Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 4. Februar 2018 bis Samstag 10. Februar 2018

FĂĽnfte Woche im Jahreskreis

Beate Scheilen

Macht Beten erfolgreich?Sonntag
Alle wollen zu Jesus –warum?Montag
Nur ein paar Tropfen WasserDienstag
Maßstab „Lebenswirklichkeit“?Mittwoch
Kontakt mit Heiden ist zu meidenDonnerstag
Respekt geht vor EffektFreitag
„Dein Essen kannst Du vergessen“Samstag


Macht Beten erfolgreich?

4. Februar 2018

FĂĽnfter Sonntag im Jahreskreis
Hl. Hrabanus Maurus, Bischof
Hl. Veronika
Hl. Gilbert

Beate Scheilen

Mk 1,29-39
In jener Zeit ging Jesus zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas. Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen mit Jesus über sie, und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie sorgte für sie. Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus. Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt, und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu reden; denn sie wussten, wer er war. In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten. Simon und seine Begleiter eilten ihm nach, und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich. Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen. Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, ich möchte diese Zeit ganz dir widmen. Ich möchte kein Programm absolvieren, sondern dir alles anvertrauen, was mich momentan beschäftigt.

Bitte: Hilf mir, deine Antwort zu hören und in meinem Alltag umzusetzen.

1. Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Die Schwiegermutter von Petrus (der damals noch einfach „Simon“ hieĂź) ist krank – offenbar schwer krank. Es braucht schon etwas mehr als einen einfachen Infekt, damit eine Hausfrau tagsĂĽber im Bett liegt, statt die Gäste zu bewirten. Was tun Simon und sein Bruder? „Sie sprachen mit Jesus ĂĽber sie“. Und Jesus geht sofort zu ihr und heilt sie. Sie hätten auch den Mund halten können - in der Hoffnung, dass Jesus von selbst nach der Frau fragt, oder um ihn nicht mit ihren Anliegen zu belästigen. Vielleicht wäre sie dann viel länger krank gewesen, oder sogar an dem Fieber gestorben… Spreche ich mit Jesus ĂĽber die Menschen, die mir am Herzen liegen, und ihre Sorgen, Freuden und BedĂĽrfnisse? Bitte ich ihn ganz konkret um seine Hilfe? Oder denke ich eher: Gott weiĂź ja ohnehin alles, er wird den Leuten, die ihn brauchen, auch so helfen? Unser Vater im Himmel freut sich, wenn wir ihn in Jesu Namen um etwas bitten! Er hat uns das Bitten sogar aufgetragen, und wird uns seine Hilfe nicht verweigern.

2. Das Elend ist immer das gleiche. Morgens hat Jesus den Gottesdienst in der Synagoge von Kafarnaum besucht und dabei einen Besessenen geheilt. Das hat sich herumgesprochen. Abends steht „die ganze Stadt“ vor der TĂĽr des Hauses, in dem er zu Gast ist. Viele dieser Kranken hatten vermutlich nicht am Gottesdienst teilnehmen können (auch weil sie durch die Krankheit kultisch unrein waren); nun suchen sie, ohne es zu wissen, Gott in Gestalt von Jesus auf. Kaum hat Jesus angefangen, öffentlich zu wirken, wird er mit dem gesammelten Elend der Menschen konfrontiert. Auch wenn heute in unseren Gegenden die Krankheitsbilder andere sind – im Grunde hat sich die Situation doch nicht verändert: Viele Menschen leiden körperlich und seelisch sehr, und die Medizin kann ihnen nicht helfen. Die Kranken in Kafarnaum sind zu Jesus gegangen. Gut, vermutlich ging es ihnen weniger ums Reich Gottes als um ihre Heilung, und ein wenig Aberglaube mag auch im Spiel gewesen sein. Aber die Hauptsache ist doch: Sie gingen zu Jesus! Einfach so. Ohne intellektuelle Vorbehalte und ohne Furcht, ihm lästig zu fallen. Vielleicht gar kein so schlechtes Vorbild fĂĽr manchen Kranken des 21. Jahrhunderts!

3. Jesus enttäuscht Erwartungen. Am Morgen ist Jesus verschwunden. Es stehen immer noch Mengen von Kranken vor der TĂĽr – aber wo ist Jesus? Ein Suchtrupp zieht los… und findet ihn beim Beten. Anscheinend hat Jesus viel ĂĽbrig fĂĽr Stille und Abgeschiedenheit. Aber wie kann er beten, wo es so viel zu tun gibt? Warum betet er ĂĽberhaupt? Er weiĂź doch, was zu tun ist und hat Erfolg damit – da kann er doch einfach weitermachen! Simon und seine Freunde sind sehr stolz, dass ihr Meister gerade in ihrer Heimatstadt so viel Gutes tut, und möchten das gerne noch etwas länger beibehalten. Wenn Beten erfolgreich machte, wĂĽrden sie Jesus vermutlich sogar erlauben, frĂĽhmorgens zu beten…! Doch Jesus macht ihnen einen Strich durch die Rechnung: Er sucht nicht den Erfolg. Er wird kein Heilungszentrum in Kafarnaum eröffnen, sondern möchte den Ort verlassen und andere Dörfer aufsuchen. „Dazu bin ich gekommen.“ Was er zu tun hat, lässt er sich nicht von Menschen vorgeben, sondern das erfährt er im Gespräch mit seinem Vater. Die Zeit am Morgen gibt ihm die Kraft fĂĽr die Herausforderungen des Tages. Erst die Stille – dann der öffentliche Einsatz.

Gespräch mit Christus: Jesus, fĂĽr das Gespräch mit dem Vater hast du dir immer Zeit genommen. Auch wenn du dafĂĽr sehr frĂĽh aufstehen musstest (oder lange aufbleiben). Ich tue mich noch schwer damit, dem Gebet diese Bedeutung beizumessen. Bitte hilf mir zu erkennen, dass ich diese Zeit unbedingt brauche! Denn wenn ich mir die Orientierung nicht bei dir hole, wird mein Leben nur von meinen eigenen Ideen oder von den WĂĽnschen anderer bestimmt.

Möglicher Vorsatz: Heute werde ich mir ĂĽberlegen, zu welcher Tageszeit ich mein Gespräch mit Gott am besten haben kann und wie lange es dauern soll. Diese Verabredung werde ich mindestens bis zum nächsten Sonntag durchhalten.


Alle wollen zu Jesus – warum?

5. Februar 2018

Gedenktag
Hl. Agatha, Märtyrerin
Hl. Adelheid (Elke) Äbtissin
Hll. Albuin und Ingenuin, Bischöfe

Beate Scheilen

Mk 6,53-56
In jener Zeit fuhren Jesus und seine Jünger auf das Ufer zu, kamen nach Genesaret und legten dort an. Als sie aus dem Boot stiegen, erkannte man ihn sofort. Die Menschen eilten durch die ganze Gegend und brachten die Kranken auf Tragbahren zu ihm, sobald sie hörten, wo er war. Und immer, wenn er in ein Dorf oder eine Stadt oder zu einem Gehöft kam, trug man die Kranken auf die Straße hinaus und bat ihn, er möge sie wenigstens den Saum seines Gewandes berühren lassen. Und alle, die ihn berührten, wurden geheilt.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, ich sehne mich nach Heilung fĂĽr meine körperlichen und seelischen Schwachstellen! Ich möchte eine umfassende Heilung, die mich näher zu dir bringt, nicht nur eine Art „geistliches Dragee“, nach dessen Einnahme ich dich nicht mehr nötig habe.

Bitte: Bitte hilf mir, dich in dieser Gebetszeit wirklich zu berĂĽhren!

1. Jesus hat kaum Zeit fĂĽr sich. â€žMan erkannte ihn sofort“: Woher kennen die Leute Jesus eigentlich – damals gab es doch noch keine Fotos, kein Fernsehen und kein Instagram? Nun, vielleicht waren einige bei der Brotvermehrung dabei gewesen, die kurz vorher stattgefunden hatte. Nun erkennen sie Jesus wieder und das spricht sich herum. Jesus ist jetzt offenbar so populär geworden, dass er nirgendwo mehr hingehen kann, ohne von Menschenmengen belagert zu werden. So wie heutzutage ein berĂĽhmter Sportler oder Filmstar. Habe ich schon mal darĂĽber nachgedacht, was es fĂĽr Jesus bedeutet haben muss, keine oder nur sehr begrenzte „Zeit fĂĽr sich“ zu haben? Abgesehen von den Zeiten des einsamen Gebets ist er immer fĂĽr die Menschen da, die ihn aufsuchen – wo sind die eigentlich, als er gekreuzigt wird? Jetzt laufen sie ihm nach mit ihren verständlichen, aber recht eigennĂĽtzigen WĂĽnschen. Als der Moment kommt, in dem sie IHM hätten helfen können, ist keiner mehr da. Jesus wusste das – und hat sich trotzdem um sie gekĂĽmmert.

2. Heilt Jesus auch heute noch? â€žAlle, die ihn berĂĽhrten, wurden geheilt“. Viele Menschen berĂĽhren Jesus täglich in der heiligen Kommunion – und die allermeisten werden nicht unverzĂĽglich von ihren Krankheiten geheilt. Ist das ein Argument gegen die reale Gegenwart Christi in der Eucharistie? Nein, denn Gott ist frei und er respektiert das MaĂź unseres Glaubens. AuĂźerdem möchte er auch, dass wir uns der natĂĽrlichen Mittel bedienen, die er uns gegeben hat. In unserem Teil der Welt gibt es ein hochentwickeltes Gesundheitswesen – im Palästina des Jahres 30 war das nicht der Fall. Einen Arzt aufzusuchen und Medikamente einzunehmen, wenn ich Beschwerden habe, ist auch ein Gang zu Christus, kein Zeichen mangelnden Gottvertrauens, sondern eine Kooperation mit Gottes Schöpfung, und ich kann dankbar sein, dass mir diese Möglichkeiten zur VerfĂĽgung stehen. Wenn diese Mittel versagen, kann ich neben dem Wunder dieser natĂĽrlichen Möglichkeiten um ein noch größeres Wunder beten.

3. Die Messe ist keine Magie! Stellen wir uns einmal folgendes Szenario vor: Ab Weihnachten 2017 wird jeder, der die hl. Messe besucht und die Kommunion empfängt, umgehend von allen Krankheiten und Beschwerden geheilt, so wie die Leute, die damals Jesus berĂĽhrten. Was wĂĽrde geschehen? Unsere Kirchen wären schlagartig ĂĽberfĂĽllt und die Klagen ĂĽber den dĂĽrftigen Gottesdienstbesuch wären fĂĽr immer vorbei! Wirklich fĂĽr immer? Nein, denn 90 % der Geheilten wĂĽrden vermutlich am folgenden Sonntag schon nicht mehr zur Messe kommen, weil sie keinen Bedarf mehr erkennen wĂĽrden. Ist es das, was Jesus sich wĂĽnscht? Die hl. Messe ist keine Magie! Jesus heilt mich nicht, damit ich mein altes Leben weiterfĂĽhre und ihn dann alsbald vergesse. Heilung hat fĂĽr ihn eine noch viel tiefere Dimension: Sie macht mich nicht (oder nicht nur) zu einem auf natĂĽrlicher Ebene gesunden, sondern zu einem ĂĽbernatĂĽrlich neuen Menschen, dessen Leben auf einer ganz anderen Spur läuft als bisher! Sie ist ein Prozess, in dem der neue Mensch, der nach dem Liebesgebot lebt, sich zunehmend von ihm ergreifen und umgestalten lässt. Die Heilungen waren eher ein Zeichen der Gottesherrschaft, die mit Jesus unter den Menschen anbrach, Beweise seiner Macht und seines göttlichen Ursprungs, aber kein flächendeckendes Phänomen. Und: Besteht das wahre Problem nicht oft darin, dass die tiefe, innere BerĂĽhrung mit Jesus im Glauben ausbleibt?

Gespräch mit Christus: Jesus, ich möchte dir die vielen Menschen bringen, die krank und von Schmerzen gepeinigt sind und an ihrer Lage fast verzweifeln. Hilf ihnen, den Blick von sich auf dich zu richten. Lass sie spĂĽren, dass sie nicht alleine sind und dass sie dir vertrauen können.

Möglicher Vorsatz: Ich werde heute fĂĽr einen kranken Menschen beten und/oder einen Kranken besuchen.


Nur ein paar Tropfen Wasser

6. Februar 2018

Gedenktag
Hll. Paul Miki und Gefährten, Märtyrer
Hl. Dorothea, Märtyrerin

Beate Scheilen

Mk 7,1-13
In jener Zeit hielten sich die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, bei Jesus auf. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen. Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen? Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir. Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. Und weiter sagte Jesus: Sehr geschickt setzt ihr Gottes Gebot außer Kraft und haltet euch an eure eigene Überlieferung. Mose hat zum Beispiel gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter! und: Wer Vater oder Mutter verflucht, soll mit dem Tod bestraft werden. Ihr aber lehrt: Es ist erlaubt, dass einer zu seinem Vater oder seiner Mutter sagt: Was ich dir schulde, ist Korbán, das heißt: eine Opfergabe. Damit hindert ihr ihn daran, noch etwas für Vater oder Mutter zu tun. So setzt ihr durch eure eigene Überlieferung Gottes Wort außer Kraft. Und ähnlich handelt ihr in vielen Fällen.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, es gibt einfachere Stellen im Evangelium als diese. Aber ich möchte mich trotzdem daran wagen, sie mit dir zusammen zu betrachten. Bitte schicke mir deinen Heiligen Geist fĂĽr diese Gebetszeit.

Bitte: Herr, bitte zeige mir, was diese Schriftstelle fĂĽr mich persönlich bedeutet und bewahre mich vor vorschnellem Urteilen.

1. Vor dem Essen, Händewaschen nicht vergessen. Wir lernen schon als kleine Kinder, dass man sich die Hände waschen soll, wenn man dreckig vom Spielplatz kommt, wegen der Keime. Warum also dieser Aufstand um Selbstverständlichkeiten?- Bestimmt sind die Schriftgelehrten nicht extra aus Jerusalem angereist, um Jesus und seinen JĂĽngern eine Hygieneschulung zu geben. Das Waschen war eine kultische Handlung, die den Betreffenden rein machte – im Gegensatz zu den unreinen Heiden, von denen es inzwischen in Palästina und Umgebung ziemlich viele gab, zum Ă„rger der gesetzestreuen Juden. Sie wollten das auserwählte Gottesvolk so weit wie möglich von den Heiden abgrenzen. Dies geschah u.a. durch die Befolgung von Vorschriften, die „die Alten“ (sozusagen die „Kirchenväter“ des Judentums) als Interpretation der mosaischen Gesetze erstellt hatten. Wenn Jesus beansprucht, der Gesandte Gottes zu sein, mĂĽssten er und seine JĂĽnger sich eigentlich an diese Vorgaben halten. Tun sie aber nicht. Was bedeutet das? Die Lage ist ernst, es geht um zwei Fragen: 1. Spricht Jesus mit göttlicher Vollmacht? 2. Welchen Stellenwert hat die Tradition? Ist Gott an sie gebunden? - Viele fĂĽgen heutzutage noch eine dritte Frage an: Sind Rituale sinnvoll und gottgewollt? Kann ein Mensch durch ein paar Tropfen Wasser eine ĂĽbernatĂĽrliche Wirkung erzielen? Oder ist das alles ein Irrtum, und der wahre Glaube ist rein geistlicher Natur?

2. Lippenbekenntnisse. Jesus versucht gar nicht erst, um Verständnis zu werben oder sich gar zu entschuldigen („Wir sind ständig unterwegs, da klappt das mit dem Waschen nicht so gut.“). Im Gegenteil: Er scheut sich nicht, die Frager als „Heuchler“ zu betiteln, die sich nach auĂźen hin den Anschein geben, Gottes Gebote zu erfĂĽllen, in Wirklichkeit aber nach ihren eigenen WĂĽnschen handeln. Sie befleiĂźigen sich also der berĂĽhmten „Lippenbekenntnisse“, bei denen das Herz (im Judentum ist es der Sitz des Verstandes und des ĂĽberlegten Handelns) weit weg von Gott ist. Er bringt auch gleich ein prägnantes Beispiel vor: Das Korban-GelĂĽbde. Wenn ich mein Geld dem Tempel als Opfergabe verspreche, brauche ich es nicht fĂĽr die Versorgung meiner Eltern auszugeben. In einer Zeit ohne staatliche Sozialhilfe konnte das fĂĽr die Eltern den Sturz ins Elend bedeuten. AuĂźerdem war der Sohn (oder die Tochter) gar nicht verpflichtet, das Geld wirklich im Tempel abzuliefern, sondern konnte es weiterhin fĂĽr eigene Zwecke verwenden. Jeder Tempelbedienstete, der so ein GelĂĽbde entgegennahm, leistete Beihilfe zu einer Ungerechtigkeit, die das vierte Gebot „Ehre deinen Vater und deine Mutter“ in krasser Weise verletzte. Parallelen zur Gegenwart sind nicht von der Hand zu weisen („Ich hab mein Geld so angelegt, dass das Sozialamt nicht dran kommt – ich zahl doch nicht fĂĽr meine Eltern!“).

3. Leben ohne Tricks und Täuschung. Man kann sich leicht vorstellen, dass die Fragesteller nicht gerade von Sympathie fĂĽr Jesus erfĂĽllt nach Hause zurĂĽckkehrten. Wenn er wirklich ein Mann Gottes war, dann hatte er ihnen gerade vor Augen gefĂĽhrt, dass sie selber keine guten Gottesdiener waren. AuĂźerdem hatte Jesus sich geweigert, sich den „Überlieferungen der Alten“ zu beugen, da sie nur Satzungen von Menschen seien. Im Konflikt zwischen Jesus und den jĂĽdischen Autoritäten beginnt es zu brodeln…Wie beantworten wir nun die obigen Fragen? Jesus sagt nirgendwo, dass alle Gesetze und Traditionen Unsinn sind und aufgegeben werden sollen. Im Gegenteil: Er ist gekommen, um das Gesetz zu erfĂĽllen - „auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist“ (Mt 5,18). Nicht das Gebot soll verschwinden, sondern seine trickreiche Umgehung und die Täuschung, die damit verbunden ist. Die 10 Gebote sind von Gott und daher gut – nur unsere Herzenshärte sorgt dafĂĽr, dass wir meinen, sie wĂĽrden uns womöglich ĂĽberfordern.Ach ja, da war noch Frage drei: Haben von der Kirche sanktionierte Rituale nun eine Wirkung oder nicht? Darauf kann man als Katholik eigentlich nur eine Antwort geben… Sicher muss man das im Rahmen der ganzen Eucharistiefeier sehen, die ein einziger zusammenhängender Ritus ist - aber was tut der Priester in der Messe, vor der Wandlung der Gaben? Er wäscht sich die Hände - warum wohl? Kleiner Hinweis: Es geht nicht um die Keime…

Gespräch mit Christus: Jesus, ich danke dir fĂĽr diese Gebetszeit. Du lässt mich immer wieder erkennen, wie groĂź der Unterschied zwischen Herzens- und Buchstabenfrömmigkeit ist. Bewahre mich davor, mich nur an den Wortlaut bestimmter Gebote zu halten, ohne dass mein Herz von deiner Liebe berĂĽhrt wird.

Möglicher Vorsatz: Ich werde mir heute zehn Minuten Zeit nehmen, um darĂĽber nachzudenken, wo mein geistliches Leben ein Handeln „nach dem Buchstaben“ ist. Dann werde ich Gott um die Kraft bitten, mich in diesem Punkt zu ändern.


Maßstab „Lebenswirklichkeit“?

7. Februar 2018

Mittwoch der fĂĽnften Woche im Jahreskreis
Hl. Richard von England
Hl. Francesco Antonio Postillo OFMAlc

Beate Scheilen

Mk 7,14-23
In jener Zeit rief Jesus die Leute zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage: Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Er verließ die Menge und ging in ein Haus. Da fragten ihn seine Jünger nach dem Sinn dieses rätselhaften Wortes. Er antwortete ihnen: Begreift auch ihr nicht? Seht ihr nicht ein, dass das, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann? Denn es gelangt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden. Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein. Weiter sagte er: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, viele deiner Worte waren fĂĽr deine Zeitgenossen schwierig zu verstehen. Hilf mir, die Wahrheit zu erkennen, die du mir in dieser Gebetszeit zeigen willst.

Bitte: Herr, hilf mir, nicht nur äuĂźerlich religiöse Pflichten zu erfĂĽllen, sondern mein Inneres von dir umwandeln zu lassen!

1. Ist der Mensch, was er isst? Kaum hat Jesus die Interpretationen der Thora - die „Überlieferungen der Alten“ - als Menschensatzung abgetan, geht er noch einen Schritt weiter. Er erklärt auch eine Aussage, die direkt aus der Thora selbst kommt, fĂĽr irrelevant. Im 3. Buch Mose (Lev 11) lesen wir, dass bestimmte Tiere unrein und als Nahrung fĂĽr gläubige Juden nicht zulässig sind. Im Gegensatz dazu erklärt Jesus: Nichts was von auĂźen kommt, kann den Menschen unrein machen, also sind alle Speisen rein. Diese Aussage macht er allerdings nicht gegenĂĽber den Pharisäern und Schriftgelehrten, sondern vor den Menschen, die ernsthaft und ohne Vorurteile daran interessiert waren, seine Lehre zu hören. Er ruft „die Leute“ zu diesem Zweck sogar eigens zu sich: „Hört mir alle zu und begreift, was ich sage“ – es handelt sich hier um eine wichtige Erklärung, die Jesu Gegnern verschlossen bleibt! Jesus lehrt, dass fĂĽr dieses neue Leben zwei Dinge wichtig sind: 1. Freiheit von äuĂźeren Vorschriften, 2. Neuordnung des inneren Menschen. Der Mensch ist nicht, was er isst, sondern er ist das, was in seinem Herzen vor sich geht, wenn er sich damit identifiziert. Dies erklärt er zunächst allgemein „der Menge“ und danach noch einmal „im Haus“ seinen JĂĽngern, in vertiefter Form; jeder Gruppe also entsprechend ihrem Auffassungsvermögen. Was hier nicht gesagt wird, sich aber aus den Evangelien allgemein erschlieĂźt: Diese Neuordnung ist nur in der Nachfolge Jesu möglich. Aus sich allein heraus wird der Mensch mit dem Bösen in sich nicht fertig.

2. Falsches Wunschdenken. Viele Bibelinterpreten, vor allem in der Zeit der Aufklärung, haben diese Schriftstelle so gedeutet, dass Jesus damit die Thora und alle Gebote abgeschafft und allein die Liebe zum MaĂźstab erhoben habe. Endlich Schluss mit dem Aberglauben – von jetzt ab lebt jeder, wie er will! Das ist aber ein Wunschdenken und nicht das, was Jesus gesagt hat! Die wahre Freiheit gibt es nicht losgelöst von dem, der sie uns verschafft hat. Die Erfahrung zeigt, dass ein falsches Verständnis von Freiheit genau das zum Ergebnis hat, was Jesus unter dem Stichwort „böse Gedanken“ aufzählt. Frei sein wollen ohne Gehorsam gegen Gott setzt den Menschen ungeschĂĽtzt den bösen Kräften aus, die in seinem Herzen ihr Spiel treiben. Nein, es geht nicht um „Freiheit von“, sondern um „Freiheit zu“: zum Leben des neuen Menschen im Reich Gottes!

3. DĂĽrfen wir, was Jesus durfte? Stellen wir uns vor, Jesus sei nicht Gott, sondern nur ein Mensch, der Vorschriften abschafft, die ihm sinnlos erscheinen – was hindert uns dann, das gleiche zu tun? Dann dĂĽrften auch wir grundsätzlich alle Vorgaben beiseite fegen, die unserer Lebenswirklichkeit angeblich nicht entsprechen, denn „das hat Jesus ja auch so gemacht!“Aber als Jesus alle Speisen fĂĽr rein erklärte, war das nicht die Rebellion eines Menschen gegen Gottes Gebote, sondern Gott selbst hob eine Vorschrift auf und ersetzte sie durch etwas Neues. Genauso wie er das alttestamentliche „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ersetzt hat durch „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die linke hin.“ Gott erzieht seine Menschen Schritt fĂĽr Schritt. Nur wer die Bibel sehr oberflächlich liest, kann auf die Idee kommen, hier werde zur Beliebigkeit aufgerufen. In Wirklichkeit werden die Anforderungen nämlich nicht geringer, sondern höher! Ă„uĂźere Vorschriften bezĂĽglich Kleidung, Essen etc. kann man noch problemlos halten und sich damit als vorbildlich gläubigen Menschen ausweisen – das universale Gebot der Nächstenliebe - das es so nur im Christentum gibt - hält niemand vollkommen ein. Und damit hat auch niemand einen Grund, sich fĂĽr besser zu halten als seine Mitmenschen oder sich von ihnen abzusondern. Christen sollen besonders „sein“, nicht besonders aussehen oder essen!

Gespräch mit Christus: Herr, du warst vor zweitausend Jahren als Mensch auf dieser Erde und hast unter Bedingungen gelebt, die uns heute sehr fremd vorkommen. Trotzdem haben deine Worte GĂĽltigkeit fĂĽr jeden von uns. Aber ich sehe die Gefahr, dass wir heute einfach die WĂĽnsche und Vorstellungen unserer Gegenwartskultur in deine Aussagen hineindeuten. Bewahre mich davor! Hilf mir, neue Wege zu finden, den Sinn deiner Worte den Menschen meiner Zeit zu vermitteln.

Möglicher Vorsatz: Ich werde diese Woche versuchen, ein schwieriges Thema (z.B. Abtreibung, Euthanasie, Ehe fĂĽr alle, Zölibat…) in Worte zu fassen, die auch kirchlich nicht sozialisierte Menschen verstehen können oder mich wenigstens gut darĂĽber informieren.


Kontakt mit Heiden ist zu meiden

8. Februar 2018

Donnerstag der fĂĽnften Woche im Jahreskreis
Hl. Milada, Äbtissin
Hl. Hieronymus Ämiliani CRS
Hl. Josefine Bakhita FdCC

Beate Scheilen

Mk 7,24-30
In jener Zeit brach Jesus auf und zog von dort in das Gebiet von Tyrus. Er ging in ein Haus, wollte aber, dass niemand davon erfuhr; doch es konnte nicht verborgen bleiben. Eine Frau, deren Tochter von einem unreinen Geist besessen war, hörte von ihm; sie kam sogleich herbei und fiel ihm zu Füßen. Die Frau, von Geburt Syrophönizierin, war eine Heidin. Sie bat ihn, aus ihrer Tochter den Dämon auszutreiben. Da sagte er zu ihr: Lasst zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. Sie erwiderte ihm: Ja, du hast Recht, Herr! Aber auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen. Er antwortete ihr: Weil du das gesagt hast, sage ich dir: Geh nach Hause, der Dämon hat deine Tochter verlassen. Und als sie nach Hause kam, fand sie das Kind auf dem Bett liegen und sah, dass der Dämon es verlassen hatte.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, ich bin gespannt, was du aus dieser Gebetszeit machen wirst! Der Text kommt mir sehr befremdlich vor. Es geht um Heiden, Dämonen und handfeste Beleidigungen. Ich weiĂź, dass die Schrift um unseres Heils willen verfasst wurde – aber was soll in dieser Szene fĂĽr das Heil eines Menschen im Jahr 2017 zu holen sein?

Bitte: Jesus, bitte zeige mir die tiefere Bedeutung dieser Begebenheit.

1. Ein besonderer Ausflug. Jesus verlässt Galiläa und begibt sich nach Tyrus. Was sich fĂĽr uns anhört wie „Ich fahr mal eben von Duisburg nach Oberhausen“ ist nicht nur ein besonderer Ausflug, sondern geradezu skandalös: Der Messias der Juden begibt sich ins Land der Heiden! Warum? Nach den Auseinandersetzungen mit den Pharisäern ist es in seiner Heimat fĂĽr Jesus gefährlich geworden. Er möchte wohl fĂĽr eine gewisse Zeit untertauchen. Die phönizische Stadt Tyrus galt damals als der Inbegriff des Heidentums. Hier war er vor seinen Gegnern sicher, denn diese frommen Leute hätten keinen FuĂź in so eine Stadt gesetzt. Wir erinnern uns: der Kontakt mit Heiden macht Juden unrein und ist zu meiden. Jesus scheint ĂĽber solchen Gedanken zu stehen. Allerdings möchte er nicht, dass jemand von seiner Anwesenheit erfährt – d.h. er predigt dort nicht. Auch wenn Jesus keine BerĂĽhrungsängste gegenĂĽber Nichtjuden hat, ist und bleibt vorerst nur das auserwählte Volk die Zielgruppe seiner Botschaft. Daran hält er fest.

2. Warum so unfreundlich? Jesus hat leider Pech: Irgendjemand hat ihn auch hier erkannt, und nun steht schon die erste hilfesuchende Person vor ihm. Eine Frau, von der ausdrĂĽcklich gesagt wird, dass sie Heidin ist, hat von ihm gehört und sucht bei ihm Rettung fĂĽr ihre von einem Dämon besessene Tochter. Dass Jesus Jude ist und sich in Tyrus eigentlich gar nicht als Heiler betätigen möchte, stört sie nicht – von solchen Nebensächlichkeiten lässt eine Mutter sich nicht abhalten! Doch Jesus behandelt sie auĂźergewöhnlich grob: Er vergleicht sie mit einem Hund, der den Kindern das Essen wegschnappen möchte. So als ob er sagen wolle „Ihr habt kein Anrecht auf mich und meine Fähigkeiten, denn ihr seid nicht Gottes Kinder!“ Erstaunlicherweise gibt die Frau das sogar zu! Aber statt „wie ein geprĂĽgelter Hund“ abzuziehen, kontert sie mit einem passenden Vergleich: Zumindest ein KrĂĽmchen von dem, was Jesus den „Kindern“ gibt, könne er ihr doch hinwerfen…Und siehe da: Jesus lässt sich darauf ein! Er versichert der Frau, aufgrund dieser Aussage (und nur deswegen!) sei ihre Tochter von dem Dämon befreit.

3. Zähes Verhandeln hilft. Seien wir ehrlich: Politisch korrekt kommt uns die Anrede nicht vor, die Jesus der Bittstellerin entgegenwirft! Auch dass er den Heiden nicht die frohe Botschaft verkĂĽndigen möchte, ist seltsam. Alle Menschen sind doch nach Gottes Abbild geschaffen, oder etwa nicht? Aber wenn wir so denken, haben wir wieder einmal unsere MaĂźstäbe auf eine Situation angewendet, die wir uns in dieser Form gar nicht mehr vorstellen können… wirklich nicht? Wer sich darĂĽber erhaben dĂĽnkt, den erinnere ich an die noch gar nicht so weit zurĂĽckliegende Zeit, als es fĂĽr Katholiken ein Ding der Unmöglichkeit war, eine evangelische Kirche zu betreten oder gar einen Gottesdienst dort zu besuchen. Regen wir uns also nicht auf ĂĽber die damaligen Verhältnisse, und betrachten wir lieber, wie klug die Mutter sich Jesus gegenĂĽber verhält. Ihm zu widersprechen, wäre unvernĂĽnftig: Er ist ein Mann und noch dazu ein berĂĽhmter Lehrer und Heiler. AuĂźerdem ist Jesus Gott - aber das ist ihr natĂĽrlich nicht bekannt, auch wenn sie ihn mit „Herr“ anredet. Aber es fällt ihr auch nicht ein, klein beizugeben. So wie Abraham dereinst mit Gott ĂĽber das Schicksal von Sodom und Gomorrha verhandelte, verhandelt diese Heidin jetzt mit Jesus ĂĽber das Schicksal ihrer Tochter: Ok, du bist der Herr am Tisch. Aber dann gib uns wenigstens die Reste ab! – Eigentlich hat Jesus nach dieser Rede kein Argument mehr, um ihr nicht zu helfen. Und er ist offenbar so beeindruckt von der zähen Beharrlichkeit dieser Mutter, dass er seine Haltung ändert und das Kind heilt. Aus der Ferne allerdings, genau wie später den Diener des römischen Hauptmanns. Heiden sind fern von Gott, wollen die Evangelisten uns damit sagen – aber trotzdem kann sein Heil sie erreichen.

Gespräch mit Christus: Jesus, ich danke dir, dass du auch durch einen solchen Text zu mir sprichst und mir Hilfen fĂĽr mein Leben gibst! Es ist berĂĽhrend zu sehen, dass auch du deine Pläne zu ändern bereit bist, wenn dir jemand sein Herzensanliegen eindringlich (und auch ein bisschen gewitzt) vorträgt.

Möglicher Vorsatz: Ich werde ĂĽber einen Wunsch, den Gott mir bisher nicht erfĂĽllt hat, noch einmal mit ihm sprechen.


Respekt geht vor Effekt

9. Februar 2018

Freitag der fĂĽnften Woche im Jahreskreis
Hl. Apollonia, Märtyrerin
Hl. Anna Katharina Emmerick, Mystikerin
Hl. Sabinius,
Hl. Julian von Speyer

Beate Scheilen

Mk 7,31-37
In jener Zeit verließ Jesus das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

EinfĂĽhrendes Gebet: Herr, auch ich möchte jetzt abseits vom Lärm des Alltags mit dir sprechen. Nimm mich weg von den Aktivitäten, die mich von dir ablenken. Lass mich wertschätzen, was du jetzt fĂĽr mich tun möchtest.

Bitte: Jesus, öffne meine Ohren und meinen Mund fĂĽr deine Botschaft!

1. Herr der Welt – und trotzdem heimatlos. Jesus geht wieder zurĂĽck nach Galiläa, wählt aber den Weg durch heidnisches Gebiet – verständlich fĂĽr jemanden, der auf jĂĽdischem Boden Ă„rger zu befĂĽrchten hat. Obwohl Jesus als Gott der Herr der Welt ist, hat er als Mensch kein Zuhause, und muss noch Umwege machen, um nicht verhaftet zu werden! Und auch hier kommt er nicht unerkannt durch: Die Leute bringen einen Mann zu ihm, der taub und sprachbehindert ist und bitten Jesus darum, dass er ihn durch Handauflegung heilt. Wie wir bei der gestrigen Lesung gesehen haben, war bei Jesus der direkte körperliche Kontakt zum Kranken kein Muss. Hier steht der Kranke jedoch direkt vor ihm. Was wird Jesus tun?Diesmal verwehrt er sich dem Wunsch nicht – vielleicht hat das Erlebnis mit der Frau aus Tyrus ihn umgestimmt. Aber entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten heilt Jesus den Mann nicht inmitten der Menge, sondern nimmt ihn beiseite. Er will ihn nicht ĂĽberrumpeln, sondern ihm vermitteln, was er tun möchte. DarĂĽber reden kann er mit ihm nicht, denn der Mann hört ja nichts und sprechen kann er auch nicht. Aber fĂĽhlen und sehen kann er! Also greift Jesus zu mehreren Zeichen, die dem Kranken eindeutig signalisieren, dass jetzt etwas Besonderes geschehen wird: Er steckt ihm die Finger in die noch verschlossenen Ohren, berĂĽhrt seine Zunge mit Speichel (fĂĽr uns eher befremdlich, aber damals galt der Speichel als Heilmittel) und baut durch den Blick zum Himmel eine sichtbare Verbindung zu Gott auf. Sein Seufzen trägt das ganze Leid des Kranken vor Gott. Und erst dann spricht Jesus das eigentliche Heilungswort: „Effata! – Ă–ffne dich!“

2. Wer ist dieser Mann? Sofort kann der Mann hören und richtig reden. Staunen rundherum. Wer ist dieser Mann, der die Tauben zum Hören und die Stummen zum Sprechen bringt? Im Gegensatz zu der heidnischen Volksmenge, die sich einfach nur wundert, kennen die jĂĽdischen Begleiter Jesu die Stelle aus Jesaja (Jes 35,4-6), wo die Heilung von Tauben, Stummen und Blinden bedeutet, dass jetzt Gott selbst kommt und Israel rettet. Der Name „Jesus“ bedeutet „Gott rettet“. Wer die Heiligen Schriften kannte, brauchte also nur zwei und zwei zusammen zu zählen, um sich darĂĽber klar zu werden, wer Jesus ist. Jedoch: Jesus selbst ist ganz und gar nicht daran gelegen, dass das Geheimnis um seine Person jetzt schon bekannt wird. Die Verfolgung könnte sich dann verschärfen und ihn noch mehr als bisher in seiner Tätigkeit einschränken oder gar seinen Tod herbeifĂĽhren. Ihm ist klar, dass er mehr Zeit braucht, um seine Botschaft zu verkĂĽnden. Darum verbietet er den Leuten, von der Sache zu erzählen. Leider vergeblich – sie tun genau das Gegenteil!

3. Wie rede ich ĂĽber Jesus? Wer ist Jesus fĂĽr mich? Ist mir klar, wer er ist – welche Autorität er hat? Und dass er gleichzeitig derjenige ist, der alles riskiert, um jemandem zu helfen, der ihn nötig hat? ĂśbernatĂĽrlich gesehen, sind wir alle von Geburt an taub, stumm und blind. Wir brauchen Jesus dringend! Er hat uns durch Taufe und Firmung die Augen aufgetan fĂĽr das Reich Gottes, hat uns die Ohren fĂĽr den Heiligen Geist geöffnet und uns die Sprache gegeben, mit der wir anderen das Evangelium bringen können. Er heilt auch weiterhin durch die Sakramente. Und er hat es verdient, dass wir mit diesen Geschenken angemessen umgehen. Begreife ich, welches Geheimnis dahinter steht und wie viel es Gott gekostet hat, uns zu erlösen? Es liegt auch an mir, wie andere Menschen Gott wahrnehmen! Bin ich mir der Wirkung meiner Worte bewusst? Stehe ich mutig fĂĽr das Evangelium ein, ziehe ich mich zurĂĽck oder provoziere ich womöglich feindselige Reaktionen?

Gespräch mit Christus: Herr, du hast nie dich selbst in den Vordergrund gestellt, sondern immer RĂĽcksicht genommen auf die Menschen, die dich brauchten. Um ihretwillen hast du Gefahren und Verfolgung auf dich genommen – aber du hast die Gefahr auch nie bewusst gesucht oder provoziert. Lass mich von dir lernen, wie ich als Christ in der Welt mit Angriffen und schwierigen Situationen umgehen kann.

Möglicher Vorsatz:  Wenn ich das nächste Mal ein Gespräch mit einem Menschen fĂĽhre, der dem Glauben ablehnend gegenĂĽbersteht, werde ich mein Handeln und Reden an der Klugheit Jesu orientieren.


Dein Essen kannst Du vergessen

10. Februar 2018

Gedenktag
Hl. Scholastika OSB, Äbtissin
Hl. Wilhelm der GroĂźe,
Hl. Bruno von Minden

Beate Scheilen

Mk 8,1-10
In jenen Tagen waren wieder einmal viele Menschen um Jesus versammelt. Da sie nichts zu essen hatten, rief er die Jünger zu sich und sagte: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Wenn ich sie hungrig nach Hause schicke, werden sie unterwegs zusammenbrechen; denn einige von ihnen sind von weither gekommen. Seine Jünger antworteten ihm: Woher soll man in dieser unbewohnten Gegend Brot bekommen, um sie alle satt zu machen? Er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben. Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen. Dann nahm er die sieben Brote, sprach das Dankgebet, brach die Brote und gab sie seinen Jüngern zum Verteilen; und die Jünger teilten sie an die Leute aus. Sie hatten auch noch ein paar Fische bei sich. Jesus segnete sie und ließ auch sie austeilen. Die Leute aßen und wurden satt. Dann sammelte man die übrig gebliebenen Brotstücke ein, sieben Körbe voll. Es waren etwa viertausend Menschen beisammen. Danach schickte er sie nach Hause. Gleich darauf stieg er mit seinen Jüngern ins Boot und fuhr in das Gebiet von Dalmanuta.

EinfĂĽhrendes Gebet: Jesus, du hast den Menschen vom Reich Gottes gepredigt, aber du hast auch ihre leiblichen BedĂĽrfnisse nicht vergessen. FrĂĽher haben viele Menschen den Glauben vergeistlicht. Heute denken viele, Christsein bestehe nur in sozialen Aktivitäten. Ich möchte mit deiner Hilfe beide Aspekte in mein Handeln einbeziehen.

Bitte: Herr, bitte hilf mir, alle Nöte meiner Mitmenschen zu erkennen!

1. Wer ist fĂĽrs Essen zuständig? Es scheint öfter vorzukommen, dass Menschen sich bei Jesus versammeln und darĂĽber sogar das Essen vergessen. Kurz vorher (Mk 6, 30-44) gab es nämlich eine Situation, die der hier geschilderten sehr ähnlich war: Tausende von Menschen, ein abgelegener Ort, nichts zu essen, kein Geschäft in der Nähe. Mit ein paar Broten und Fischen macht Jesus alle satt. Aber läuft in beiden Situationen wirklich alles gleich ab? Schauen wir uns die Szenen an: Beim ersten Mal kommen die JĂĽnger zu Jesus und bitten ihn, die Leute weg zu schicken, damit sie sich etwas zu essen kaufen können. Er antwortet: „Gebt ihr ihnen zu essen“, und schickt sie den Stand ihrer Vorräte prĂĽfen. Beim zweiten Mal läuft es anders. Die JĂĽnger sagen von sich aus erst einmal gar nichts. Jesus selbst ruft sie zu sich und „denkt laut nach“. Was wĂĽrde passieren, wenn er die Leute jetzt nach Hause schickte? Manche wĂĽrden den RĂĽckweg nicht schaffen. Die Menschen tun ihm leid, denn sie sind ja seinetwegen in dieser Lage.

2. Der Mensch lebt nicht vom Wort allein… Die JĂĽnger verhalten sich anders als beim vorigen Mal. Kein „Schick sie weg“, sondern immerhin die Ăśberlegung „Wo sollen wir hier Brot fĂĽr alle herbekommen?“ Das sollte ihnen eigentlich klar sein, nach dem, was sie vor kurzem erlebt haben. Und wieder fragt Jesus nach ihren Vorräten. Diesmal haben sie die Antwort sofort parat. Ab jetzt gleichen sich die Berichte: Jesus nimmt die Brote und Fische der JĂĽnger, dankt seinem Vater fĂĽr diese Gaben, gibt sie den JĂĽngern zum Verteilen – und alle werden satt. Es scheint, dass die JĂĽnger – zwar langsam, aber immerhin – aus ihren Erfahrungen mit Jesus lernen. Anfangs sehen sie sich ĂĽberhaupt nicht als zuständig dafĂĽr an, den zahlreichen Menschen, die Jesus folgen, auĂźer geistlicher Kost auch leibliche Speise zu reichen. Sie mĂĽssen schockiert gewesen sein, als Jesus sie aufforderte, ihren Proviant zur VerfĂĽgung zu stellen. Nach menschlichem Ermessen war das Unsinn, denn es reichte fĂĽr keinen aus. Es sieht so aus, als ob fĂĽr Jesus der Mensch zwar nicht nur vom Brot allein, aber auch nicht nur vom Wort allein lebt. Beides gehört zusammen. Wir sind Menschen, keine Engel – und Menschen brauchen leibliche Dinge: Essen, Trinken, Schlaf…

3. Leben heiĂźt Lernen. Beim zweiten Mal sind sie in der GroĂźzĂĽgigkeit einen Schritt voran gekommen. Sie verlangen immerhin nicht mehr, dass Jesus die Leute wegschickt (oder zumindest kommt Jesus ihnen zuvor). Aber wieder sind sie ratlos: „Wo soll man hier Brot herbekommen?“ Waren die JĂĽnger so begriffsstutzig, dass sie das erste Erlebnis schon vergessen hatten? Ist ihre Frage echt, oder wollen sie Jesus auf diese Weise zu einem zweiten Brotwunder motivieren? Wie auch immer: Auf jeden Fall haben wir hier ein gutes Beispiel dafĂĽr, wie Jesus mit seinen Nachfolgern - also mit uns - umgeht, und wie sie darauf reagieren. Jesus möchte, dass wir nach und nach lernen, wie er zu denken und zu handeln. Bestimmt fragt er sich oft, warum wir uns nach allen Erfahrungen mit ihm und nach aller Hilfe, die wir bekommen haben, immer noch Sorgen machen. Und warum wir so lange brauchen, um zu begreifen, dass auch wir am Zug sind, wenn es darum geht, anderen Menschen zu helfen. Aber die gute Nachricht ist: Jesus hat viel Geduld mit uns. Er freut sich ĂĽber jeden kleinen Schritt in seine Richtung.

Gespräch mit Christus: Jesus, deine JĂĽnger waren drei Jahre lang immer in deiner Nähe und haben viel von dir lernen können. Oft hat es aber auch lange gedauert, bis sie verstanden haben, was du von ihnen erwartest. Bitte hole mich in deine Nähe, damit ich werden kann wie du – habe aber auch Geduld mit mir!

Möglicher Vorsatz: Ich möchte heute einem Menschen mit einem leiblichen Werk der Barmherzigkeit helfen.