Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 13. August 2017 bis 19. August 2017

Neunzehnte Woche im Jahreskreis

Angelika Knauf

Herrlichkeit, die rettetSonntag
Herr aller Mächte und GewaltenMontag
Juble über Maria, die Mutter der Kirche!Dienstag
Die Wunden der Seele sehenMittwoch
Vergebung sprengt die Ketten des UnheilsDonnerstag
Einander vom Wesen her zugeordnetFreitag
Zum Kind heranwachsenSamstag


Herrlichkeit, die rettet

13. August 2017

Neuzehnter Sonntag im Jahreskreis

Angelika Knauf

Mt 14,22-33
Nachdem Jesus die Menge gespeist hatte, forderte er die Jünger auf, ins Boot zu steigen und an das andere Ufer vorauszufahren. Inzwischen wollte er die Leute nach Hause schicken. Nachdem er sie weggeschickt hatte, stieg er auf einen Berg, um in der Einsamkeit zu beten. Spät am Abend war er immer noch allein auf dem Berg. Das Boot aber war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. In der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen; er ging auf dem See. Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst, und sie schrien vor Angst. Doch Jesus begann mit ihnen zu reden und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht! Darauf erwiderte ihm Petrus: Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme. Jesus sagte: Komm! Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu. Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: Herr, rette mich! Jesus streckte sofort die Hand aus, ergriff ihn und sagte zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. Die Jünger im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn.

Einführendes Gebet: Jesus, ich bete deine Gottheit an! Ich will mich an deiner Herrlichkeit freuen und deine Ehre bezeugen.

Bitte: Lass mich dich erkennen, wenn du mir auf unvorhergesehene Weise entgegentrittst, und gib mir das Vertrauen, auch auf scheinbar unsicheren Wegen auf dich zuzugehen.

1. Gottes Nähe suchen. Jesus hätte nach der Speisung der 5000 den Zuspruch der Menge genießen können. Doch er ist gekommen, den Vater zu verherrlichen. So schickt er alle fort, um wieder bei seinem Vater zu sein, sich von ihm erfüllen zu lassen und sich ganz in seinen Willen zu fügen. Was der Vater für Jesus ist, sollte Jesus für uns sein: Quelle und Ziel! Wenn wir Jesus dienen möchten, muss unser Dienst von ihm ausgehen, von der Nähe zu ihm und von seinem Willen. Unser Dienst muss auch immer wieder zu ihm hinführen. Das gilt für uns selbst und auch für jene, denen wir in Jesu Namen dienen. Immer müssen sie in uns Jesus erkennen können, denn nur die Begegnung mit ihm heilt. Nähren wir uns von Jesus in der Eucharistie, in seinem Wort, im stillen, vertrauten Gebet.

2. Es ist der Herr! Die Jünger sind weit entfernt von Jesus und mühen sich ohne ihn erfolglos ab. Jesus sieht es, steigt herab und kommt ihnen aus seinem unmittelbaren Sein beim Vater heraus zu Hilfe. Doch in welch herrlicher Souveränität des Sohnes Gottes tut er das! Er vollbringt, was er als Herr der Schöpfung vermag, ohne viel Aufhebens, ohne sich zu entschuldigen. Die Jünger erschrecken vielleicht nicht nur vor dem ungewohnten Anblick eines Menschen, der über das Wasser gehen kann. Sie erschrecken auch vor der Selbstverständlichkeit, mit der Jesus das tut. Manchmal richtet Jesus auch in unserem Leben deutlich seine Herrschaft auf. Vergessen wir nicht, wenn uns das erschreckt: Er ist der Herr! Und er spricht auch zu uns: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“

3. Jesu Hand rettet. Welch schöner Akt des Glaubens durch Petrus! Er nimmt wahr, dass der Herr von „Anderswoher“ kommt, und Sehnsucht nach diesem „Anderswo“ steigt in ihm auf. Er lässt die Ermutigung Jesu an sich heran, legt alle Furcht ab und verlässt den ihm vertrauten Bereich. Und er weiß, dass der Erfolg seines Vorhabens nicht von seinem Willen abhängt, sondern vom Einklang mit dem Willen des Herrn. Er ist gehorsam. Doch dann brandet die Natur um ihn und auch in ihm auf und er wird schwach in seinem Vertrauen. Ist es nicht auch mit uns so, wenn wir einen wichtigen Schritt im Glauben gemacht haben und dann plötzlich mit Widerstand von außen oder aus unserer eigenen Natur mit ihren Leidenschaften konfrontiert werden? Rufen wir dann Jesus zu Hilfe! Er kommt SOFORT, um uns seine Hand zu reichen.

Gespräch mit Christus: Jesus, wie sehr schwanke ich oft zwischen Entschlossenheit und Zweifel, Vertrauen und Angst, Gehorsam und ungeordneter Leidenschaft. Bitte reich mir deine Hand und ziehe mich herauf zu dir!

Möglicher Vorsatz: Ich will dich heute dort suchen, wo du bist, Jesus, und mich dir anvertrauen.


Herr aller Mächte und Gewalten

14. August 2017

Gedenktag
Hl. Maximilian Maria Kolbe OFMConv, Märtyrer
Hl. Meinhard CanA, Bischof

Angelika Knauf

Mt 17,22-27
In jener Zeit als Jesus und seine Jünger in Galiläa zusammen waren, sagte Jesus zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert werden, und sie werden ihn töten; aber am dritten Tag wird er auferstehen. Da wurden sie sehr traurig. Als Jesus und die Jünger nach Kafarnaum kamen, gingen die Männer, die die Tempelsteuer einzogen, zu Petrus und fragten: Zahlt euer Meister die Doppeldrachme nicht? Er antwortete: Doch! Als er dann ins Haus hineinging, kam ihm Jesus mit der Frage zuvor: Was meinst du, Simon, von wem erheben die Könige dieser Welt Zölle und Steuern? Von ihren eigenen Söhnen oder von den anderen Leuten? Als Petrus antwortete: Von den anderen!, sagte Jesus zu ihm: Also sind die Söhne frei. Damit wir aber bei niemand Anstoß erregen, geh an den See und wirf die Angel aus; den ersten Fisch, den du heraufholst, nimm, öffne ihm das Maul, und du wirst ein Vierdrachmenstück finden. Das gib den Männern als Steuer für mich und für dich.

Einführendes Gebet: Mein Herr Jesus, der Vater hat dich über alle erhöht und dir den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen. Meine Knie sollen sich vor dir beugen und mein Mund bekennen: Jesus Christus ist der Herr, zur Ehre Gottes des Vaters. (vgl. Phil 1,9-11)

Bitte: Jesus, lass mich deine befreiende Herrschaft auch in den Widrigkeiten meines alltäglichen Lebens erkennen.

1. Sterben, um zu herrschen. Auf den ersten Blick wirken im heutigen Tagesevangelium die Ankündigung seines Todes und der Dialog um die zu zahlende Steuer zusammenhanglos und daher wie willkürlich vereint. Doch tatsächlich nur auf den ersten Blick. Jesus kündigt hier zum zweiten Mal sein Leiden und Sterben an, aber auch seine Auferstehung. Beim ersten Mal führte diese Ankündigung zum Streit mit Petrus. Jesus wies ihn dabei heftig zurecht, nannte ihn gar einen Satan, weil er nur im Sinn habe, was die Menschen wollen. Nun widersprechen die Jünger nicht mehr, aber sie werden traurig. Sie verstehen noch immer nicht, welchen Weg Jesus wählen will, um sein Reich aufzubauen: den der Liebe und der Hingabe. In ihrem Unverständnis, das noch in rein weltlich-politischen Vorstellungen vom Messias gefangen ist, überhören sie sogar die ungeheure Verheißung Jesu, die alles bisher Gekannte übersteigen wird: die Ankündigung seiner Auferstehung.

2. Kompromisse mit der Welt. Petrus hadert noch mit seinem Glauben. Er war Zeuge vieler Heilungen, der Speisung der Fünftausend, sah Jesus über das Wasser gehen, erlebte seine Verklärung mit, hörte dabei das Zeugnis des himmlischen Vaters über Jesus – doch schon die schlichte Frage eines Steuereintreibers lässt Petrus wieder Kompromisse mit der Welt schließen. Er sagt die Zahlung der Steuer vielleicht weniger zu, um seinen weltlichen Pflichten Genüge zu leisten, als um weiteren Ärger um Jesus zu vermeiden. Er macht Kompromisse mit den Forderungen der Welt, weil sein Glaube nicht stark genug ist, um Jesus zu vertrauen. So bleibt er innerlich gegenüber den Ansprüchen der Welt unfrei. Deshalb erteilt ihm Jesus eine Lehre, bevor er es ihm ermöglicht, seine weltlichen Pflichten zu erfüllen.

3. Die Freiheit der Kinder Gottes. Jesus möchte klarstellen, dass die Freiheit der Kinder Gottes seine Jünger von einer Versklavung an die Ansprüche der Welt befreit. Erst durch ihr ganzes Ja zu Jesus, zu seinem Weg des Todes und der Auferstehung, werden sie wahrhaft zu Söhnen und Töchtern Gottes werden. Zwar werden sie „in“ der Welt mit all ihren Widrigkeiten und Anforderungen bleiben müssen. Aber sie werden nicht mehr VON der Welt sein. In Jesus werden sie ihren Verpflichtungen gegenüber der Welt in innerer Freiheit nachkommen können, weil der Herr in ihnen wirkmächtig sein wird. Jesus weist Petrus darauf hin, indem er einen Fisch als „Dienstboten“ benutzt, um ihm die Erfüllung seiner Steuerpflicht zu ermöglichen. Jesus ist wahrhaft der Herr über die Welt, die Natur und den Menschen. Wenn wir uns in allen Erfordernissen unseres irdischen, ja alltäglichen Daseins seiner Herrschaft anvertrauen, können wir in ihm auch innerlich frei werden.

Gespräch mit Christus: Jesus, wie oft lasse ich mich durch die Verpflichtungen meines Alltags davon abhalten, mich zunächst dir zuzuwenden und mich dir anzuvertrauen. Oft regle ich meine weltlichen Angelegenheiten zuerst selbst und überlasse dir nur, was dann noch übrig ist und allein durch wahres Vertrauen gemeistert werden kann. Hilf mir, einfach in allem zu vertrauen, damit ich in dir zu einer innerlich freien Haltung gelangen kann.

Möglicher Vorsatz: â€žIch versuche heute, die Aufgaben meines Alltags, wichtig oder unwichtig, von Anfang an gemeinsam mit Jesus zu bewältigen.“


Juble über Maria, die Mutter der Kirche!

15. August 2017

Hochfest
Mariä Aufnahme in den Himmel
Hl. Assunta, Tarzisius, Märtyrer
Hl. Rupert OSB, Prior
Hl. Mechthild Ocist, Mystikerin

Angelika Knauf

Lk 1,39-56
In jenen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet. Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ. Da sagte Maria:

Meine Seele preist die Größe des Herrn, /

und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. /

Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.

Denn der Mächtige hat Großes an mir getan /

und sein Name ist heilig.

Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht /über alle, die ihn fürchten.

Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: /

Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind;

er stürzt die Mächtigen vom Thron /

und erhöht die Niedrigen.

Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben /

und lässt die Reichen leer ausgehen.

Er nimmt sich seines Knechtes Israel an /

und denkt an sein Erbarmen,

das er unsern Vätern verheißen hat, /

Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.

Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.

Einführendes Gebet: Jesus, groß bist du und wunderbar erhaben! Du willst die großen Geheimnisse der Erlösung nicht ohne das Zutun des Menschen verwirklichen. Ich preise dich für die Zärtlichkeit, mit der du auf unsere Niedrigkeit schaust und uns erbarmend aufhilfst zu einer ganz neuen Würde in dir.

Bitte: Jesus, hilf mir, mich immer bewusster deiner Führung zu überlassen, insbesondere dann, wenn du mich einer Gemeinschaft zuführen willst!

1. Eine Berufung ist auf Gemeinschaft hingeordnet. Maria hatte gerade dem Engel ihr Jawort gegeben und im gleichen Moment hatte der Sohn des Höchsten in ihr Fleisch angenommen. Nun „eilt“ sie in die Stadt im Bergland von Judäa, in der ihre Base Elisabet lebt, von deren Schwangerschaft nach jahrzehntelanger Unfruchtbarkeit der Engel ihr Kunde gegeben hatte. Natürlich ist Maria auch davon angetrieben, ihrer schon betagteren Verwandten in den letzten Monaten der Schwangerschaft und bei der Geburt des Kindes beizustehen. Doch auch Tieferes bewegt ihr Herz: Sie erkennt in der ihr vom Engel überbrachten Nachricht auch die zärtliche Fürsorge Gottes: Immer, wenn Gott eine Berufung zum Leben und zur Fruchtbarkeit bringen will, führt er den Berufenen in eine Gemeinschaft, die ihn tragen und die auch er mittragen soll. Die Gnaden Gottes isolieren ihren Empfänger nicht, sie sind von Anfang an geöffnet und auf das Wohl vieler Menschen ausgerichtet. Maria eilt auch zu Elisabet, um in dem Unfassbaren, das an ihr selbst geschah, Stärkung und Gemeinschaft zu finden, also nicht nur um Elisabet ihr Dasein und Mitgehen zu schenken. Maria zeigt uns, das jeder Ruf, der von Gott an uns ergeht, immer auch zum Segen für die Kirche werden soll, der Gemeinschaft der Gläubigen in Christus.

2. Die Entfaltung einer Berufung durch Gemeinschaft.  Als Elisabet den Gruß Mariens hört, hüpft voller Freude das Kind in ihrem Leib. Elisabet trägt den kleinen Johannes, der mit seinem ganzen Sein zum Vorläufer des Herrn berufen ist. Wie in einem Vorgriff auf sein späteres Prophetentum erkennt das Kind gnadenhaft die Nähe dessen, dem zu dienen es bestimmt ist. Und das gnadenhafte Erkennen des Kindes geht auf seine Mutter Elisabet über. Sie wird vom Heiligen Geist erfasst und erkennt vielleicht erst in diesem Moment, dass ihre ungewöhnliche Schwangerschaft eine Bedeutung hat, die über sie selbst hinaus geht. Im Heiligen Geist erfasst Elisabet die übernatürlichen Umstände der Mutterschaft Mariens. Sie preist Maria selig, weil sie geglaubt hat, denn erst Marias Glaube führt auch sie erst ganz in ihre eigene Berufung ein. Wie sehr brauchen auch wir Bestätigung, wenn wir ein Wort oder einen Ruf Gottes in uns vernehmen. Ja, wir brauchen den Zuspruch und die Begleitung gläubiger Menschen. Niemals sollten wir versäumen, uns gegenseitig im Glauben an Gottes Verheißungen zu ermutigen!

3. Gemeinschaft im Glauben inspiriert Lobpreis und Nähe. Die Reaktion des ungeborenen Johannes und die Worte Elisabets inspirieren nun auch Maria im Heiligen Geist! Hier haben zwei Vertreter des Volkes Israel Gottes Handeln an ihr wahr- und angenommen. Schon schimmert eine künftige, durch das Heilswirken des Messias neu geprägte Gemeinschaft unter ihnen auf. Maria nimmt den Glaubensakt der beiden an und antwortet bestätigend und bekräftigend mit ihrem Lobpreis Gottes. Sie preist Gott und bezeugt die Sendung ihres ungeborenen Kindes als die des erwarteten Erlösers. Sie bezeugt ihre Freude über die Würde der Teilhabe an diesem Handeln Gottes. Dass die Geschlechter sie selig preisen werden, ist reine Gnade Gottes. Und sie nimmt das Heilswirken Gottes in der Geschichte des Volkes Israel in ihren Lobpreis auf. Ihr Sohn ist das Erbarmen Gottes, das Abraham und seinen Nachkommen verheißen wurde. – Maria bleibt bei Elisabet, um ihr in ihrer Sendung als Mutter des Vorläufers beizustehen. So wird sie auch liebend und sorgend bei jedem Einzelnen von uns bleiben, wenn wir sie darum bitten.

Gespräch mit Christus: Jesus, ich danke dir, dass du uns Maria zur Mutter gegeben hast! Sie ist uns Mutter im Glauben, im Hören auf deinen Ruf. Sie ist uns auch Mutter in unserem Menschsein, wenn wir uns zu schwach fühlen, um deinem Ruf zu folgen. Jesus, ich preise dich für deine Mutter Maria!

Möglicher Vorsatz: Ich werde mich heute besonders der mütterlichen Begleitung Mariens anvertrauen, um von ihr für meinen Weg mit Christus gestärkt zu werden.


Die Wunden der Seele sehen

16. August

Mittwoch der neunzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Stephan v. Ungarn
Hl. Rochus,
Hl. Theodor, Bischof

Angelika Knauf

Mt 18,15-20
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner. Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein. Weiter sage ich euch: Alles, was zwei von euch auf Erden gemeinsam erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Einführendes Gebet: Jesus, unser Heiland, du bist gekommen zu heilen, was verwundet ist. Du heilst die Wunden unserer Seele, indem du durch dein Kreuz wieder Einheit stiftest, wo unsere Sünde Zerstörung angerichtet hat. Jesus, ich vertraue deiner Barmherzigkeit.

Bitte: Gib mir einen wahrhaft barmherzigen Blick für die inneren Wunden meiner Nächsten.

1. Lässt du einen Verwundeten liegen? Was der Herr hier seinen Jüngern aufträgt, erscheint uns meist als unangenehme Pflicht. Jemanden - besonders, wenn dessen Wertschätzung uns etwas bedeutet - auf seine Sünde hinweisen? Gar nicht leicht! Doch was würdest du tun, wenn dieser von dir geliebte Mensch sich eine leibliche Wunde schlägt? Würdest du nicht sofort alles unternehmen, damit seine Wunde aufgedeckt, gereinigt, verbunden und geheilt werden kann? Jede Sünde, die ein Mensch begeht, verletzt seine Seele, weil sie ihn von Gott und dem von ihm kommenden Heil trennt. Kannst du an dieser Seelenwunde deines Nächsten vorbeisehen? Willst du ihm ein Wort sorgender Liebe verweigern, das ihm wieder die Tür zur Heilung öffnen kann, weil du um dein Ansehen bei ihm fürchtest? Bruder oder Schwester kannst du deinem Nächsten nur in der Wahrheit der Liebe Jesu bleiben, welche die Sünde in Einfachheit und ohne Bevormundung, aber dennoch klar benennt. Denn er kam, um die Sünde aufzudecken und dann hinweg zu nehmen. In Jesu leiblichen Wunden erkennen wir die Wunden unserer Seelen. Seine Liebe will deinen Bruder, deine Schwester heilen. Jesus baut hierfür auf deine Hilfe!

2. Hilfe holen! Wenn ein Mensch, dessen Verletzung oder Krankheit dich mit Sorge erfüllt, sich nicht helfen lassen will, lässt du ihn dann in Ruhe? Rufst du nicht gerade wegen deiner Liebe andere zu Hilfe, die sich mit seiner Erkrankung auskennen? Und wenn er auch auf sie nicht hören würde, würdest du ihn dann nicht einem Krankenhaus anvertrauen? Mit den Sünden-Wunden der Seele eines Menschen sollten wir eigentlich nicht anders handeln. Sie gehen uns an, weil wir alle in Christus eine Gemeinschaft sind. Diese Gemeinschaft bleibt nicht dieselbe, wenn eines ihrer Glieder verletzt ist oder verloren geht. Es ist in deinem eigenen Interesse und in dem der Gemeinschaft, dass dein Bruder, deine Schwester ein lebendiger Teil von ihr bleibt. Du selbst verlierst all die Gaben, die Gott dir und deiner Gemeinschaft durch ihn, durch sie schenken will. Wenn die Glieder der Gemeinschaft in Christus sich eines in Sünde gefallenen Mitglieds in Liebe annehmen, so bekennen sie auch: Wir lieben dich, wir wollen nicht auf dich verzichten!

3. Beurteilen, aber nicht aufgeben! Die Liebe Jesu ist bis zum Äußersten gegangen, um uns von Tod und Sünde zu erlösen. Jesus kann die Sünde des Menschen nicht verleugnen, nicht schönreden – um des Menschen selbst willen. Wer ausdrücklich in seiner Sünde, in seiner Krankheit verharren will, riskiert oft mehr oder weniger bewusst seinen Tod, nimmt ihn in Kauf. Jesus redet um diese Tatsache nicht herum. Doch zugleich öffnet er einen Ausweg: Im gleichen Atemzug verleiht er seinen Jüngern in seinem Namen eine Macht zu lösen und zu binden, eine Macht der Bitte und Fürsprache, von der sich der Himmel bewegen lassen wird. Niemals sollen wir aber einen Bruder oder eine Schwester, die sich bewusst von Gott abgewandt hat, aufgeben. Auch wenn er für uns wie ein Heide gelten soll, denn auch für die Heiden betet der Christ! Wir dürfen und sollen in Jesu Namen bitten, dass er oder sie geheilt wird. Die Liebe Jesu kann Wege zu einem Herzen finden, die wir nicht einmal erahnen können. Jesu Hingabe an den Vater ist so groß, dass der Vater um seinetwillen gewähren wird, was wir für jene erbitten, die wir lieben.

Gespräch mit Christus: Jesus, vor dir müssen wir unsere Wunden nicht verbergen, unsere nicht und auch nicht die der anderen. Denn du hast all unsere Verwundungen an Seele und Leib schon getragen. Lass uns auf die Macht deiner Barmherzigkeit vertrauen, wenn wir unseren Schwestern und Brüdern nachgehen, die verloren zu gehen drohen.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte aufmerksamer werden für die Seelenwunden meiner Nächsten und mich ihrer in Liebe und Verantwortung annehmen. In der Liebe möchte ich bis zur wahren Hingabe gehen, selbst wenn es mich schmerzlich trifft.


Vergebung sprengt die Ketten des Unheils

17. August 2017

Donnerstag der neunzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Hyazinth
Hl. Karlmann OSB
Hl. Jutta Opraem

Angelika Knauf

Mt 18,21-19,1
In jener Zeit trat Petrus zu Jesus und fragte: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Sieben Mal? Jesus sagte zu ihm: Nicht sieben Mal, sondern siebenundsiebzig Mal. Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Dienern Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Weil er aber das Geld nicht zurückzahlen konnte, befahl der Herr, ihn mit Frau und Kindern und allem, was er besaß, zu verkaufen und so die Schuld zu begleichen. Da fiel der Diener vor ihm auf die Knie und bat: Hab Geduld mit mir! Ich werde dir alles zurückzahlen. Der Herr hatte Mitleid mit dem Diener, ließ ihn gehen und schenkte ihm die Schuld. Als nun der Diener hinausging, traf er einen anderen Diener seines Herrn, der ihm hundert Denare schuldig war. Er packte ihn, würgte ihn und rief: Bezahl, was du mir schuldig bist! Da fiel der andere vor ihm nieder und flehte: Hab Geduld mit mir! Ich werde es dir zurückzahlen. Er aber wollte nicht, sondern ging weg und ließ ihn ins Gefängnis werfen, bis er die Schuld bezahlt habe. Als die übrigen Diener das sahen, waren sie sehr betrübt; sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles, was geschehen war. Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Diener! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich so angefleht hast. Hättest nicht auch du mit jenem, der gemeinsam mit dir in meinem Dienst steht, Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte? Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt. Als Jesus diese Reden beendet hatte, verließ er Galiläa und zog in das Gebiet von Judäa jenseits des Jordan.

Einführendes Gebet: Jesus, du hast all unsere Schuld getragen. Nichts ersehnst du mehr, als uns davon zu befreien. Denn wenn wir Vergebung empfangen und sie gewähren, öffnest du uns die Tür zum Reich des barmherzigen Vaters.

Bitte: Jesus, öffne jetzt mein Herz für die befreiende Macht der Vergebung.

1. Sünde und Schuld schlagen uns in Ketten. Die Frage der Jünger zeigt ein Grundproblem des sündigen Menschen auf: Wie oft „muss“ ich vergeben? Oft vergeben wir nur mit Bitterkeit. Wir haben Angst, etwas zu verlieren, wenn wir vergeben. Aber wir verlieren nicht unser Recht, denn vergeben bedeutet nicht gutheißen, was uns zugefügt wurde. Nur wo etwas schlecht war, ist Vergebung ja überhaupt angebracht. Doch solange wir nicht vergeben wollen, bleiben auch wir selbst in der Fessel verhaftet, in die uns die Sünde des anderen geschlagen hat. Und wir bleiben darin gefangen. Es kann manchmal sehr lange dauern, bis man bereit ist, Vergebung zu schenken. Doch der Anfang der Befreiung ist gemacht, wenn der Wunsch zu vergeben in uns aufkeimt. Er holt uns aus der Passivität und löst die uns angelegte Fessel. Wir beginnen wieder unsere Würde in Anspruch zu nehmen, die der andere verletzt hat. Wir gelangen allmählich wieder zum Eigenbesitz unserer selbst. Was wir also wirklich verlieren, wenn wir vergeben, ist nicht unser gutes Recht, unsere Würde, sondern die Fessel, die uns die Verletzung durch den anderen angelegt hat.

2. Der erste Schritt: Vergebung empfangen. Oft empfinden wir es aber auch als bitter, Vergebung zu empfangen, weil wir uns vor Demütigung fürchten. Behandelt deshalb der große Schuldner seinen eigenen Schuldner so schlecht? Murrt er insgeheim, dass er sich zuvor gegenüber seinem Herrn nicht selbst gerecht machen konnte, sondern Vergebung empfangen musste? Sieht er das als Schwäche an? Wie schwer fällt es uns, aus ganzem Herzen um Vergebung zu bitten! Denn dazu müssen wir vom Podest unserer eingebildeten Souveränität herabsteigen. Wer aber heruntergestiegen ist, kann auf seinen eigenen Schuldner auch nicht mehr herabsehen. Durch die Erkenntnis und Annahme seiner eigenen Schwäche lernt er, barmherzig zu sein. Wer erkennt und bejaht, wie sehr er sich selbst auch dem Wohlwollen, ja der ungeschuldeten Liebe eines anderen verdankt, der öffnet sein Herz auch in Liebe denen, die gegenüber ihm schuldig geworden sind.

3. Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Der Zorn des Herrn über seinen unbarmherzigen Diener ist so heftig, weil dessen Haltung zeigt, dass er die Vergebung des Herrn nicht mit Staunen und Dankbarkeit angenommen hatte. Den Diener bewegte nur sein Verlangen, ungeschoren davon zu kommen. Seine Vergebungsbitte war selbstbezogen, ohne jede Wertschätzung für die Beweggründe des Herrn, als dieser ihm vergab. Hätte er sein Herz den tiefen Absichten des Herrn geöffnet, wäre er von seinem inneren Sockel heruntergestiegen und hätte erfasst, welches Geschenk ihm da zuteil geworden ist. Und dann wäre er seinem eigenen Schuldner auf Augenhöhe begegnet und hätte wirklich gewusst, dass er keinerlei Recht hat, sich über ihn zu erheben. Aus diesem Grund knüpft Jesus im Vaterunser die Vergebung unserer Schuld an die Herzenshaltung, die wir im Umgang mit denen haben, die an uns schuldig geworden sind. Denn er weiß, dass wir gar nicht fähig sind, die Vergebung Gottes als freies Geschenk seiner Liebe zu erkennen, anzunehmen und in uns fruchtbar werden zu lassen, wenn wir unser Herz denen verschließen, die uns verletzt haben. Jesus wird uns in dem zuweilen sehr schmerzhaften Prozess des Vergebens nicht allein lassen!

Gespräch mit Christus: Jesus, du hast die Vergebung unserer Schuld an unsere Bereitschaft, selbst Vergebung zu spenden gebunden. Bitte öffne in mir Augen und Herz für die Menschen, denen ich noch nicht vergeben habe. Hilf mir, auch mir selbst vergeben zu können, wenn ich deine Vergebung in der Beichte empfange.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte heute zumindest in meinem Inneren versuchen, einem Menschen, der mich verletzt hat, aus ganzem Herzen zu vergeben.


Einander vom Wesen her zugeordnet

18. August 2017

Freitag der neunzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Helena
Hl. Klaudia, Äbtissin
Hl. Agapitus, Märtyrer
Rainald v. Ravenna

Angelika Knauf

Mt 19,3-12
In jener Zeit kamen Pharisäer zu ihm, die ihm eine Falle stellen wollten, und fragten: Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe entlassen? Er antwortete: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein? Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Da sagten sie zu ihm: Wozu hat dann Mose vorgeschrieben, dass man der Frau eine Scheidungsurkunde geben muss, wenn man sich trennen will? Er antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so. Ich sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch. Da sagten die Jünger zu ihm: Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten. Jesus sagte zu ihnen: Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die, denen es gegeben ist. Denn es ist so: Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht, und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es.

Einführendes Gebet: Mein Herr und Gott, tief und unerschöpflich ist das Bild, das du von der Zuordnung von Mann und Frau zeichnest, vor allem in der ehelichen Einheit. Es spricht dir, der Heiligsten Dreifaltigkeit, aus dem Herzen. Darum sitzt auch der Schmerz so tief, wenn die tiefe Begegnung zwischen Mann und Frau nicht deinem liebenden Willen entspricht. Hilf uns, Herr!

Bitte: Ich möchte das Wesen der Zuordnung von Mann und Frau mit deinen Augen sehen lernen, Jesus, mit den Augen deines Herzens.

1. Zum Abbild Gottes berufen. Immer wieder bewegen mich die Worte aus Genesis 1,26-27, auf die Jesus sich hier bezieht: „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. (…) Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“ Von Anfang an scheint in diese Unterscheidung des Menschen in Mann und Frau die Berufung zur Einheit mit hineingelegt. Sie sind in Zuordnung einander geschenkt, wesenhaft. Diese Zuordnung relativiert die Andersartigkeit von Mann und Frau nicht. Sie wirkt vielmehr durch jeweilige Ergänzung eine gegenseitige Bestätigung und Wertschätzung. Wo der Mann ganz Mann ist und sich als der, der er ist, der Frau in Ehrfurcht und Liebe zuneigt, und wo die Frau ganz Frau ist und sich als die, die sie ist, dem Mann in Ehrfurcht und Liebe zuneigt, da werden beide zusammen zu einem Abbild Gottes. Wie es unter den Personen der Dreifaltigkeit ein gegenseitiges Empfangen und Schenken gibt, ohne dass die Identität des Einen durch die des Anderen relativiert wird, so ist in der gegenseitigen Hinordnung und Hingabe zwischen Mann und Frau grundgelegt, dass sie durch ihre Einheit in der Verschiedenheit fruchtbar werden und das Abbild Gottes in Fülle darstellen.

2. Von oben, nicht von unten her denken. Die Einheit zwischen Mann und Frau zerbrach, als der Mensch selber wie Gott sein wollte. Er wollte sich Gott nicht mehr verdanken, er wollte selbst herrschen, autark sein. Diese Herrschsucht ist in seine wesentlichste Beziehung, die zwischen Mann und Frau, eingedrungen und hat sie zutiefst verletzt. Seitdem steht das Besitzergreifen über der Hingabe, das Nehmen über Geben und Empfangen. Der Mensch wurde harten Herzens, der freigebenden Liebe nur noch unter größter Mühe fähig. Gott gab ihm das Gesetz des Mose zur Regelung ehelicher Fragen, um den entstandenen Schaden einzudämmen und ein Mindestmaß an Schutz zu gewähren. Die Pharisäer sehen dieses Gesetz als „Königsweg“ zur Gerechtigkeit an. Jesus aber verkündet den Weg der Liebe, um die ehelichen Beziehungen von Grund auf zu heilen. Die Pharisäer denken nur von unten, von der Schwäche des Menschen her und bleiben in ihrem Herzen verhärtet. Jesus aber kommt von oben, aus der liebenden Einheit mit dem Vater im Heiligen Geist, und verkündet mit dem Blick seines göttlichen Herzens die Botschaft der Einheit aus Liebe und in Liebe. Er ist gekommen, um im Menschen das Abbild Gottes wiederherzustellen und somit auch die Beziehung zwischen Mann und Frau zu heilen.

3. Gottes Epiphanie in der Einheit von Mann und Frau. Es ist ein zutiefst schönes Geheimnis, dass in unserer Kirche nicht etwa der Priester den Eheleuten das Sakrament der Ehe spendet, sondern dass diese es einander spenden; dass zum Vollzug und endgültigen Zustandekommen dieses ehelichen Bundes nach Lehre der Kirche auch die sich einander schenkende körperliche Vereinigung gehört, wenn Mann und Frau in Offenheit für neues menschliches Leben ein Fleisch werden. Diese Einheit der Zwei in der Offenheit für einen neuen Menschen als Frucht ihrer Liebe ist es, in der der Mensch zum Abbild Gottes wird. Doch welches Zerrbild, welcher Missbrauch, welche Verletzungen gerade in der geschlechtlichen Zuwendung von Mann und Frau, wenn hier nicht der Gott gemäße Geist des sich Schenkens und Empfangens, sondern der Ungeist des für sich selbst Benutzens vorherrscht. Nicht ohne Grund erschrecken die Jünger – und wir heute - vor dem Anspruch an Selbstlosigkeit, der diese Hingabe von uns Menschen erfordert, weil die Sünde unsere Leidenschaften aus jener Ordnung immer wieder zu schlagen droht. Jesus verheißt uns aber das Heil: „Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die, denen es gegeben ist.“ Gott verweigert das Heil, die Heilung, dem nicht, der wirklich aufrichtigen Herzens um diese Gabe bittet! Die Einheit zwischen Mann und Frau, die zum Abbild Gottes wird, kann immer nur Geschenk aus dem Herzen Gottes sein – so, wie sich der Mensch als Mann und Frau an seinem Schöpfungstag als Geschenk von Gott empfangen hat.

Gespräch mit Christus: Jesus, so viel hängt im konkreten Leben davon ab, dass die Beziehungen zwischen Mann und Frau heil sind, wenn jeder Einzelne zur ganzen Entfaltung kommen soll. Nicht nur im Bereich von Ehe und Familie, sondern auch im Leben der Kirche und der einzelnen Personen, und auch in den Bereichen von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Ich bitte dich um die Gaben des Heiligen Geistes für alle Begegnungen und Beziehungen zwischen Mann und Frau.

Möglicher Vorsatz: Ich will mich heute in meinen Gedanken, Worten und Gesten um mehr Ehrfurcht und Wertschätzung im Umgang mit dem anderen Geschlecht bemühen.


Zum Kind heranwachsen

19. August 2017

Samstag der neunzehnten Woche im Jahreskreis
Hl. Johannes Eudes
Hl. Ezequiel Moreno, Bischof
Hl. Sebald
Caritas Pirckheimer OSCI

Angelika Knauf

Mt 19,13-15
In jener Zeit brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte und für sie betete. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Doch Jesus sagte: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich. Dann legte er ihnen die Hände auf und zog weiter.

Einführendes Gebet: Jesus, du hast auf Erden ganz aus der Begegnung mit dem Vater gelebt. Nichts hast du getan ohne ihn, nichts gelehrt, das du nicht von ihm empfangen hättest. Du warst im vollkommenen Sinn Kind und Sohn deines Vaters, damit wir Kinder Gottes werden können. Ich danke dir!

Bitte: Jesus, lehre mich, wie ich dich und dein Wort wahrhaft kindlich annehmen kann.

1. Vor Gott Mensch sein wie ein Kind. Jesu letztes Wort im gestrigen Evangelium über die Ehe war: „Wer das erfassen kann, der erfasse es.“ Die Szene der Begegnung Jesu mit den Kindern folgt im Evangelium nach Matthäus unmittelbar darauf. Vielleicht liegt darin ein tieferer Sinn und nicht nur eine willkürliche Aneinanderreihung von zufälligen Begebenheiten. Denn achten wir auf Jesu Worte genau: Er sagt nicht: „Den Kindern gehört das Himmelreich.“ Er sagt: „Denn Menschen wie ihnen gehört das Himmelreich.“ Darin liegt eine Aufforderung an die Jünger, aber auch an uns, wie ein Kind zu werden, um das Himmelreich zu erlangen. Denn dazu müssen wir die Gesetzmäßigkeiten erfassen, die im Himmelreich herrschen und sie annehmen wie ein Kind. Was aber ist das unterscheidend Kindliche, das Jesus hier hervorhebt? Was bedeutet es, die Wahrheit der Liebe, die Jesus ist und verkündet, wie ein Kind anzunehmen?

2. Im Angesicht des Großen wie ein Kind. Wenn ein Kind vor etwas Großes oder jemand Gewaltigen gerät, verstummt es. Es sucht die Nähe von Vater oder Mutter, ergreift ihre Hand oder lässt sich auf deren Arm bergen - und schaut wieder hin. Ein Kind erkennt seine Kleinheit, es erkennt das Größere an – als etwas, das es übersteigt, dem es allein nicht gewachsen ist. Es sucht Schutz, doch es wendet sich nicht ab. Geborgen im Schutz der Eltern beobachtet es, nimmt es wieder Kontakt auf, nähert sich allmählich an. Dabei lässt es das Große groß sein. Ein Erwachsener wird oft nicht stumm vor etwas wirklich Großem, Gewaltigem, oder gar dem Heiligen. Er birgt sich ungern an einer „schützenden Hand“, um sich wirklich auf etwas Neues einzulassen, Kontakt aufzunehmen, sich anzunähern. Oft ist seine erste Reaktion vielmehr, ihn Übersteigendes kleinzureden, zu relativieren. Er versucht es einzuordnen in die ihm wohlbekannten Begriffe und möchte das ignorieren, was dort nicht hineinpasst. Er möchte nicht lernen, sondern meist sich selbst behaupten. Wie begegnen wir dem Großen, ja dem Heiligen, wenn wir es z.B. in der Liturgie oder im geistlichen Leben erfahren? Sind wir fähig, klein zu werden, an die Hand unserer Mutter Kirche zu gehen und uns von ihr dorthin führen zu lassen? Durch Ehrfurcht, Anbetung, Eingeständnis der eigenen Kleinheit, dann aber auch mit Vertrauen? Oder reden wir alles Große klein, damit wir in unseren selbstgemachten Vorstellungen und Sicherheiten bleiben können, ungestört?

3. Wachsen wie ein Kind. Ein Kind möchte Nähe. Wo es Wohlwollen oder etwas, das es für gut hält, erkennt, nähert es sich, beginnt zu fragen, zu bitten: um Interesse, um Zuwendung, um Gemeinschaft. Der Erwachsene schätzt allzu oft ab, sichert sich ab, rechnet sich Vorteil und Nachteil aus, bevor er in Beziehung tritt, sich auf Nähe einlässt. Im Zweifel bleibt er weg, denn er will sich nicht überraschen lassen, sich nicht auf Unbekanntes einlassen, das Konsequenzen für sein Leben nach sich ziehen könnte. Sind wir fähig, an Jesu Wohlwollen auch dann zu glauben, wenn er uns in seiner Größe, seiner Andersartigkeit, seiner Heiligkeit entgegentritt? Wenn er plötzlich nicht mehr nur „nett“ erscheint, sondern anspruchsvoll und herausfordernd? Suchen wir dann wie ein Kind die Begleitung durch die Kirche, ihre Lehre, ihre Seelsorger, die Stärkung durch ihre Sakramente? Jesus ist gekommen, damit wir das Leben haben, und es in Fülle haben. Doch diese Fülle passt nicht in unser Herz und unsere Seele, wenn wir sie nicht wie ein Kind aufnehmen wollen. Wenn wir nicht bereit sind, wie ein Kind die Hand unserer Mutter Kirche zu ergreifen und in ihrer Begleitung zu wachsen. Zu wachsen, bis wir klein genug geworden sind, um den Himmel wie ein Kind annehmen zu können.

Gespräch mit Christus: Jesus, ich sehne mich nach wahrem Leben, einem Leben in Fülle. Doch wenn es mir begegnet, fällt es mir schwer, davor zu stehen und meine eigene Kleinheit zu akzeptieren. Gib mir die Einsicht, dass gerade meine Kleinheit mir Zugang zu dir verschafft. Gib mir Vertrauen, immer dann die Kirche um ihre mütterliche Hand zu bitten, wenn ich in meinem geistlichen Leben nicht weiter weiß.

Möglicher Vorsatz: Ich will eine Frage oder ein Problem, das ich in meinem Leben mit Jesus habe, nicht ignorieren, sondern in der Heiligen Schrift, im Katechismus oder im seelsorglichen Gespräch nach Hilfe suchen.