Tägliche Meditationen Sonntag 13. September 2020 bis Samstag 19. September 2020 Vierundzwanzigste Woche im Jahreskreis P. Thomas Fox LC und Angelika Knauf
Tief, weit und offen! 13. September 2020
Vierundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis Hl. Johannes Chrysostomus, Bischof, Kirchenlehrer P. Thomas Fox LC Mt 18,21-35 In jener Zeit trat Petrus zu Jesus und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er gegen mich sündigt? Bis zu siebenmal? Jesus sagte zu ihm: Ich sage dir nicht: Bis zu siebenmal, sondern bis zu siebzigmal siebenmal. Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Knechten Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen. Da fiel der Knecht vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen. Der Herr des Knechtes hatte Mitleid, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld. Als nun der Knecht hinausging, traf er einen Mitknecht, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und sagte: Bezahl, was du schuldig bist! Da fiel der Mitknecht vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen. Er aber wollte nicht, sondern ging weg und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt habe. Als die Mitknechte das sahen, waren sie sehr betrübt; sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles, was geschehen war. Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest nicht auch du mit deinem Mitknecht Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte? Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Peinigern, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn nicht jeder seinem Bruder von Herzen vergibt. Einführendes Gebet: Herr, als du dich zu Anfang deines öffentlichen Lebens am Jordan zur Taufe begabst, standen wir dir alle geistlich gegenüber: eine unüberschaubar lange Reihe von Sündern, jeder Mensch, alle Menschen. Alle waren wir Bittsteller und ohne jede Ressource, um unsere Schulden zu bezahlen. Und nun: Ich bin getauft, du hast meine Schuld beglichen. Und wie oft habe ich die Beichte empfangen!! – Was muss ich tun, damit die Barmherzigkeit, die ich von dir empfangen habe, mein Leben tiefer prägt? Ich möchte das Geheimnis meiner Rechtfertigung dankbar, ernst und treu leben. Bitte: Mach mein Herz tief und weit! 1. „Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“ In dieser Antwort auf die Frage des Petrus kommt die ganze „katholische“ (universale) Weite des Herzens Jesu zur Geltung. Schon bei der Schöpfung war sein Handeln „katholisch“: allumfassend, nichts aussparend, nichts ausgrenzend. Man stelle sich ein Kind vor, das die Arme ausbreitet und das ganze Weltall umfassen möchte: „Sooo groß“ –– ist Gottes Herz, Jesu Herz! Wie sehr wünsche ich mir, dass er diesen engen Beutel meines Herzens aufweitet! Dass er sein Fassungsvermögen erhöht, seine Panzersperren abräumt! Doch genau das tut er mit diesem Wort. Denn sein Wort ist der Same, der in mich eindringt und Frucht bringen kann, wenn ich mich davon berühren lasse. Wenn ich die Chance immer wieder ergreife und mein Herz für andere erweichen lasse, hinein in den Bereich der übernatürlichen Liebe. 2. „Entweder – oder“. Das Gleichnis vom Schuldner macht deutlich: Durch die innere Haltung, die wir gegenüber unseren Mitmenschen einnehmen, entscheiden wir uns zwischen zwei Leitbildern, die einst auf uns angewandt werden: dem maßlos weiten, offenen und lebendigen der Barmherzigkeit und dem engen und streng geschlossenen der Gerechtigkeit. Beim ersteren schaut man auf die Person und deren Bedürfnisse. Man ist nicht berechnend. Beim zweiten schaut man auf die Leistung, auf offene Rechnungen und aufs Kalkül. Welches dieser beiden Leitbilder wir auf uns angewandt haben möchten, ist klar… - Herr, nimm mein Herz, und lass es offen und warm werden! Lass mich im Rhythmus seines pulsierenden Schlagens immer wieder kleine Akte der Nächstenliebe setzen und heute damit beginnen. 3. „Die Mitknechte“. Wie sehen mich meine „Mitknechte“? Fürchten Sie sich davor, mir nahe zu treten, weil sie aus Erfahrung die heftigen Reaktionen kennen, zu denen ich bisweilen fähig bin, oder kommen sie gern zu mir? Wer zu Jesus kam, verließ ihn immer mit der Gewissheit, unglaublich geschätzt, ja persönlich geliebt zu sein. So trat auch die Sünderin vor ihn hin und zog sich nicht zurück, ohne unendlich dankbar zu sein und den Klang seiner Worte im Herzen zu tragen: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ Ja, das gilt auch heute noch: Wer Jesus wahrhaft begegnet, möchte nichts anderes mehr tun, als diese Erfahrung immer wieder zu wiederholen. - Könnte es mir helfen, Jesus ähnlicher zu werden, wenn ich immer wieder darauf schaue, wie zufrieden meine Mitmenschen aus der Begegnung mit mir hervorgehen? Gespräch mit Christus: Herr, ich möchte auch gern so offen und warmherzig wie du sein. Überzeuge mich davon, dass in mir und in anderen dieses gewaltige Potential für dein Reich schlummert. Wecke du es in mir, in uns! Wir vertrauen auf dich. Vorsatz: Heute einen Schritt daraufhin tun, von Herzen zu verzeihen. Heute mein Herz im Umgang mit den Menschen weiten, öffnen und vertiefen.
Herrlichkeit 14. September 2020
Kreuzerhöhung Fest
Angelika Knauf Joh 3,13-17 In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn. Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Einführendes Gebet: Jesus, in deinem Hohepriesterlichen Gebet bittest du den Vater um unsere Einheit mit dir, dem Vater und untereinander. Und dann gehst du hinaus und lieferst dich unserer Sünde aus bis zum Tod am Kreuz und zum Abstieg in das Reich des Todes. Ich bete dich an und preise dich! Bitte: Öffne mein Sehen für dich am Kreuz! Ziehe mich an dich! 1. „Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn…“ Es berührt, dass Jesus im Abendmahlssaal mit dieser Bitte um Verherrlichung gleichsam den Beginn seiner Passion meint. Erhöht am Kreuz scheint sein Herabsteigen vom Himmel in unser Menschsein vollkommen auf: Unschuldig wird er eins mit unserer Sünde. Wage ich, ihn darin wirklich anzuschauen? Nicht zufällig reichte es für die Israeliten in der Wüste nicht, dass Mose die Schlange an einer Stange erhöhte. Um vom Gift des Schlangenbisses gerettet zu werden, musste der Betroffene zur ehernen Schlange aufblicken. Ihr Hinschauen zeigte ihnen, woran sie litten, und heilte sie zugleich davon.Jesus, am Kreuz erhöht, zeigt uns, was die Sünde ist. Sehen wir hin! Wagen wir, das ganze Elend seines Leidens zu sehen: die Wunden, den Schweiß, die Schmerzen, die Schande, das Ersticken, das Verdursten, die Vereinsamung, die er erfährt, und wir sehen, was unsere Sünde mit uns macht. Doch sehen wir genau und lange hin, damit wir vom Gift unserer Sünde heil werden: Im Elend des gekreuzigten Jesus leuchtet seine Herrlichkeit auf! Denn in seinem Antlitz, seinem Blick trifft mich keine Abwendung, keine Zurückweisung. Es ist Liebe, mich herbei sehnende Liebe. „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“. 2. „…damit der Sohn dich verherrlicht“ „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“. Jesus am Kreuz offenbart das Wesen des Vaters, ja, er schafft Durchblick auf die eigentliche Herrlichkeit Gottes. Sie ist von Wesen so sehr Liebe, dass er dem geschaffenen und zur Einheit mit ihm berufenen Menschen, der sich von ihm abgekehrt hat, hinterhergeht bis zur Hingabe seiner selbst: In der vollkommenen Hingabe Jesu gibt der Vater uns seinen einzigen Sohn dahin. Er ist eben nicht der zornige Gott, der durch ein blutiges Opfer besänftigt werden will. Er ist der absolut wahre und daraus gerechte Gott, der absolut wahr liebt und aus Liebe alle Konsequenzen der Freiheit, die er uns geschenkt hat, selbst trägt. Gott ist und will Liebe, er kann nicht über die Sünde seines Geschöpfes hinwegsehen, weil eine solch billige Barmherzigkeit die Freiheit und Würde des Menschen nicht ernst nähme. Der Mensch kann im Zustand der Sünde, in der keine Wahrheit, nichts Gutes und keine Liebe ist, keine volle Gemeinschaft mit dem Gott haben, der vollkommen wahr, gut und schön ist. In der Hingabe seines Sohnes öffnet uns der Vater auch sein Herz. 3. „In ihnen bin ich verherrlicht“ Jesus am Kreuz wirklich und mit offenem Herzen anzuschauen, ist der Beginn eines Dialogs der Liebe. Ich öffne mich seiner Wahrheit als dem, der vom Vater gesandt ist, um zu heilen, was verwundet ist. Ich öffne mich der Wahrheit seiner Wunden, die mir zeigen, wie sehr ich selbst durch meine Sünde verwundet bin. Ich öffne mich aber auch der Wahrheit, dass ich in seinen Wunden Heilung erfahre. Es ist nicht leicht, eine solch völlig ungeschuldete Liebe, wie Jesus sie mir schenken will, anzunehmen. Sie demütigt mich, weil ich sie nicht verdiene. Und zugleich erhöht sie mich unermesslich und zeigt mir, zu welcher Würde Gott mich berufen hat: zur Liebeseinheit mit ihm. Ich verherrliche seine Liebe, indem ich mich von ihr entsühnen und heilen lasse. Dann erst kann ich Gott erkennen und seine Herrlichkeit als mein Retter lobpreisen. Und ich werde aus ihm und mit ihm auch die lieben wollen, die seine Liebe noch nicht erfahren haben. Ich werde zur Frucht seiner Erlösungstat werden. Dann wird Christus in mir verherrlicht sein, denn er wird mich ganz an sich gezogen und dem Vater in sich zurückgeschenkt haben. Gespräch mit Christus: Jesus, mein Heiland, durch dein heiliges Kreuz hast du mich erlöst. Wie oft misstraue ich deiner Liebe. Wie oft neige ich zu zweifelndem Trotz, wenn ich dein Leiden sehe und an meine Schuld denke. Hilf mir zu glauben, dass du meine Sünde allein als das siehst, von dem du mich trennen und heilen willst, damit ich zur Einheit mit dir und dem Vater gelange. Vorsatz: Ich will heute vor einem Kruzifix Jesu Hohepriesterliches Gebet (Johannes 17) betend betrachten.
Einheit 15. September 2020
Gedächtnis der Schmerzen Mariens
Angelika Knauf Joh 19,25-27 In jener Zeit standen bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala. Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn. Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. Einführendes Gebet: Maria, Du warst vollkommen offen für die Sendung deines Sohnes. Mit ihm hast du die Ganzhingabe an den Vater durchlitten. Bitte: Bitte deinen Sohn um unsere innere Heilung, damit all unser Dienen zu liebender Hingabe werden kann. 1. „Wer ist meine Mutter…“. Maria leidet wahrhaftig und tief, gerade weil in ihrem Leiden nichts Selbstbezogenes ist. Sie ist zuinnerst rein und von daher auch zuinnerst empfänglich für das Leiden und Ringen Jesu um die Menschen, die sie mit ihm liebt. Nach einem Wort Hans Urs von Balthasars führt der Sohn selbst das von Simeon prophezeite Schwert, das Marias Herz durchbohrt: Ihr Ja zur Empfängnis des Sohnes Gottes ist so umfassend, dass sie auch seine Sühnesendung vom Vater vollkommen mit bejaht. Der Sohn hat ihr Ja so ernst genommen, dass er es mit seiner eigenen Sendung ganz verwoben hat: den Willen des Vaters zu tun. Und so nimmt er sie immer tiefer mit in seine sühnende Hingabe: durch den Verdacht der Menschen über ihre Schwangerschaft, die Flucht nach Ägypten, das tagelange Suchen des Zwölfjährigen und das Befremden über seine Reaktion. Und in der Zeit Jesu öffentlichen Wirkens seine äußeren Zurückweisungen der Mutter. Er löst die Mutter aus den natürlichen Bindungen heraus und führt sie in das vollkommene Mitgehen in seine Sendung hinein. Unter dem Kreuz ist Maria bereit, seine letzte Hingabe mitzuvollziehen: Sie wird Jesus und damit auch sich selbst ganz dem Vater und den Menschen hinschenken. 2. „…und wer sind meine Brüder?“. Johannes ist der einzige Jünger, der unter das Kreuz seines geliebten Herrn gelangt ist. Alle anderen flohen und ertrugen dieses scheinbare Scheitern Jesu nicht. Johannes jedoch war offen für die Liebe, die nicht herrscht, sondern sich hingibt. So war er fähig, Jesus in seinem Leiden und Sterben anzusehen und auch Maria in ihrer Hingabe an Jesus zu begleiten und ganz anzunehmen. Johannes sieht – und liebt. Darum wird er später auch im leeren Grab fähig sein zu sehen – und zu glauben. 3. „Wer den Willen Gottes tut, ist für mich Bruder und Schwester und Mutter“. „Frau“ nennt Jesus seine Mutter. Er schenkt zusammen mit sich auch sie und ihre ihn tragende Liebe dem Vater und den Menschen hin. Zugleich schenkt er in seiner Mutter allen in der Kirche Dienenden, gerade den Frauen, ein neues Urbild des Liebens, das sie zu ihrer eigentlichen Größe und Würde führt. Denn in Johannes vertraut er vor allem der Mutter die an, in die er sein lebendiges Wort und seine priesterliche Sendung gelegt hat. Von den Aposteln her wird die Kirche, die aus Christus hervorgeht, äußere amtliche Form annehmen. Durch Maria aber, die mit Johannes auch die Mutterschaft für die Kirche empfängt, wird die Kirche in ihrem inneren Wesen zu lieben lernen, wie Christus liebt. Eine Liebe, die auch die priesterlichen Apostel in ihrer Verkündigungs- und eucharistischen Sendung mittragen soll. „Und er nahm sie in das Seine auf“, heißt es übersetzt in der lateinischen Version der Schrift. In Maria und Johannes werden Liebe und Bevollmächtigung von Jesus in eine untrennbare Einheit innerhalb der Kirche gegeben. Sie sollen einander dienen, damit die Kirche ein Leib und ein Geist in Christus sein kann. Gespräch mit Christus: Jesus, im Leiden deiner Mutter öffnest du mir einen Raum, in dem ich mein Leiden für dich zu tragen lernen kann, auch jenes, das aus meinem Dienst in deiner Kirche entspringt. Lehre mich, in Liebe zu dienen. Vorsatz: Ich werde heute mit dem, was mein Vertrauen in die Kirche und ihre Hirten am meisten belastet, zu Maria gehen und es ihr übergeben.
Empfangen 16. September 2020
Hl. Kornelius, Papst Hl. Cyprian von Karthago, Bischof und Märtyrer Gedenktag
Angelika Knauf Lk 7,31-35 In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit wem soll ich also die Menschen dieser Generation vergleichen? Wem sind sie ähnlich? Sie sind wie Kinder, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte gespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt nicht geweint. Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein, und ihr sagt: Er ist von einem Dämon besessen. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagt ihr: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder! Und doch hat die Weisheit durch alle ihre Kinder Recht bekommen. Einführendes Gebet: Jesus, dein Kommen und deine Hingabe für uns haben die Tür zum Frieden mit Gott, mit uns selbst und untereinander geöffnet. Ich preise dich dafür! Bitte: Öffne mein Herz und meinen Geist, damit ich deine Weisheit empfange. 1. „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich“. Wie leicht wirft uns übermäßiges Beharren auf die eigenen Ansichten und den eigenen Willen auf uns selbst zurück! Auf sich selbst verkrümmt – so hat schon der heilige Augustinus diese verhängnisvolle Auswirkung einer sündhaften Selbstbezogenheit genannt, die uns vom Guten isoliert. Oft fühlen wir uns in eigenen Ansichten und Willensentscheiden zunächst sicher, aber dann doch auch allein. Es geht nicht darum, dass wir nicht die Flöte der Freude spielen oder Klagelieder der Trauer singen dürften. Diese Form der Selbstwahrnehmung ist wichtig und gesund. Doch wenn wir uns darin für das Gute verschließen, das andere uns geben können, erlauben wir unserer eigenen Bedürftigkeit nicht zu empfangen, was wir nur geschenkt erhalten können. 2. „Selig, die rein sind im Herzen, denn sie werden Gott schauen“. Die Öffnung für Gott und den Anderen ermöglicht Begegnung und Dialog. Gute Begegnung und aufrichtiger Dialog ermöglichen mir eine gesunde Distanz zu mir selbst. Herz und Geist können sich öffnen und Beziehung zulassen. Gerade in unserer Beziehung zu Gott fällt diese Offenheit nicht immer leicht. Denn der Heilige und wahrhaft Liebende handelt nach einer Ordnung, die wir durch unsere Verstrickung in die Sünde nur mehr bedingt als etwas Gutes erkennen können. Unsere erste Reaktion auf Gottes Zuwendung kann auch Widerstand und Aufbegehren sein. Versuchen wir, diesem Widerstand in uns ehrlich auf den Grund zu gehen, auch wenn dieser Prozess schmerzhaft ist. Es ist ein Prozess, der das Sehvermögen unseres Herzens und Geistes für Gottes Güte reinigen und stärken will. 3. „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“. Kinder der Weisheit – das sind zunächst Hörende und Empfangende. Solche Offenheit erzeugt Wachstum, in uns selbst und auch in unseren Beziehungen zu Gott und den anderen. In diesem Wachstum klärt sich unsere Beziehungsfähigkeit hin zu einer immer wahrhaftiger gelebten Gemeinschaft in der Kindschaft Gottes. Allein aus dieser Kindschaft heraus werden wir fähig, Frieden zwischen unseren eigenen Bedürfnissen und denen anderer zu stiften. Denn aus der Kindschaft Gottes empfangen wir zuerst den Frieden unserer inneren Verfasstheit mit der Ordnung aus Gottes Weisheit. Gespräch mit Christus: Jesus, du kennst all mein Ringen, meine Neigung zur Verschlossenheit und auch meine Sehnsucht nach wahrer Beziehung. Hilf mir immer wieder neu in innere Offenheit und Empfänglichkeit hinein, wenn ich dir und den Menschen begegne. Vorsatz: Ich will heute ein Hörender, eine Hörende sein.
Erkennen 17. September 2020
Donnerstag der vierundzwanzigsten Woche im Jahreskreis Hl. Hildegard von Bingen, Äbtissin (OSB), Mystikerin Hl. Robert Bellarmin, Ordenspriester (SJ), Bischof, Kirchenlehrer Angelika Knauf Lk 7,36-50 In jener Zeit ging Jesus in das Haus eines Pharisäers, der ihn zum Essen eingeladen hatte, und legte sich zu Tisch. Als nun eine Sünderin, die in der Stadt lebte, erfuhr, dass er im Haus des Pharisäers bei Tisch war, kam sie mit einem Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl und trat von hinten an ihn heran. Dabei weinte sie, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Sie trocknete seine Füße mit ihrem Haar, küsste sie und salbte sie mit dem Öl. Als der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, dachte er: Wenn er wirklich ein Prophet wäre, müsste er wissen, was das für eine Frau ist, von der er sich berühren lässt; er wüsste, dass sie eine Sünderin ist. Da wandte sich Jesus an ihn und sagte: Simon, ich möchte dir etwas sagen. Er erwiderte: Sprich, Meister! Jesus sagte: Ein Geldverleiher hatte zwei Schuldner; der eine war ihm fünfhundert Denare schuldig, der andere fünfzig. Als sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten, erließ er sie beiden. Wer von ihnen wird ihn nun mehr lieben? Simon antwortete: Ich nehme an, der, dem er mehr erlassen hat. Jesus sagte zu ihm: Du hast Recht. Dann wandte er sich der Frau zu und sagte zu Simon: Siehst du diese Frau? Als ich in dein Haus kam, hast du mir kein Wasser zum Waschen der Füße gegeben; sie aber hat ihre Tränen über meinen Füßen vergossen und sie mit ihrem Haar abgetrocknet. Du hast mir zur Begrüßung keinen Kuss gegeben; sie aber hat mir, seit ich hier bin, unaufhörlich die Füße geküsst. Du hast mir nicht das Haar mit Öl gesalbt; sie aber hat mir mit ihrem wohlriechenden Öl die Füße gesalbt. Deshalb sage ich dir: Ihr sind ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber nur wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe. Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben. Da dachten die anderen Gäste: Wer ist das, dass er sogar Sünden vergibt? Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Einführendes Gebet: Jesus, dein Herz ist offen für jeden, der nach Erlösung hungert. Staunend stehe ich vor dir und möchte dir in rechter Weise antworten und dich ehren. Bitte: Öffne mein Herz, befreie mich von meinem Selbstbehalt und aller Verstockung! 1. „Ich kenne die Meinen…“. „Von hinten“ tritt die Sünderin an Jesus heran. Also sieht er sie nicht kommen, doch kein Moment der Überraschung, der Verlegenheit oder Ablehnung ist bei ihm zu spüren. Zwischen ihm und der Sünderin scheint vom ersten Moment der Begegnung an schon ein tiefes Verstehen zu sein. Diese Frau nähert sich ihm voller Vertrauen. Sie weint, sie demütigt sich vor ihm, sie zeigt ihm Liebe. Jesus aber schaut auf das, was hinter ihren Gesten liegt, was ihr Herz aussagt. Er erkennt in ihr die erlösungsbedürftige und nach Erlösung hungernde Seele. Die Seele, die um ihr eigenes Elend aus der Sünde weiß, es ihm aber nicht verbirgt, weil sie auf sein Erkennen in Liebe hofft. Es ist diese Herzenshaltung, die eine Seele für Jesu Herz unwiderstehlich macht. In einer solch verwundeten, aber offenen Seele erkennt er seine Sendung. In ihr erkennt er sich, aber in sich erkennt er auch die Sünderin, denn er hat sie schon geliebt, bevor sie ihm begegnet ist. Er liebte sie von Uranfang an. 2. „…und die Meinen kennen mich...“. Die Sünderin verdrängt ihr Elend nicht. Gerade ihr ehrlicher Blick auf sich selbst öffnet ihr Erkennen für Jesus. Sie erkennt ihn und vertraut. Sie gibt sich zu erkennen und liebt. Simon aber ist in völliger Verkennung gefangen, vor allem seines eigenen Zustands. Er wähnt sich überlegen. Nicht er sieht sich geehrt durch Jesu Besuch, darauf weisen seine unterlassenen Willkommensdienste hin, an die Jesus ihn erinnern muss. Er meint, Jesus müsse sich geehrt fühlen, in ein solches Haus der Rechtgläubigkeit eintreten zu dürfen. So verkennt er auch vollkommen die Größe der Tat dieser Sünderin. Er sieht nicht die Tiefe ihrer Demut, ihres Vertrauens, ihrer Offenheit des Herzens und ihrer Umkehr. Er erkennt sich; Jesus und sie aber in seiner Überheblichkeit nicht, darum bleibt ihm Jesu Wesen verschlossen und sein Blick blind für das Wunder, das hier geschieht. 3. „…wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe“. Jesus lebt ganz aus seiner Sendung vom Vater, darin erkennt er sich auch als Mensch. Er ist Mensch geworden, um Versöhnung und Einheit, nicht Verurteilung und Trennung zwischen Gott und den Menschen zu wirken. Er kennt die Liebe des Vaters für die Menschen und will dieser Liebe in Einheit mit und für uns die Antwort der Liebe geben, die wir so oft verweigern. Er gibt sein Leben, damit wir durch ihn zum Vater kommen, doch diese Gabe seines Lebens ist angewiesen auf offene Herzen, die sie aufnehmen und sich von seinem Herzen aufnehmen lassen. Die Sünderin hat ein solches Herz, daher empfängt sie die Frucht der Hingabe Jesu: die Vergebung ihrer Sünden und so neues Leben in Gott. Simons Erkennen aber bleibt in seiner Selbstgewissheit gefangen, so kann er Jesus nicht erkennen und keine Einheit mit ihm empfangen. Gespräch mit Christus: Jesus, wie groß ist meine Sehnsucht, wahrhaft erkannt zu werden – und sein zu dürfen. Mich in deiner Liebe zu entfalten und zu einem Leben in Fülle zu gelangen. Und doch ist da so oft Furcht und Scham, die mich hindern, die befreienden Tränen über mein Elend zu deinen Füßen zu weinen. Hilf mir zu kommen, hilf mir, mich dir zu offenbaren. Und dann richte mich auf und kleide mich neu mit deiner Liebe. Vorsatz: Ich versuche heute in der Einsamkeit mit Jesus, ihm meine inneren Wunden offenzulegen, die die Sünde mir geschlagen hat und bitte ihn, mich auf den Weg der Heilung zu führen.
Erlöstes Zueinander 18. September 2020
Freitag der vierundzwanzigsten Woche im Jahreskreis Hl. Lambert, Bischof, Glaubensbote, Märtyrer Angelika Knauf Lk 8,1-3 In jener Zeit wanderte Jesus von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das Evangelium vom Reich Gottes. Die Zwölf begleiteten ihn, außerdem einige Frauen, die er von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte: Maria Magdalene, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen. Einführendes Gebet: Jesus, du hast Mann und Frau in neuer Würde einander zugeordnet. Gepriesen seist du! Bitte: Schenke uns Wertschätzung füreinander! 1. „Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf,…“. Jesus ist das lebendige Wort vom Vater, das uns neues Leben in Gott schenken will. Dieses Leben in Gott ist Leben in Gemeinschaft, in Einheit. Einheit als liebendes und dienendes Zueinander aus unterschiedlichen Gaben, die Gott zum Aufbau des einen Leibes Christi schenkt. Jesus beruft zwölf Männer und macht sie zu seinen Jüngern. Ihnen wird er sein Wort anvertrauen, damit sie es als seine Apostel in der ganzen Welt verkünden. Fruchtbar wird das Wort, wo Menschen es aufnehmen und daraus leben. Die Frauen, die Jesus und die Jünger in freier Liebe begleiten, haben keine allein funktionale Rolle der materiellen Unterstützung. Vielmehr als das besitzen sie eine Aufnahmefähigkeit ihres Herzens für Jesu Wort, das den Jüngern zeichenhaft vorstellt, wer die Kirche sein wird, der sie als Jesu Gesandte dienen werden: Die Braut Christi. „Die Kirche ist weiblich“ (Hans Urs von Balthasar). 2. „…und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat“. Christus, der Gottessohn, ging aus einer Frau hervor, die Jungfrau war und blieb. In Maria hat Christus die Frau zeichenhaft aus der Abhängigkeit vom Mann gehoben, die durch die Sünde kam, und sie ihm neu als Gefährtin an die Seite gestellt. In Maria wurde der Stand der Jungfräulichkeit gegründet, der im Alten Bund undenkbar war, doch in der kommenden Kirche prophetische Bedeutung haben wird. Jesus stellt die Zuordnung der Geschlechter auf ein neues, geistig fruchtbares Fundament liebender Freiheit, wie der Vater sie von allem Anfang an wollte: Mann und Frau, die in ihrer Andersheit gleiche Würde haben und einander zum Geschenk werden sollen. Die Sünde hat dieses Verhältnis verstört, Misstrauen und Konkurrenz quält das Verhältnis von Mann und Frau immer wieder. Doch aus Christus kommt Heilung. 3. „Wer die Braut hat, ist der Bräutigam…“. Es sind Männer, die Jünger im Abendmahlssaal, denen Christus das Vorbild des Dienens in der Fußwaschung schenkt, um ihnen die Eucharistie und deren liturgischen Vollzug anzuvertrauen. Doch das der Eucharistie zugrundeliegende Opfer seines Leibes und Blutes vollzieht er bis auf Johannes nur noch in der Begleitung seiner Mutter und der Frauen, deren Liebe bis unter das Kreuz reichte. Die Kirche, die aus seiner Seite hervorgeht und die er sich als Braut erwählt, ist in diesen Liebenden unter dem Kreuz abgebildet. Den Frauen in der liebenden Sorge um seinen Leib erscheint auch der Auferstandene zuerst. Sie sendet er aus, den sich verbergenden Aposteln seine Auferstehung kundzutun. Es ist ein berührendes Geheimnis, dass das männliche Amt in der Kirche zum Dienst an der Kirche bestellt ist, die Christus als ein Leib und ein Geist Braut sein soll. Das Wesen der Kirche ist Liebe und Dienst. Gespräch mit Christus: Jesus, du weißt, wie sehr auch unsere Zeit um das rechte Zueinander von Mann und Frau ringt. Heile und befreie die Herzen, damit wir Menschen als Mann und Frau die Würde, Schönheit und Freiheit unseres Rufes in dir erkennen und zur Fülle eines erlösten Zueinanders finden. Vorsatz: Ich werde heute für einen Menschen anderen Geschlechts in meinem Umfeld beten, dass er/ sie zur Fülle seiner/ ihrer Berufung als Mann/Frau gelange.
Allmacht und Ohnmacht des Wortes 19. September 2020
Samstag der vierundzwanzigsten Woche im Jahreskreis Hl. Januarius, Bischof, Märtyrer P. Thomas Fox LC Lk 8,4-15 In jener Zeit als die Leute aus allen Städten zusammenströmten und sich viele Menschen um ihn versammelten, erzählte er ihnen dieses Gleichnis: Ein Sämann ging aufs Feld, um seinen Samen auszusäen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg; sie wurden zertreten, und die Vögel des Himmels fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an Feuchtigkeit fehlte. Wieder ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen, und die Dornen wuchsen zusammen mit der Saat hoch und erstickten sie. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht. Als Jesus das gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zum Hören, der höre! Seine Jünger fragten ihn, was das Gleichnis bedeute. Da sagte er: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu erkennen. Zu den anderen Menschen aber wird nur in Gleichnissen geredet; denn sie sollen sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen. Das ist der Sinn des Gleichnisses: Der Samen ist das Wort Gottes. Auf den Weg ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort zwar hören, denen es aber der Teufel dann aus dem Herzen reißt, damit sie nicht glauben und nicht gerettet werden. Auf den Felsen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort freudig aufnehmen, wenn sie es hören; aber sie haben keine Wurzeln: Eine Zeit lang glauben sie, doch in der Zeit der Prüfung werden sie abtrünnig. Unter die Dornen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort zwar hören, dann aber weggehen und in den Sorgen, dem Reichtum und den Genüssen des Lebens ersticken, deren Frucht also nicht reift. Auf guten Boden ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen hören, daran festhalten und durch ihre Ausdauer Frucht bringen. Einführendes Gebet: Herr, ich staune über dein großes Herz. Niemanden, aber auch wirklich niemanden schließt du von deiner Liebe aus. Und so streust du unbekümmert überall deinen Samen aus, auf Wegen und Felsen, unter Disteln und Dornen, in den Abgründen der Falten unseres Bewusstseins, wo dein Wort schnell in Vergessenheit geraten kann. Hilf mir, heute gute Erde zu sein – Erde, die dein Wort aufnimmt, es hütet und im Herzen festhält, wo kein Feind mehr hingelangen und es stehlen kann. Bitte: Hilf mir, das scheinbar so flüchtige Wort, das du heute für mich bestimmt hast, bewusst wahrzunehmen und festzuhalten. 1. Die Allmacht des Wortes. Im Gleichnis vom Sämann wird das Wort Gottes mit einem Samen verglichen. Das bedeutet, dass es „lebendig“ ist, Leben in sich trägt. – Wie es im Hebräerbrief heißt: „lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert…“ (4,12-13). Aber Gottes Wort ist mehr als lebendig, es ist sogar allmächtig: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde durch sein bloßes Wort. Er sprach: „Es werde Licht“ und…: „es wurde Licht“ (Gen 1). Gottes Wort ist weiterhin überall dort allmächtig, wo es unter den Menschen ein aufnahmebereites Herz findet: Das sehen wir an Maria, die mit ihrem Jawort zur Menschwerdung bei Gott zur fürbittenden Allmacht geworden ist. Das sehen wir an den Aposteln, die auf Jesu bloßes Wort hin alles stehen und liegen lassen und ihm nachfolgen. Und wir sehen es im Glauben des Hauptmanns, der darauf vertraut, dass sein Diener auf ein bloßes Wort Jesu hin gesund wird: „Herr, sprich nur ein Wort…“ 2. Die Ohnmacht des Wortes. Andererseits ist Gottes Wort in dieser Welt bisweilen auch extrem schwach, – ja ohnmächtig. Das rührt daher, dass es sich in menschliche Worte kleiden und in entsprechende Lebensformen übersetzen muss, damit wir es verstehen. Dadurch wird es flüchtig und angreifbar: Wie viele Worte Jesu verstehen wir nicht, nehmen sie nicht ernst und vergessen sie, obwohl wir sie festhalten und unser Leben davon prägen lassen sollten! Und so ist das Wort ohnmächtig gegenüber unserer Freiheit, wenn wir abgelenkt sind, uns ihm verschließen oder uns nicht entscheiden können, ihm zu folgen. Und… - was sollen wir erst sagen, wenn Mitglieder der Kirche entgegen Christi Ruf und Gnade Unheiliges tun? Wo man sich dem Wort Christi verschrieben hat und dennoch ihm entgegenhandelt, wird es seiner Kraft völlig beraubt. Es wird machtlos, schwach, zu einer Worthülse. Und dabei ist es der alleinige Felsen unserer Existenz! 3. Die Macht des Zeugnisses, des gelebten Wortes. Es gibt deshalb einen Ort, wo die Kirche Christi zur „Kirche des Schweigens“ werden muss und das ist der Kalvarienberg. – Eine Kirche des Schweigens ist eine Kirche, die hinhört und hinschaut auf Christus, auf das, was auf dem Kalvarienberg geschieht. Im ehemaligen Ostblock bildete sich unter dem kommunistischen Regime eine „Kirche des Schweigens“ heraus: eine Kirche von Zeugen, mit bitteren Leidenserfahrungen. Letztlich kann die Kirche nur auf der Grundlage einer solchen Zeugenschaft bestehen. Auch Jesus wurde während seines Leidenswegs immer stiller, bis er am Kreuz schließlich ganz schwieg. Nur so konnte er seinem Wort treu sein, bei uns bleiben und uns „über-zeugen“. Es ging ihm nicht ums „Über-reden“, sondern darum, uns zu „über-zeugen“. Wenn unser Lebenszeugnis mit dem Wort „stimmig“ ist, beweist es tatsächlich seine Macht und trägt Frucht, teils 30fach, teils 60fach, teils 100fach. Gespräch mit Christus: Herr, pflanze dich mit deinem Wort in mein Herz ein. Geh dabei so tief, dass niemand, kein Feind, nicht einmal ich selbst, mich an deinem Wort mehr vergreifen kann. Lass mich dein Wort mit Ehrfurcht hören, es innerlich kosten und fühlen, bis ich ganz und gar nicht mehr darauf verzichten kann, bis es mein Herz zum Brennen bringt und beginnt, überzugreifen und auszustrahlen. Vorsatz: Ich suche mein Lieblingswort im Evangelium oder jenes, an dem ich mich am meisten stoße, und wiederhole es heute so oft ich nur kann und daran denke.
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