, sobald die anfängliche Begeisterung etwas nachgelassen hat. Jesus will immer wieder in unser Leben kommen und unseren verkrusteten Egoismus aufbrechen. Lassen wir es zu!

3. Freiheit im Herrn. Wenn wir immer wieder wie dieser Synagogenvorsteher in unserem Egoismus gefangen sind, brauchen wir die Gegenwart des Herrn, der unser Leben durcheinanderbringt. Er durchbricht unsere Erwartungen und Denkschemen und entlarvt unsere Heuchelei. Wir müssen ihm dafür immer wieder dankbar sein, denn so macht der Herr uns wahrhaft frei. Und erst aus dieser Freiheit heraus können wir die Institutionen und Traditionen dann wieder mit wahrem Leben erfüllen.

Gespräch mit Christus: Herr, im Evangelium steht nicht, wie der Synagogenvorsteher reagiert hat. Wir können hoffen, dass deine Worte sein Herz geöffnet haben und er sich so wieder mehr seinem eigentlichen Dienst und den Nöten anderer zugewandt hat. Auch wir müssen uns manchmal schämen, wenn wir unseren Egoismus erkennen. Aber Herr, diese Beschämung soll nicht zur Verschlossenheit führen, sondern zur Bekehrung!

Vorsatz: Heute eine Tradition überdenken, der ich in meinem Leben folge, und sie neu mit Gott erfüllen.


Die Versuchung der Größe

27. Oktober 2020

Dienstag der dreißigsten Woche im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Lk 13,18-21
In jener Zeit sprach Jesus: Wem ist das Reich Gottes ähnlich, womit soll ich es vergleichen? Es ist wie ein Senfkorn, das ein Mann in seinem Garten in die Erde steckte; es wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel des Himmels nisteten in seinen Zweigen. Außerdem sagte er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.

Einführendes Gebet: Herr, hilf mir, meine unausgesprochenen Erwartungen zu erkennen und lass sie von dem verwandelt werden, was du mir schenken willst. Lass mich dein wunderbares Wirken nicht durch meinen Kleinmut behindern.

Bitte: Den Herrn bitten, dass wir immer mehr die Welt so verstehen können, wie er sie versteht; und dass wir uns von den Denkschemen verabschieden, die uns daran hindern, seine wahre Größe zu erkennen.

1. Was erwarte ich? Es hilft, sich immer wieder zu fragen: Was erwarte ich überhaupt von Gott? Und vorher noch: Erwarte ich überhaupt etwas von ihm? Glaube ich denn, dass Gott auch in unserer Gesellschaft einen Unterschied machen kann und will? Die Antworten auf diese Fragen beeinflussen manchmal unbewusst mein ganzes Sein und Handeln als Christ. Denn sie werden im Leben beantwortet. Und wenn ich nichts von Gott erwarte, bin ich vielleicht ein netter Mensch, aber ich lebe ganz einfach in den Tag hinein und verpasse meine Berufung, in dieser Welt ein Zeichen der Liebe Christi zu sein. Deshalb kann ich heute Gott im Gebet bitten, mir aufzuzeigen, wie ich diese Fragen im Leben beantworte.

2. Falsche Erwartungen. Die Jünger erwarteten das kommende Reich. Aber ihre Vorstellung davon war von dem beeinflusst, was sie kannten. Die Königreiche in Israel und Umgebung waren gewohnt, ihre weltliche Macht und ihren Einfluss zur Schau zu stellen und auszubauen. Gottes Vorstellung von seinem Reich ist ganz anders. Auch wir müssen uns immer wieder unsere eigenen Erwartungen bewusst machen und erkennen, wie unangemessen sie sind. Denn nur wenn wir immer wieder unsere Erwartungen an denen Gottes ausrichten, können wir ihm dienen und seine Zeugen in der Welt sein.

3. Ãœbertroffene Erwartungen. Das Problem mit unseren falschen Erwartungen ist immer, dass sie uns begrenzen. Aber Gott will uns immer mehr geben, als wir erwarten. Nicht, dass es quantitativ größer ist, als wir es uns vorstellen könnten. Nein, es ist eher so, dass Gott in ganz anderen Dimensionen als wir denkt. Die Gleichnisse im heutigen Evangelium eröffnen uns diese Dimensionen ein ganz klein wenig: Beim Sauerteig kommt es nicht darauf an, dass er ganz groß ist, sondern darauf, dass er ganz und gar durchsäuert ist. Statt auf Quantität setzt Gott auf Tiefe und Durchdringung: Das Reich Gottes ist eben diese Verwandlung der Herzen, die sich nicht unmittelbar an äußeren Ergebnissen messen lässt.

Gespräch mit Christus: Herr, du lädst mich ein, Senfkorn und Sauerteig zu sein und so dein Reich in dieser Welt gegenwärtig zu machen. Eröffne mir, wie ich das heute konkret tun kann, ohne mich von falschen Erwartungen beschränken zu lassen.

Vorsatz: Heute Sauerteig sein und anderen zulächeln, wo ich es sonst nicht tun würde.


Die Versuchung der Abstraktion

28. Oktober 2020

Hll. Simon und Judas Thaddäus, Apostel
Fest

P. László Erffa LC

Lk 6,12-19
In jenen Tagen ging Jesus auf einen Berg, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott. Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch Apostel. Es waren Simon, dem er den Namen Petrus gab, und sein Bruder Andreas, dazu Jakobus und Johannes, Philippus und Bartholomäus, Matthäus und Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, genannt der Zelot, Judas, der Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde. Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen, und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon strömten herbei. Sie alle wollten ihn hören und von ihren Krankheiten geheilt werden. Auch die von unreinen Geistern Geplagten wurden geheilt. Alle Leute versuchten, ihn zu berühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte.

Einführendes Gebet: Herr, du rufst mich beim Namen, um bei dir zu sein. Ich bin dir nicht egal, ich bin für dich nicht nur einer von vielen. Lass mich heute deine konkrete Liebe zu mir genießen und dann auch ganz konkret weitergeben.

Bitte: Heute wollen wir erfahren, wie konkret Gottes Liebe ist und wie er sich um jeden einzelnen kümmert.

1. Eine Menge. Viele Menschen kommen zu Jesus – aus der ganzen Umgebung, auch aus dem Ausland. Er ist für alle da und weist keinen ab. Aber er kann für viele nicht mehr tun, als ihnen Hoffnung zu geben und ihre schweren Leiden zu lindern. Jesus weiß, dass nicht die Menge das Reich Gottes ausmacht, sondern die Gegenwart seiner Liebe in den Herzen der einzelnen Menschen. Und diese Botschaft kann nicht immer durch eine sehr kurze Begegnung vermittelt werden, so tiefgreifend sie auch sein mag. Vor allem nicht, wenn die Sehnsucht der Menschen noch sehr auf den materiellen Nutzen ausgerichtet ist.

2. Ein Name. Jesus hat viele Jünger, die ihm nachfolgen. Sie sind von ihm berührt worden, jeder auf eine andere, sehr persönliche Art und Weise. Und er hat sie ausgewählt, um durch sie andere Menschen zu berühren. Direkt und persönlich. Gott kennt jeden und will jeden beim Namen rufen. Die Menschen in meiner Umgebung konkret durch mich. Er ist ein persönlicher Gott, kein abstrakter. Er will keine Entfernungen zwischen sich und uns. Er kommt zu jedem persönlich.

3. Eine Nacht im Gebet. Christi Ruf ist kein Zufall. Er schaut nicht auf eine Liste von Eigenschaften, auf Stärken und Schwächen. Er schaut auf unser Herz. Und er findet etwas Liebenswertes darin, auch bei Judas, dem Verräter. Jesu Ruf kommt im Grunde aus der Liebe des Vaters, die er im Gebet erfahren hat. In seiner kurzen Zeit auf Erden konnte nur eine sehr begrenzte Zahl von Jüngern bei ihm sein. Heute ist das anders: Durch seine ständige Gegenwart in der Eucharistie will Christus auch jeden von uns in seine Nachfolge berufen, um Sauerteig in dieser Welt zu sein. Und wie bei Christus beginnt das heute im Gebet.

Gespräch mit Christus: Herr, lass mich teilhaben an deinem Gebet zum Vater. Lass mich erfahren, wie du dich auf alle Begegnungen an diesem Tag vorbereitest, und wie du jeden einzelnen dieser Menschen liebst.

Vorsatz: Heute einen mir wenig bekannten Menschen vielleicht etwas besser kennenlernen. Sei es, indem ich ihn einfach nur nach seinem Namen frage oder ihn sogar zum Plaudern auf einen Kaffee einlade.


Die Gefahr der Politisierung

29. Oktober 2020

Donnerstag der dreißigsten Woche im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Lk 13,31-35
Zu jener Zeit kamen einige Pharisäer zu Jesus und sagten: Geh weg, verlass dieses Gebiet, denn Herodes will dich töten. Er antwortete ihnen: Geht und sagt diesem Fuchs: Ich treibe Dämonen aus und heile Kranke, heute und morgen, und am dritten Tag werde ich mein Werk vollenden. Doch heute und morgen und am folgenden Tag muss ich weiterwandern; denn ein Prophet darf nirgendwo anders als in Jerusalem umkommen. Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt. Darum wird euer Haus von Gott verlassen. Ich sage euch: Ihr werdet mich nicht mehr sehen, bis die Zeit kommt, in der ihr ruft: Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!

Einführendes Gebet: Herr, es gibt so viele Dinge, die mich von dir ablenken wollen. Lass meine Augen immer auf dich gerichtet sein, damit ich nicht das Gute tue und dabei das Bessere vernachlässige.

Bitte: Den Herrn bitten, ganz ihm gehören zu dürfen und in allen Schwierigkeiten auf ihn zu schauen.

1. Macht und Einfluss. Auch Jesus wird nicht von der Politik verschont. In den Machtspielchen der verschiedenen Gruppen seiner Zeit wollen ihn einige für ihre Zwecke vereinnahmen. Sie wollen auf ihn einwirken, um seinen wachsenden Einfluss und seine Jünger als Machtmittel für sich benutzen zu können. Sie haben nur Augen für die Politik, für ihre Macht und ihren Einfluss, statt auf Jesu Botschaft zu hören und die Heilung zu erfahren, die er schenken will.

2. Bedrohung. Macht kann einen Menschen korrupt machen. Nicht nur einen Herodes, auch mich. Egal, wo ich über Macht verfüge und wie klein sie auch sein mag. Herodes will Jesus sogar umbringen lassen, weil er seine eigene Macht bedroht sieht. So weit muss es in meinem Leben nicht kommen – aber es gibt auch andere Arten und Weisen, unsere Macht über jemanden zu missbrauchen: üble Nachrede, Ablehnung, Gleichgültigkeit. Wie weit lasse ich es kommen? Bin ich offen, wenn der Herr mir jemanden schickt, der mir die Wahrheit sagt und mich korrigiert?

3. Heilsgeschichte statt Politik. Jesus macht nicht mit bei politischem Machtgeplänkel. Er hat eine Sendung und Mission. Und davon lässt er sich nicht ablenken. So bleibt sein Blick auf das gerichtet, was wirklich zählt: Gottes Wirken in der Zeit, sein Eintreten in die Zeit, ganz konkret durch ihn. Er durchbricht unsere Machtansprüche, indem er sie relativiert und uns eine größere Wirklichkeit aufzeigt. Diese Einstellung Jesu ist wahrhaft befreiend für uns. Er bleibt ihr treu, auch wenn er weiß, dass es ihm am Ende das Leben kosten wird.

Gespräch mit Christus: Herr, beleuchte mein Leben und hilf mir zu erkennen, wo ich mich mehr vom Egoismus leiten lasse als von deiner Liebe. Hilf mir, wie du auf das zu blicken, was in Ewigkeit Bestand hat. Und lass mich das vermeiden, was mich heute von deiner Botschaft ablenkt.

Vorsatz: Heute etwas Gutes über andere Menschen sagen.


Die Gefahr des Legalismus

30. Oktober 2020

Freitag der dreißigsten Woche im Jahreskreis

P. László Erffa LC

Lk 14,1-6
Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Da stand auf einmal ein Mann vor ihm, der an Wassersucht litt. Jesus wandte sich an die Gesetzeslehrer und die Pharisäer und fragte: Ist es am Sabbat erlaubt zu heilen, oder nicht? Sie schwiegen. Da berührte er den Mann, heilte ihn und ließ ihn gehen. Zu ihnen aber sagte er: Wer von euch wird seinen Sohn oder seinen Ochsen, der in den Brunnen fällt, nicht sofort herausziehen, auch am Sabbat? Darauf konnten sie ihm nichts erwidern.

Einführendes Gebet: Herr, manchmal ist mein Herz so hart. Klopfe es weich, wenn ich heute im Gebet deine Güte betrachten kann und deine Sorge um jeden Menschen sehe.

Bitte: Den Herrn bitten, nicht auf das Gesetz zu schauen, sondern auf ihn.

1. Regeln oder Leben? Immer wieder will Jesus die Herzen der Menschen bewegen. Er freut sich natürlich über ihre Gesetzestreue, aber nicht, wenn sie auf Kosten des wichtigeren Gebotes geht: Dem der Nächsten- und Gottesliebe. Wie kann es dazu kommen, dass Menschen das Gesetz so vergöttlichen, dass sie ihre Mitmenschen vergessen? Auch wenn wir da nur den Kopf schütteln, gibt es doch vielleicht auch in unserem Leben Bereiche, die noch nicht so ganz von Gott durchdrungen sind. Bereiche, wo auch wir Heuchler sind. Und so weh es auch tut, wir müssen diese Bereiche von Christus beleuchten lassen, um Heilung zu erfahren.

2. Wo ist meine Sicherheit? Woher kommt dieses hartherzige Pochen auf das Gesetz? Wer Gott nicht persönlich im Gebet oder durch sein Wirken in unserem Leben erfahren hat, sucht sich seine Sicherheit anderswo. Und wie damals zur Zeit Jesu, kann es auch uns passieren, dass wir unsere Sicherheit von Regeln ableiten und nicht auf der Liebe aufbauen, die diese Regeln begründet und ihnen ihren tieferen Sinn gibt. Es ist eben einfacher und bequemer, sich an Anweisungen zu halten, als die Anweisungen auch zu verstehen und mit Geist und Herz zu erfüllen.

3. Regeln und Leben. In diesem Evangelium lädt Jesus uns ein, den Blick von den Gesetzen des Herrn zum Herrn des Gesetzes zu erheben. Wir dürfen nicht denken, Jesus sei gekommen, um das Gesetz aufzuheben und Anarchie zu schaffen. Nein, wir wissen, dass er nichts anderes im Sinn hat, als das Gesetz seiner vollen Bestimmung zuzuführen. Wir brauchen das Gesetz in unserem Leben, es gibt ihm Struktur und Richtung. Wenn uns das Gesetz nicht Leben verleiht und uns Gott und anderen gegenüber offener macht, dann machen wir vielleicht etwas verkehrt.

Gespräch mit Christus: Herr, du kennst mich und liebst mich. Du schenkst mir dein Gesetz mit deinem neuen Gebot der Liebe, damit ich das Leben in Fülle habe. Herr, ich will das mit Freude leben. Hilf mir, das zu tun, und ganz dir zu gehören.

Vorsatz: Heute als Opfer für die Armen Seelen bewusst etwas machen, was mir sonst schwerfällt.


Die Gefahr der Geltungssucht

31. Oktober 2020

Samstag der dreißigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Wolfgang von Regensburg, Bischof

P. László Erffa LC

Lk 14,1.7-11
Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Einführendes Gebet: Herr, ich will nichts anderes, als dir und meinen Mitmenschen zu dienen. Leider kommen mir dabei oft meine Trägheit, mein Stolz oder meine Eitelkeit in die Quere. Lass mich auf dich schauen und lernen, wie man für andere Menschen da sein kann.

Bitte: Bitten wir den Herrn, unsere Perspektive immer wieder im Glauben zu erneuern und unsere Absicht zu reinigen.

1. Bin ich das? Jesus hält uns einen Spiegel vor. Es ist ja sicher nicht so, dass wir uns immer in den Mittelpunkt stellen wollten, indem wir die besten Plätze einnehmen. Aber es gibt viele andere, subtilere Arten und Weisen, durch die wir die Aufmerksamkeit von anderen weg und auf uns lenken. Manchmal ist uns das nicht einmal selbst bewusst, deswegen lädt Jesus uns heute ein, über unsere Verhaltensweisen nachzudenken.

2. Manchmal bin ich das schon. Kann es nicht selbst den Frömmsten unter uns passieren, dass wir – auch mit guter Absicht – im Mittelpunkt stehen wollen? Gerade dann, wenn wir in Jesu Dienst stehen? Die Gefahr besteht immer. Aber wir dürfen uns von der Angst, dadurch etwas falsch zu machen, nicht lähmen lassen. Jesus will uns einfach auf diese Gefahr hinweisen. Nicht, um uns Angst einzuflößen, sondern um uns zum Gegenteil der Geltungssucht zu führen: zur Selbstlosigkeit.

3. Geht es auch anders? Wer den letzten Platz sucht, der stellt nicht sich selbst in den Mittelpunkt, sondern gibt Jesus Raum. Das ist nicht einfach für uns, weil wir unseren Egoismus überwinden müssen. Aber jemand, der Jesus in seinem Leben in den Mittelpunkt stellt, wird gerade so zum Licht der Welt und Salz der Erde. Jesus kann durch ihn durchscheinen. Das hat dann nichts mehr mit Geltungssucht zu tun, wenn man dadurch im Mittelpunkt steht. Solange wir nicht vergessen, dass es Jesus ist, der durch uns für andere sichtbar werden will.

Gespräch mit Christus: Herr, sei du immer mehr der Mittelpunkt meines Lebens. Du hältst mir im Evangelium heute einen Spiegel vor. Lass mich erkennen, wo du in meinem Leben noch nicht im Mittelpunkt stehst. Wie kann ich dir mehr Raum geben?

Vorsatz: Heute einen Bereich in meinem Leben ausmachen, wo ich den letzten Platz einnehmen und Jesus den ersten geben kann.