Tägliche Meditationen Sonntag 22. Januar 2017 bis 28. Januar 2017 Dritte Woche im Jahreskreis Beate Scheilen
Kleine Anfänge 22. Januar 2017
Dritter Sonntag im Jahreskreis
Beate Scheilen Mt 4,12-23 Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Er verließ Nazaret, um in Kafarnaum zu wohnen, das am See liegt, im Gebiet von Sebulon und Naftali. Denn es sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: Das Land Sebulon und das Land Naftali, die Straße am Meer, das Gebiet jenseits des Jordan, das heidnische Galiläa: das Volk, das im Dunkel lebte, hat ein helles Licht gesehen; denen, die im Schattenreich des Todes wohnten, ist ein Licht erschienen. Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, genannt Petrus, und seinen Bruder Andreas; sie warfen ihre Netze in den See, denn sie waren Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm. Als er weiterging, sah er zwei andere Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren mit ihrem Vater Zebedäus im Boot und richteten ihre Netze her. Er rief sie, und sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus. Er zog in ganz Galiläa umher, lehrte in den Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden. Einführendes Gebet: Herr, ich möchte diese Zeit des Gebets nutzen, um meine Beziehung zu dir zu vertiefen, damit ich auf deinen Ruf so antworten kann, wie du es dir wünschst. Bitte: Jesus, hilf mir zu erkennen, was du heute ganz konkret von mir möchtest! 1. Wohnortwechsel. Nach der Verhaftung des Täufers kehrt Jesus wieder in seine Heimat Galiläa zurück; jedoch zieht er nicht wieder zu Hause in Nazaret ein, sondern verlegt seinen Wohnort nach Kafarnaum. Warum? Nazaret war ideal gewesen für sein verborgenes Leben in den ersten 30 Jahren; nun wollte Jesus zu den Menschen gehen, für die er gekommen war. Kafarnaum, direkt am See Genezareth und an einer großen Handelsstraße gelegen, mit einer Zollstation ausgestattet, war ideal, um „unters Volk zu gehen“. Das bedeutete für Jesus, Abschied zu nehmen von seiner Mutter und der ihm vertrauten Umgebung. Menschlich gesehen ist ihm das sicher nicht leichtgefallen. Aber Gottes Wille stand für ihn höher als seine persönlichen Wünsche. Dieser Umzug ist der erste Schritt zur Erfüllung seiner Sendung im Rahmen seines öffentlichen Wirkens. Aus kleinen Anfängen entwickelt sich die größte Tat in der Geschichte der Menschheit… 2. Glaube wirkt sich nicht nur im Geist aus. Durch diesen Umzug geht eine Prophezeiung in Erfüllung, die wir bei Jesaja finden und die von den Juden auf den kommenden Messias hingedeutet wurde. Matthäus zeigt Schritt für Schritt auf, dass Jesus die Erfüllung der alttestamentlichen Messiasankündigungen ist. Das geht bis hin zu ganz praktischen Details wie der Wahl seines Wohnorts! Gott wurde Mensch - und das bedeutete: er musste essen, trinken, schlafen, irgendwo wohnen und seinen Lebensunterhalt verdienen. Ganz gewöhnliche Alltagsdinge musste Jesus in seinem Menschendasein, das sich auf eine konkrete Zeit und auf konkrete Orte festlegen lässt, erledigen. Unser Glaube stützt sich also weder auf einen Mythos (d.h. eine Idee, aus der man eine Geschichte gemacht hat), noch ist Jesus ein himmlisches Wesen ohne Bezug zur irdischen Realität! Der „ganzheitliche Gehorsam“, dem er unterworfen war, gerade in Bezug auf das rein Menschliche, wird auch von uns erwartet. Wir sollen deswegen natürlich keine „Couchpotatoes“ werden – aber doch auch auf unsere Grenzen achten. Und die Begleitumstände unseres Alltags (meine Arbeitsstelle, die Menschen, mit denen ich zusammen wohne etc.) genauso als Mittel zur Heiligung wertschätzen wie Exerzitien und geistliche Lektüre. Wir meinen nämlich oft, wenn es uns an letzteren mangele, hätten wir keine Chance, heilig zu werden. Aber nein: Wir sollen nicht in erster Linie Vorträge hören und Bücher lesen, sondern lieben lernen – in jeder Situation! 3. Sofort und ganz. Jesus hatte nicht vor, alleine loszuziehen. Kaum an seinem neuen Wohnort angekommen, beruft er vier Männer, sein Leben zu teilen und seine Jünger zu werden. Nur die Besten der Besten unter den Thoraschülern hatten damals im Judentum die Chance, von einem Rabbi den Satz zu hören: „Folge mir nach!“ und in seinen Kreis aufgenommen zu werden. Leute, die ihr Leben mit einfachen Tätigkeiten wie Fischfang bestritten, kamen von vornherein dafür gar nicht in Frage. Warum wählt also Jesus gerade diese Männer aus? Er scheint die Gebildeten und Intelligenten gar nicht zu wollen…
Wie stolz muss es die Vier gemacht haben, von Jesus eingeladen zu werden! Dass sie ihn vorher gar nicht kannten, ist unwahrscheinlich. Auf den Ruf eines völlig Fremden hin gibt niemand alles auf – das verlangt Gott auch heute von niemandem, den er zu einem gottgeweihten Leben beruft. Laut dem Johannesevangelium (Joh 1,35 ff) hatten Andreas und Johannes bereits als Jünger des Täufers mit Jesus Bekanntschaft gemacht und auch ihren Brüdern von ihm erzählt. Vermutlich hatten sie ihn danach öfter getroffen und verbanden eine Zeitlang die Jüngerschaft mit ihrem bisherigen Familienleben. Doch nun kam der Moment, wo Jesus sie ganz für sich haben wollte, um sie in seine Sendung mit einzubeziehen. Vielleicht traf sie der Ruf nicht ganz unvorbereitet – vielleicht hatten sie aber auch mit einem solchen Angebot gar nicht gerechnet. Wichtig ist nur eins: Sie überlegten nicht lange, wogen nicht das Für und Wider ab, und fragten gar nicht erst nach, ob auch alle Verwandten damit einverstanden seien. Sie folgten Jesus – sofort und ganz! Wie reagiere ich, wenn Gott mich ruft – sei es zu einem kleinen Akt der Nächstenliebe, oder zu dem großen Akt der Ganzhingabe? Ist er für mich ein Fremder - oder ein Freund, dem ich vertraue? Davon wird meine Antwort ganz wesentlich abhängen… Gespräch mit Christus: Herr, du hättest unsere Erlösung ganz alleine bewerkstelligen können, sogar ohne deinen Platz im Himmel aufzugeben! Aber du wolltest uns nicht ohne unsere Beteiligung erlösen, so dürftig diese Beteiligung auch oft ausfallen würde. Daher bist du auf diese Erde gekommen - unter Bedingungen, die man sich durchaus deiner Stellung angemessener hätte vorstellen können. Du hast dir Menschen ausgesucht, die dir helfen sollten, das Reich Gottes aufzubauen. Viele sind deinem Ruf gefolgt, andere hatten scheinbar Besseres zu tun. Du nimmst nur, was wir dir geben, und entreißt uns nicht das, was wir nicht geben möchten – selbst wenn es objektiv gesehen sehr hilfreich wäre. Gib, dass immer mehr Menschen großzügig ihre Zeit, ihre Talente und sich selbst geben, um dein Reich aufzubauen! Möglicher Vorsatz: Ich werde mir in den nächsten Tagen Zeit nehmen, um mit Jesus darüber zu sprechen, wie sein Auftrag für mich ganz persönlich aussieht.
Verdrehte Welt 23. Januar 2017
Montag der dritten Woche im Jahreskreis Hl. Heinrich Seuse OP Hl. Hartmut OSB, Abt Beate Scheilen Mk 3,22-30 In jener Zeit sagten die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren: Er ist von Beelzebul besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Form von Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben. Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben. Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen. Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben, wenn er den Mann nicht vorher fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern. Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften. Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen. Einführendes Gebet: Jesus, ich glaube, dass du der Heilige bist. Deine Heiligkeit ist eine Herausforderung für mich, denn oft genug denke ich in den Maßstäben dieser Welt. Du hast den Kampf gegen das Böse bereits gewonnen. Gib mir die feste Hoffnung, mit dir gemeinsam den Sieg davonzutragen! Bitte: Herr, hilf mir, auf deine Stärke zu vertrauen! 1. Ablehnung des Heiligen. Wieder einmal suchen Schriftgelehrte die Nähe zu Jesus. Allerdings nicht, um sich zu bekehren – im Gegenteil! Ihre Aufgabe ist es, Jesus beim Volk, das ihm in Scharen zuläuft, in Misskredit zu bringen. Dazu fahren sie das stärkste Geschütz auf: Sie unterstellen ihm, vom obersten Teufel persönlich geschickt zu sein. Dass er ausschließlich Gutes tut, weist ihn lediglich als besonders gerissen und hinterhältig aus. Vor so jemandem muss man sich ganz besonders in Acht nehmen! …
Die Art wie Gott in der Welt in Erscheinung tritt, nämlich meist unsichtbar und verborgen, lässt eine solche Verdrehung der Tatsachen („leider“) zu und es gibt sie tatsächlich. Von den Schriftgelehrten der damaligen Zeit bis hin zu Philosophen der Neuzeit – man denke nur an Nietzsche – zeigt sich immer wieder diese Ablehnung des Heiligen.
Denken wir nicht, wir seien immun dagegen, nur weil wir weder Theologen noch Philosophen sind! Es gibt wohl keinen unter uns, der noch nie diese Ablehnung in sich gespürt hat. Der Mensch erwartet einfach, dass jemand, der Autorität hat, auch „groß“ und machtvoll auftritt. Dass er Stärke zeigt, seine Gegner besiegt, die Massen beeindruckt… Wie viel mehr muss das für Gott, den Herrn des Universums, gelten! Ein Gott, der Mensch wird? – Niemals! (sagt der Islam). Ein Messias, der am Kreuz endet? – Geht gar nicht! (sagen die Juden). Und wir? Macht uns diese anscheinende Schwäche Gottes nicht manchmal auch zu schaffen? Als Christ immer demütig sein, immer nur an die anderen denken, geduldig, nachgiebig, opferbereit... Keine allzu lustige Angelegenheit. Eher anstrengend. Könnte Gott uns nicht auch mal ein bisschen Überlegenheit erlauben? Ein bisschen davon zeigen, dass wir die Besten sind? Warum müssen wir uns immer ausnutzen lassen? – Wem von uns noch nie solch ein Rest stolzer Gedanken im Kopf herumging, der ist vermutlich kein Mensch, sondern ein Engel… 2. Jesus ist der Stärkere. Trotzdem: Jesus gibt hier nicht klein bei. Zunächst erklärt er die These seiner Gegner für unlogisch. Selbst wenn der Teufel zum Schein seine eigenen Truppen dezimieren würde – was hätte er letzten Endes davon? Noch wichtiger aber ist: Jeder, der Jesus live erlebte, musste eigentlich erkennen, dass er Liebe und Freiheit ausstrahlte und nicht Bosheit und Vernichtungswillen – wenn er ehrlich war, und nicht schon eine vorgefasste Meinung hatte.
Dass die Dämonen verschwinden müssen und die Macht Satans ins Wanken gerät, kann nur daran liegen, dass hier „der Stärkere“ gekommen ist. Er kann den Satan fesseln und „sein Haus ausrauben“, d.h. die Menschen, die der Teufel seit dem Sündenfall in der Gewalt hat, befreien und zu sich holen. Jesus ist nicht schwach! Man muss die Sache nur aus der richtigen Perspektive sehen… 3. Gott vergibt alles, wenn er in Demut darum gebeten wird! Alles kann vergeben werden – dieses Jesuswort macht Hoffnung. Wer seine Fehler und Sünden ehrlich bereut, dem wird von Gott immer Vergebung zuteil. Bis auf einen Punkt, mit dem Gott offenbar ein solches Problem hat, dass er diese Sünde nicht vergeben will. Oder wie ist der Satz von der Sünde wider den Heiligen Geist zu verstehen?
Vielleicht so: Hier geht es um Qualität, nicht um Quantität. Für Gott ist nicht irgendwann Schluss mit der Vergebung, weil es ihm zu viel wird. Nein, diese unvergebbare Sünde ist von ganz anderer Art als Mord, Diebstahl, Ehebruch und was sonst in der Welt so alles vorkommt. Gibt uns dieses Evangelium nun Aufschluss über die Art dieser Sünde? Warum steht dieser Satz wohl genau hier? Weil die Haltung der Schriftgelehrten exakt wiedergibt, was mit der Sünde wider den Heiligen Geist gemeint ist: Wenn ich den Einzigen, der mir vergeben könnte, als Betrüger darstelle – woher will ich dann Vergebung erhalten? Ich glaube ja selbst nicht daran, dass diese Vergebung echt ist! Und genau darum kann Gott mir nicht vergeben – nicht, weil ER nicht will, sondern weil ICH nicht will! Gott nimmt meine Freiheit so ernst, dass er mich nicht zwingt, Jesus als Erlöser anzuerkennen…. Dann muss ich aber auch die Konsequenzen tragen. Gespräch mit Christus: Herr, du hast unter den Angriffen der Menschen viel zu leiden gehabt. Lass mich erkennen, wie viel es dich gekostet hat, mich aus der Herrschaft des Teufels zu befreien. Hilf mir, dass ich deine Freundschaft immer mehr wertschätze und sie mit anderen teile. Möglicher Vorsatz: Ich werde mir heute überlegen, welchen Punkt oder welche Zone es in meinem Leben gibt, in denen Jesus noch nicht herrscht, und ihm diesen Bereich in der nächsten Beichte übergeben, damit er dort einzieht.
Familie mal anders 24. Januar 2017
Gedenktag Hl. Franz von Sales Beate Scheilen Mk 3,31-35 In jener Zeit kamen die Mutter Jesu und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen Jesus herausrufen. Es saßen viele Leute um ihn herum, und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir. Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter. Einführendes Gebet: Heute, Jesus, will ich dir als Freund und Bruder begegnen. Danke, dass du mich in deine Familie berufen hast! Danke, dass deine Mutter nun auch meine Mutter sein darf. Hilf mir, meine Mitmenschen als meine Brüder und Schwestern zu erkennen und zu behandeln. Bitte: Herr, ich möchte wirklich mein Leben an dir, meinem Gott, ausrichten und deinen Willen erfüllen. Bitte hilf mir dabei. 1. Familienbande anno 30. Jesus hat Nazareth seit einiger Zeit verlassen und zieht als Wanderprediger durchs Land. Viele Menschen fühlen sich von ihm angezogen – aber es gibt auch Gegner, und die finden sich leider in den Reihen derer, die als religiöse Autorität anerkannt waren. Das konnte auf Dauer gefährlich werden. Schon vor der Episode mit den Schriftgelehrten hatte Jesu Familie sich aufgemacht, um ihn „mit Gewalt zurückzuholen, denn sie sagten: Er ist von Sinnen.“ Nun sind sie noch einmal da – vielleicht auch aus Sorge um den eigenen guten Ruf? Als Familie eines religiösen Schwärmers dazustehen, ist nicht sonderlich angenehm; heute nicht, und damals erst recht nicht. Gut möglich, dass Jesu Angehörige ihn (und sich) retten wollten, indem sie ihn wieder nach Hause holten – in den sicheren Hafen von Tradition, Familienehre und Rechtgläubigkeit. 2. Mangelndes Entgegenkommen. Leider misslingt das Unternehmen vollständig. Jesus denkt gar nicht daran, seiner draußen wartenden Verwandtschaft (warum sind sie wohl nicht direkt zu ihm gegangen?) „entgegenzukommen“, weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne. Stattdessen bezeichnet er die um ihn sitzenden Menschen – seine Jünger – als „meine Mutter und meine Brüder“. Dieses Verhalten wäre selbst heute ein Affront – wie viel mehr damals, gegenüber einer orientalischen Großfamilie… Warum tut er seiner Mutter das an? Hat er aus der Geschichte im Tempel, zwanzig Jahre vorher, nichts gelernt? Oder sollte man eher sagen, seine Familie hat nichts gelernt? Damals blieb Jesus (von seinen Eltern unerkannt) im Tempel zurück, um bei seinem himmlischen Vater zu bleiben. Jetzt baut er seine „himmlische Familie“ auf, ohne Rücksicht auf Blutsverwandtschaft. Familie ist wichtig, Jesus leugnet das nicht. Aber er definiert Familie neu, über die biologischen Beziehungen hinaus. Wichtiger als die gemeinsame DNA ist der gemeinsame Glaube! Die daraus entstehende Familie - die Kirche - entwickelt das natürliche Familienkonzept weiter in eine weltumspannende Dimension – und löst dabei die klassische Familie nicht auf! Jesus ist weder ein Kibbuznik der ersten Stunde, noch propagiert er eine christliche Form von Sozialismus, bei dem die biologische Familie überflüssig wird, weil kirchliche Institutionen die Erziehungsaufgaben übernehmen. Aber für ihn ist die Rangordnung klar: An erster Stelle steht das Reich Gottes – und eine Verwandtschaft, die da nicht mitmacht, bleibt vorerst draußen vor der Tür. 3. Der Kreis um Jesus. Die Jünger sitzen im Kreis um Jesus und hören ihm zu. Er ist ihr Mittelpunkt. Das Zentrum unseres Glaubens ist ER – nicht ein Buch, eine Lehre oder eine Aufgabe! Christus ist in diese Welt gekommen, um den Willen Gottes zu erfüllen – und jeder, der ihm darin nachfolgen möchte, gehört zu seiner Familie – ist für ihn Mutter, Bruder, Schwester… nur nicht Vater, denn diese Stelle kann nur Gott Vater einnehmen. Dabei verstößt Jesus in keiner Weise gegen das 4. Gebot, denn sein Angebot bezieht auch seine Angehörigen mit ein. Später werden sie mit zur ersten Gemeinde gehören. Und Maria wird vom Karfreitag an die Mutter aller sein, die an Christus glauben. Louis Evely schreibt dazu: „Ich stelle mir vor, dass die Umstehenden das Bewusstsein großer Freude hatten. Dass sie stolz waren und sich gegenseitig beglückwünscht haben: ‚Ich bin der Bruder, die Schwester, die Mutter des Messias!‘ Maria, die offenkundig im Stich gelassen wurde, hat dieses Wort aufgenommen und in ihrem Herzen wohl überlegt. Aber auf Kalvaria war nur jene da, der dieses Wort weh getan hatte, war nur sie allein da. Und alle anderen waren verschwunden, die in diesem Wort ihren Ruhm gesucht hatten!“ Gespräch mit Christus: Herr, du hast deine Familie in Nazareth zurückgelassen, um gegen alle Widerstände den Auftrag deines Vaters zu erfüllen. Du schenkst mir dieses kurze Leben, um deinem Ruf zu folgen und bietest mir an, Teil deiner Familie zu werden. Hilf mir, das Reich Gottes über alles andere zu stellen und das zu entfalten, was du in mich hineingelegt hast. Möglicher Vorsatz: Heute will ich auch demjenigen in Nächstenliebe begegnen, der mir rein menschlich unsympathisch ist.
Kommen wir dem Missionsbefehl nach? 25. Januar 2017
Fest Bekehrung des Apostels Paulus Hl. Wolfram OPraem Beate Scheilen und P. Thomas Fox LC Mk 16,15-18 In jener Zeit erschien Jesus den Elf und sprach zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden. Einführendes Gebet: Herr, ich möchte diese Zeit nahe bei dir verbringen, ich glaube, dass du hier bei mir bist. Lass mich erkennen, was du mir mit diesem Evangelium sagen möchtest. Herr, ich vertraue auf dich. Bitte: Jesus, hilf mir, eine echte innere Beziehung mit dir aufzubauen! 1. Warum machen wir das nicht einfach? Vor einiger Zeit besuchte ich die Messe in einer Krankenhauskapelle. Dort wurde das obige Evangelium vorgetragen. Bei dem Satz: „…die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden“ kam mir schlagartig der Gedanke: Warum machen wir das denn nicht einfach? Wir könnten doch jetzt das ganze Krankenhaus leeren, indem wir von Zimmer zu Zimmer gehen und die Kranken heilen! Oder nehmen wir nicht ernst, was Jesus gesagt hat? Anscheinend nicht, denn keiner machte Anstalten, den Text wörtlich zu nehmen. Ich habe mich übrigens auch nicht getraut... Dem Katechismus entnehme ich, dass der Heilige Geist handelt in den Sakramenten, ferner in einem tugendhaften Leben sowie im Gebet. Mit anderen Worten: Das Wirken des Heiligen Geistes hat ziemlich geregelt abzulaufen. Gibt es die von Jesus beschriebenen Phänomene also nur noch bei Charismatikern und Evangelikalen? Einerseits kann ich ja schon verstehen, dass nicht jeder herumlaufen und Kranke heilen oder gar Dämonen austreiben soll. Ich schließe ja zu Hause meinen E-Herd auch nicht selber an, sondern hole den Starkstrom-Elektriker. Andererseits: Wie viel seelisches und leibliches Elend könnte gelindert werden, wenn dazu befähigte Menschen diesen Heilungsdienst wahrnehmen würden? 2. Gottes Wort ist wirksam, aber nicht nach Art einer Keule. Meine Fragen könnten einen dazu veranlassen, zu meinen, es genüge, das Wort Gottes wie eine „Keule“ in die Hand zu nehmen, den Verstand auszuschalten und loszulegen, um zum gewünschten Erfolg zu gelangen… Doch kann man dem Wort Gottes gemäß handeln, ohne sich selbst vom Geist, der es erfüllt, wirklich tief durchdringen zu lassen? Jesus Christus, selbst „das Wort“, hat viele Menschen geheilt und viele von Dämonen befreit. Er hat aber bei weitem nicht alle Kranken geheilt, die es damals in Palästina gab. Kam er deshalb seiner Sendung nicht nach? Antwort: Er hat uns alle geheilt – am Kreuz. Aber die Zuwendung dieser Gnade geschieht eben geschichtlich, durch Vermittlung und Stellvertretung, in organischem Wachstum und durch selbstlose Liebe, nicht per Knopfdruck und nicht maschinell, manchmal sichtbar, manchmal unsichtbar. Sicher hat der Herr seiner frühen Kirche diese Charismen (Sprachen, Heilungen, Erscheinungen, Teufelsaustreibungen) in besonderem Maße geschenkt, weil sonst die Verbreitung des Christentums unendlich viel mehr Zeit erfordert hätte. Auch treten diese Phänomene gehäuft in einem gesellschaftlichen Kontext auf, in dem Menschen offener gegenüber der Gnade sind, mit allem spontaner umgehen; wo sie zwischen religiösem und profanem Bereich keine klaren Trennungslinien ziehen… 3. Heilung geschieht auch in geordneten Bahnen. Die Kirche bietet in vielen Teilen Europas praktisch noch immer flächendeckend die Sakramente an. Und sind nicht die Sakramente die Charismen „par excellence“? Fließt nicht gerade über sie jede Gnade zu den Menschen? Treiben die Priester nicht Dämonen aus, wenn sie die Beichte abnehmen und dem Beichtenden dabei die Hand auflegen und über ihn das Kreuzzeichen machen? Trinken wir nicht täglich das Gift aggressiver Medienlandschaften und sonstiger Strukturen des Bösen, ohne dass es uns schadet? Und denken wir nach: Die meisten Errungenschaften, die wahrhaft im Dienst des Menschen stehen (im Bereich der Medizin und ärztlichen Versorgung, der Erziehung und Wohlfahrt) sind oft Frucht christlich-jüdischen Ideenguts. Der Heilungsdienst, den die Kirche zu leisten gerufen ist, wird tatsächlich – aber größtenteils unerkannt – in unserer Gesellschaft geleistet. Christus ist überall unterwegs, wo Menschen anderen Menschen zur Seite stehen, auch wenn es nicht mehr ausdrücklich unter der Autorität oder im Namen der Kirche geschieht. Es sind mit christlichem Gedankengut durchwirkte Strukturen – wenn auch oft wie nach Art des Feldes, auf dem Weizen und Unkraut nebeneinanderstehen. Als Christen können wir im Alltag miterlösen - nicht nur, wenn glamouröse Gesten geschehen … Wo Liebe praktiziert wird, passieren jeden Tag Wunder! Gespräch mit Christus: Herr, ich danke dir für diese Gedanken! Du hast mir gezeigt, dass Heilung auf vielerlei Weise geschehen kann – und dass sie nur dann echt und wirksam ist, wenn wird dir dabei die Ehre geben! Bewahre uns alle vor der Versuchung, dein Wort und deine Gaben ohne innere Beziehung zu dir und deinem Geist zu gebrauchen, und hilf uns, den Wert der „kleinen Wunder im Alltag“ zu schätzen. Möglicher Vorsatz: Heute möchte ich mir bewusstmachen, dass ich durch meine kleinen Opfer und Gebete tatsächlich am Erlösungswerk Christi mitarbeiten kann, und ich möchte auch eine Gelegenheit nutzen, diese Erkenntnis anzuwenden.
Über Messbecher und Maßstäbe 26. Januar 2017
Gedenktag Hl. Timotheus und Titus, Bischöfe Beate Scheilen Mk 4,21-25 In jener Zeit sprach Jesus: Zündet man etwa ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber oder stellt es unter das Bett? Stellt man es nicht auf den Leuchter? Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird, und nichts Geheimes, das nicht an den Tag kommt. Wenn einer Ohren hat zum Hören, so höre er! Weiter sagte er: Achtet auf das, was ihr hört! Nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden, ja, es wird euch noch mehr gegeben. Denn wer hat, dem wird gegeben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Einführendes Gebet: Jesus, du hast Licht in mein Leben gebracht. Ich darf ein Kind deiner Kirche sein. Durch die Eucharistie, die Beichte und auf viele andere Weise erhellst du immer wieder meine Dunkelheit. Ich danke dir für so viel Geduld und Liebe! Bitte lass meinen Maßstab dir gegenüber immer großzügiger werden. Bitte: Herr Jesus, hilf mir zu sehen, wo ich Licht für andere sein kann und soll. Gib mir den Willen und den Mut, sie zu dir zu führen. 1. Das Licht kommt in die Welt. „Kommt etwa die Lampe“, heißt es in einer anderen Bibelübersetzung, „damit sie unter das Maßgefäß gestellt werde…?“. Normalerweise kommen Lampen nicht von selbst in dunkle Räume. Hier wird klar, dass Jesus mit dem Licht sich selbst meinen könnte. Er kommt in unsere dunkle Welt – und er kommt nicht zu dem Zweck, „sein Licht unter den Scheffel zu stellen“! Im Gegenteil, es soll auf einem Leuchter stehen, damit alle es sehen! Wurde das Geheimnis des Reiches Gottes im direkt vorhergehenden Text noch vor denen verborgen, die es nicht erkennen wollten, so kündigt Jesus nun an, dass eines Tages auch dieses Verborgene für alle klar sichtbar werden wird. Wie ist das gemeint? 2. Die Kirche ist der Leuchter. Zur Zeit Jesu kursierten im Römischen Reich viele esoterische Geheimlehren. Die Mitglieder dieser exklusiven Zirkel waren unter Strafe dazu verpflichtet, ihre Kenntnis der Lehren und Riten, die dort praktiziert wurden, keinem Außenstehenden mitzuteilen. Hier macht Jesus unter anderem klar, dass er nicht einfach einen weiteren esoterischen Zirkel zu gründen gedenkt, bei dem es dauerhaft Mitglieder „drinnen“ und Nichtmitglieder „draußen“ gibt. Die Frohbotschaft ist für alle bestimmt. Alles soll offenbar werden – d.h. jeder soll Kenntnis vom Geheimnis Gottes erlangen können. Der Weg dorthin sollte aber über die Verbreitung dieses ersten Lichts führen, das Jesus war. Es sollte zunächst übergreifen auf die Apostel. Ihnen wurde die Botschaft vom Reich Gottes zur Verbreitung anvertraut. Das Ergebnis ist: die Kirche. Sie ist der „Leuchter“ für das Licht. „Auf Zion hoch gegründet steht Gottes heilige Stadt, dass sie der Welt verkündet, was Gott gesprochen hat“, heißt es in einem bekannten Kirchenlied. 3. Das Maß bestimme ich. Als Glieder der Kirche haben wir Teil an Gottes großem Geschenk für die Welt. Aber eine Gabe ist ja bekanntlich auch eine Aufgabe! Gott möchte, dass das Evangelium in unserem Leben Frucht bringt, und er möchte auch, dass wir Zeugen für das Licht werden, das unser eigenes Leben hell gemacht hat! Jetzt kommt es also auf meine Initiative an. Mache ich den Glauben zur Priorität in meinem Leben und teile ihn großzügig mit anderen, dann wird Gott mir auch seinerseits viel geben – nicht nur jetzt, sondern auch im nächsten Leben! Gespräch mit Christus: Herr, unser Leben ist nicht einfach nur für uns da. Wir sollen ein Geschenk sein für andere, ein Geschenk, das sie zu Gott führt. Wir helfen anderen zum Licht zu gelangen, indem wir selbst darauf zugehen und anderen die Wahrheit zeigen. Herr, hilf mir, auf die Kraft deines Lichtes zu vertrauen und gib, dass ich mutig genug bin, dein Licht anderen weiterzugeben. Möglicher Vorsatz: Ich will überlegen, wo ich im Glauben noch wachsen kann. In den nächsten Tagen möchte ich mich dieser Frage durch die Betrachtung meines Lebens, das Nachlesen im Katechismus oder ein Gespräch mit einem Priester stellen und für die Konsequenzen offen sein.
Eile mit Weile 27. Januar 2017
Freitag der dritten Woche im Jahreskreis Hl. Angela Merici OSU Hl. Julian von Le Mans, Bischof Beate Scheilen Mt 4,26-34 In jener Zeit sprach Jesus: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst, und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da. Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, so dass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war. Einführendes Gebet: Herr, ich komme zu dir mit einem Senfkorn an Glauben und vertraue darauf, dass du durch diese Zeit, die ich mit dir verbringe, nach und nach einen Baum daraus machen möchtest, unter dem viele andere Menschen Platz haben. Bitte lass meinen Glauben wachsen und Frucht bringen. Bitte: Herr, hilf mir zu erkennen, wann ich im Apostolat tätig werden und wann ich den Samen einfach reifen lassen soll. 1. Wachstum braucht Zeit. Gott sät den Samen der Gnade großzügig aus. Er erwartet aber nicht sofort Ergebnisse. Auch die Natur hat er so angelegt, dass es seine Zeit braucht, bis der Same keimt und eine Pflanze entsteht, die Früchte trägt. Unsichtbar für uns arbeitet es in der Erde, und eines Tages ist ein Keimling da. Er wächst jeden Tag ein wenig mehr, und irgendwann steht an dieser Stelle ein Baum. Damit der Baum wächst, braucht niemand daneben zu stehen und an dem Keimling zu ziehen, oder ihn permanent zu beobachten. Auch dass man von einem Tag auf den anderen mit bloßem Auge keinen Größenunterschied sehen kann, heißt nicht, dass dieser Tag nutzlos gewesen ist. Jeder Tag ist wichtig! 2. Schritt für Schritt zur Heiligkeit. Eine Seele, die von Gott berührt wurde, verändert sich normalerweise nach und nach. Ausnahmen wie der heilige Paulus („vom Saulus zum Paulus“) bestätigen die Regel. Ich werde in der Regel nicht von einem Gebet, einer Kommunion, einer Predigt und einer Beichte heilig, sondern von der beständigen Wiederholung jeden Tag, jede Woche, jeden Monat... Deswegen ist die einzelne Handlung aber nicht überflüssig! Eine einzelne Treppenstufe ist nicht viel - aber ohne die Stufen komme ich nicht oben an, denn wer kann schon vom Erdgeschoss in die erste Etage springen?
Das bedeutet auch: Ich muss nicht „mit der Brechstange“ Leute bekehren, um meine Existenz als Apostel zu rechtfertigen. Angesichts der Resonanz, die Jesus damals auf seine Lehrtätigkeit bekam, wäre es auch seltsam zu erwarten, dass seine Nachfolger von Erfolg zu Erfolg eilen… Es genügt, Anstöße zu geben, ein Samenkorn in ein Herz zu legen, und abzuwarten. Voreilig ernten zu wollen, ist eher kontraproduktiv. Durch die Zeitspanne zwischen „Aussaat“ und „Ernte“ kann ich lernen, dass es nicht mein Verdienst ist, wenn Menschen zum Glauben finden. Wir pflügen den Acker und säen einen Samen aus. Dass der Same wächst, liegt in Gottes Hand. Allerdings kann ich durch mein Gebet die Bedingungen für das Gedeihen der Pflanze wesentlich verbessern! 3. Überproportionale Kraft. Das Reich Gottes auf Erden hat als armseliges Senfkorn mit einer Handvoll Leute begonnen und ist zu einem großen Baum herangewachsen, in dem mehrere Milliarden Menschen ihre geistige Heimat gefunden haben. Wer das vor 2000 Jahren vorausgesagt hätte, wäre für einen Phantasten gehalten worden (manche hielten Paulus dafür)! Aber Gott hat die Kraft, aus einem Samenkorn einen Baum zu machen, aus Sündern Heilige, und aus zwölf Aposteln eine weltweite Kirche. Er hat in jede Zelle eine arteigene DNA gelegt (sein „Wort“), die bewirkt, dass ein Same sich zu einer Pflanze entwickelt, im Ei ein Küken entsteht und aus Ei- und Samenzelle ein Mensch wird. Diese Dinge geschehen, ohne dass wir etwas dazu tun müssen. Vielleicht sollten wir bei allem apostolischen Eifer auch einmal innehalten und bedenken, dass nicht wir die Kirche retten, sondern die Kirche uns. Schauen wir uns nochmal den Bauern im Gleichnis an: er war durchaus nicht untätig, hat gepflügt und gesät - aber was das Wachsen seiner Saat betraf, hatte er „die Ruhe weg“. Ein Vorbild für uns? Gespräch mit Christus: Herr, ich danke dir für das Wirken deiner Gnade in der Welt, über die Jahrhunderte hindurch. Irgendwann wird die Welt für die Ernte reif sein. Bitte lass bis dahin den Samen deines Wortes in vielen Herzen keimen und Frucht bringen. Möglicher Vorsatz: Heute werde ich mir Zeit nehmen, um meine Aktivitäten für die Verbreitung des Glaubens zu überdenken.
Schwacher Mensch, starker Gott 28. Januar 2017
Gedenktag Hl. Thomas von Aquin, Kirchenlehrer Beate Scheilen Mk 4,35-41 An jenem Tag, als es Abend geworden war, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, so dass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich, und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht, und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen? Einführendes Gebet: Jesus, du bist Gott, aber auch ein echter Mensch und hattest zu deiner Erdenzeit auch Schlaf nötig. Wenn du schon nicht pausenlos arbeiten konntest, so kann ich es sicher auch nicht. Hilf mir, meine Grenzen, die ich als Mensch habe, zu erkennen und zu berücksichtigen. Bitte: Herr, hilf mir, in allen Stürmen dieses Lebens darauf zu vertrauen, dass du immer mit im Boot bist. 1. Jesus ist Mensch. Hier beginnt eine Serie von Erlebnisberichten, die Jesus als den Herrn zeigen: Er ist der Herr über die Mächte der Natur, über Dämonen, über Krankheiten und selbst über den Tod! Aber zunächst einmal erleben wir ihn als Menschen. Was geschieht? Die Jünger fahren mit Jesus im Boot über den See, und während der Überfahrt schläft er ein. Sein Schlaf ist so tief, dass er noch nicht einmal bemerkt, dass sich ein Sturm aufgeworfen hat und das Boot kurz davor ist, unterzugehen. Jesus schläft sicher nicht, um seinen Jüngern eine pädagogische Lektion in Gottvertrauen zu geben. Er schläft, weil er sich in seiner Lehrtätigkeit restlos für seine Mitmenschen verausgabt hat und nun völlig erschöpft ist. Gott ist als Mensch auf der Erde erschienen, „in allem uns gleich, außer der Sünde“, wie es in einem Hochgebet heißt. Dazu gehört auch, dass er essen und schlafen muss. Von beidem bekam er während seiner drei Wanderjahre wenig genug. Die Menschen, die ihn umdrängten, und denen zu helfen er gekommen war, ließen ihm nicht viel Zeit, für das eigene Wohl zu sorgen. 2. Jesus ist besonders. Die Jünger haben dafür offenbar wenig Verständnis. Sie wecken ihn und behaupten ernsthaft, es sei ihm wohl egal, dass sie jetzt sterben müssten: „Meister, kümmert es dich nicht…?“ Dass sie ihn gerade jetzt „Meister“ nennen, verstärkt den Vorwurf noch. „Du bist doch für uns verantwortlich! Wir haben für dich alles verlassen, jetzt kümmere dich um uns! Sollen wir hier etwa deinetwegen untergehen?!“
- Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Sobald wir in irgendeine unangenehme Lage geraten, in der Gott uns nicht so hilft, wie wir das gerade erwarten, drängt sich uns schnell ein ähnlicher Vorwurf auf die Lippen: „Gott, wo bleibst du denn? Bin ich dir egal? Ich habe doch so viel für dich aufgegeben und arbeite so eifrig für dich! Willst du mir denn jetzt nicht helfen?“ O ja, der Mensch an sich bleibt doch immer gleich…Ich stelle mir vor, dass Jesus, nachdem er wach wurde, erst einmal „abwarten und bis zehn zählen“ musste, um die Dreistigkeit seiner Jünger zu verarbeiten. Meinen sie tatsächlich, er habe sie handverlesen ausgesucht und ausgebildet, um sie dann beim erstbesten Sturm untergehen zu lassen? Was soll Jesus ihrer Meinung nach denn jetzt tun? - Meinen wir wirklich, Gott habe uns das Leben geschenkt, uns in seine Familie eingeladen und uns beauftragt, seine Botschaft weiterzugeben – um uns dann bei der erstbesten Gelegenheit im Stich zu lassen? 3. Jesus ist Gott. Jesus fragt aber erst gar nicht, was die verängstigten Jünger jetzt wohl von ihm erwarten. Ihre Vorschläge hat er nicht nötig, zudem bleiben sie weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Jesus steht einfach auf und sagt zu dem See: „Gib Ruhe!“ Wer schon mal am Meer war, der weiß, wie lange eine bewegte Wassermasse braucht, um sich zu beruhigen. Aber nach dem Machtwort Jesu ist der See von einem Moment auf den anderen „völlig still“.
Die Jünger sind schockiert. Vermutlich wissen sie gerade nicht, vor wem sie sich mehr fürchten sollen: Vor dem Sturm, oder vor Jesus, der mit dem Sturm spricht, als habe er ein unartiges Kind vor sich, das er ganz offensichtlich aus eigener Vollmacht zur Räson bringt. „Wer ist das…?“, fragen sie sich. Die Antwort liegt auf der Hand: Jesus ist Gott. Deswegen gehorcht ihm die Natur. Seltsam, dass er seine Macht vorher nicht dazu verwendet hat, seine Müdigkeit zu beseitigen, nicht wahr? Jesus nutzt weder hier noch sonst jemals seine göttliche Macht aus, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Er zaubert sich in der Wüste kein Brot herbei, als er Hunger hat – macht aber aus fünf Broten ein Essen für Tausende Menschen. Er überlässt sich dem Schlaf – aber er überlässt seine Jünger nicht ihrer Angst, unterzugehen. - Nach welchen Kriterien handele ich?„In unsrer Schwachheit erschien er als Mensch, in seinen Wundern als Gott;
mächtig, wenn er die Dämonen beherrscht; gütig und barmherzig, wenn er die Sünder aufnimmt; menschlich war sein Hungern, göttlich die Vermehrung der Brote; menschlich sein Schlaf im Fischerboot, göttlich sein Befehl an das Meer.“ (aus einer Predigt von Aelred von Rievaulx, gest. 1167) Gespräch mit Christus: Herr, du hast deine Macht nie ausgenutzt, um dir selbst ein schönes Leben zu machen – hast aber alles für die Menschen getan, wenn sie etwas nötig hatten. Ehrlich gesagt, mache ich es manchmal genau umgekehrt… ich nutze die mir gegebenen Mittel erst einmal, um mir selbst zu helfen. Hilf mir, Herr, deinem Vorbild nachzueifern, auch wenn es vielleicht erst einmal in kleinen Dingen geschieht! Möglicher Vorsatz: Ich werde heute darüber nachdenken, wie ich mit meinen Mitteln (Zeit, Geld, Talente…) einem anderen Menschen helfen kann, und dafür selbst auf etwas verzichten.
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