Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 28. August 2016 bis Samstag 3. September 2016

Zweiundzwanzigste Woche im Jahreskreis

Angelika Knauf

Selige Demut der LiebeSonntag
Der Wahrheit nichts vorziehenMontag
Der Heilige GottesDienstag
Gott befragen und aus seinem Willen lebenMittwoch
Unsere Masken fallen lassenDonnerstag
Jesus Christus, Bräutigam meiner SeeleFreitag
Jesus Christus ist der Herr - und er ist meine FreiheitSamstag


Selige Demut der Liebe

28. August 2016

Zweiundzwanzigster Sonntag im Jahreskreis

Angelika Knauf

Lk 14,1.7-14
Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen. Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Einführendes Gebet: Jesus, meine Sehnsucht nach Fülle ist unermesslich. Ich glaube, dass diese Fülle allein in dir zu finden ist. Ich möchte mich an deinem Tisch der Liebe nähren dürfen.

Bitte: Offenbare mir mehr von der Herrlichkeit deiner Liebe, damit ich lerne, welche Freude es ist, alles zu empfangen.

1. Gott erkennen. Wir lesen in der Heiligen Schrift oft von Jesu Auseinandersetzungen mit den Pharisäern. Es mag verwundern, dass er sich ihnen dennoch immer wieder aussetzt. Doch er sorgt sich um sie, vielleicht weil er in ihnen ein Grundproblem des Menschen am deutlichsten erkennt: Nicht zu wissen, wer Gott wirklich ist, und nicht zu wissen, wer man selbst vor ihm ist. Gäste, die sich unaufgefordert die Ehrenplätze aussuchen, ehren den Gastgeber nicht, sondern missbrauchen seine Ehre für ihr eigenes Ansehen. Sie lieben den Gastgeber auch nicht, sonst würden sie diejenigen in seine Nähe lassen, die er um sich wünscht. Obwohl Demut eine Frucht der Selbsterkenntnis ist, ist es eine Haltung, die wir nicht aus uns selbst heraus entwickeln können. Nur in Beziehung zum Je-Größeren steht sie uns offen. Sie ist auch keine Haltung, die uns niederdrücken soll. Um wahrhaft demütig zu werden, müssen wir Gottes Herrlichkeit erfahren. Gottes Herrlichkeit wird uns beseligen und nicht niederdrücken, wenn wir erkennen dürfen, dass ein solch herrlicher Gott uns wahrhaft liebt. Ja, dass gerade die Vollkommenheit seiner Liebe seine wahre Herrlichkeit ist. Diese Erkenntnis wird uns Quelle reinster Freude sein.

2. Mich erkennen. Wenn ich die Herrlichkeit der Liebe Gottes erfahre und annehme, dann lerne ich die Freude kennen, sein Geschöpf zu sein. Der Mensch von heute möchte oftmals kein Geschöpf sein, er will selber ganz oben stehen, auf dem ersten Platz. Er sehnt sich unablässig nach Erfüllung, und bleibt doch auf allen ersten Plätzen, die er nach und nach erobert, innerlich leer. Warum ist das so? Weil Gott ihn auf seine Liebe hin geschaffen hat. Der Mensch ist darauf angelegt, Gottes Liebe zu empfangen. Ich bin nicht geschaffen, um klein zu bleiben, sondern um in Gottes Liebe groß zu werden. Gott möchte, dass ich zu ihm in Beziehung trete. Er will sich mir ganz schenken, doch wenn ich voll von mir selbst bin, kann ich mich nicht von ihm beschenken lassen. Dann führt er mich auf den letzten Platz zurück, damit ich von mir leer werde und in mir wieder Sehnsucht nach seiner Nähe aufflammt. Demütigungen wollen heilen, nicht strafen.

3. In Gott sein und mich verschenken. Wenn Jesus seinen Gastgeber nach dieser Belehrung auffordert, solche Gäste an seinen Tisch zu laden, die es ihm nicht vergelten können, dann lädt er ihn ein zu handeln, wie Gott handelt. Es ist Gottes Freude, sich an uns zu verschenken, die wir vor ihm Arme, Krüppel, Lahme und Blinde sind. Seine Barmherzigkeit beruft uns zur Teilnahme an seinem göttlichen Leben. Wir treten in sein göttliches Leben voller Liebe ein, wenn wir uns am Tisch des Wortes und des Brotes von ihm nähren lassen - an dem Ort, zu dem er uns geführt hat. Ein Leben mit Gott, aus der Begegnung mit ihm in der Heiligen Schrift und in seinen Sakramenten, vor allem dem der Eucharistie, macht uns fähig, uns der Liebe zu öffnen. Dann wird es unsere Freude sein, die Liebe selbst zu leben und jene, die in der Dunkelheit der Glaubensferne hungern und dürsten, an diesen Tisch der Liebe zu rufen und zu führen.

Gespräch mit Christus: Jesus, an deinem Tisch ist keine Nahrung für die, die sich an sich selbst sättigen. Doch denen, die nach deiner Liebe hungern und dürsten, reichst du dich selbst zur Speise. Wer sich in der Betrachtung deiner Schönheit ganz vergessen kann, den rufst du, an deiner Brust zu ruhen.

Möglicher Vorsatz: Ich möchte heute meine Sehnsucht nach wahrer Begegnung mit Jesus Christus nicht mit oberflächlichen Freuden betäuben. Ich will nur ihn suchen, wenn ich ihn heute in der Eucharistie empfange oder ihm im Gebet begegne.


Der Wahrheit nichts vorziehen

29. August 2016

Gedenktag
Enthauptung Johannes des Täufers
Hl. Sabina, Märtyrerin

Angelika Knauf

Mk 6,17-29
Herodes hatte Johannes festnehmen und ins Gefängnis werfen lassen. Schuld daran war Herodias, die Frau seines Bruders Philippus, die er geheiratet hatte. Denn Johannes hatte zu Herodes gesagt: Du hattest nicht das Recht, die Frau deines Bruders zur Frau zu nehmen. Herodias verzieh ihm das nicht und wollte ihn töten lassen. Sie konnte ihren Plan aber nicht durchsetzen, denn Herodes fürchtete sich vor Johannes, weil er wusste, dass dieser ein gerechter und heiliger Mann war. Darum schützte er ihn. Sooft er mit ihm sprach, wurde er unruhig und ratlos, und doch hörte er ihm gern zu. Eines Tages ergab sich für Herodias eine günstige Gelegenheit. An seinem Geburtstag lud Herodes seine Hofbeamten und Offiziere zusammen mit den vornehmsten Bürgern von Galiläa zu einem Festmahl ein. Da kam die Tochter der Herodias und tanzte und sie gefiel dem Herodes und seinen Gästen so sehr, dass der König zu ihr sagte: Wünsch dir, was du willst; ich werde es dir geben. Er schwor ihr sogar: Was du auch von mir verlangst, ich will es dir geben, und wenn es die Hälfte meines Reiches wäre. Sie ging hinaus und fragte ihre Mutter: Was soll ich mir wünschen? Herodias antwortete: Den Kopf des Täufers Johannes. Da lief das Mädchen zum König hinein und sagte: Ich will, dass du mir sofort auf einer Schale den Kopf des Täufers Johannes bringen lässt. Da wurde der König sehr traurig, aber weil er vor allen Gästen einen Schwur geleistet hatte, wollte er ihren Wunsch nicht ablehnen. Deshalb befahl er einem Scharfrichter, sofort ins Gefängnis zu gehen und den Kopf des Täufers herzubringen. Der Scharfrichter ging und enthauptete Johannes. Dann brachte er den Kopf auf einer Schale, gab ihn dem Mädchen und das Mädchen gab ihn seiner Mutter. Als die Jünger des Johannes das hörten, kamen sie, holten seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab.

Einführendes Gebet: Jesus, du willst mich immer tiefer in deine Wahrheit führen. In jedem Moment meines Lebens bist du mir nahe und rufst mich zu dir. Ich danke dir für deine Liebe!

Bitte: Ich bitte dich, Herr, öffne mein Herz und befreie mich von dem, was mich gerade daran hindert zu erkennen, was du mir sagen willst!

1. Heilige Unruhe. Herodes ist ein Beispiel für einen Menschen, den Gott an seinen Tisch laden will und der sich dann doch lieber an seinem eigenen Tisch sättigt. Herodes wusste, dass Johannes ein heiliger Mann war. Er wurde unruhig und ratlos, wenn er ihm zuhörte, und doch tat er es gern. Unruhe und Ratlosigkeit in der Begegnung mit etwas Heiligem können ein erstes Anzeichen sein, dass Gott sich uns tiefer nähern möchte. Unsere von Gott geschaffene Seele reagiert auf seinen Anruf, in ihrem tiefsten Innern hört sie ihn gern. Doch aufgrund der Weise, wie wir an der Oberfläche und im Außen leben, kennen wir einen solchen Ruf oft noch nicht. Darum fühlen wir uns durch ihn zunächst in Frage gestellt, werden ratlos und unruhig. Eine noch unbekannte Sehnsucht erwacht in uns und gerät in Konflikt mit dem, was bisher zu den Gewohnheiten unseres Lebens gehörte.

2. Die Spannung ertragen lernen. In den Momenten, in denen Heiliges in unser Leben tritt und uns innerlich anruft, erheben sich meist auch andere Kräfte. Herodias, die unrechtmäßige Frau des Herodes, fürchtet um ihre Stellung und ihr Ansehen. Sie nutzt die menschliche Schwäche des Herodes schamlos aus, um im Keim zu ersticken, was sich in ihm zu regen beginnt: Ein Gespür für die Wahrheit. So erfahren wir das auch, wenn eine neue Erkenntnis über Gott in uns Fuß fassen möchte und aufleben will. Wir treffen auf Widerstand von außen, manchmal von Menschen, oft aber spüren wir ihn auch aufgrund von oberflächlichen Haltungen, die unser Inneres noch beherrschen: Der Wunsch nach Kontrolle, nach Sicherheit, nach Herrschaft in unserem Leben, nach äußerem Ansehen oder einfach nur nach Bequemlichkeit. Solange wir noch nicht klar sehen, zu welcher Entscheidung wir geführt werden sollen, ist es wichtig, der daraus entstehenden Spannung nicht zu schnell zu entfliehen. An ihr können wir nach und nach erkennen, was uns zu dieser tieferen Übereinstimmung mit der Wahrheit ziehen möchte und auch, was uns noch daran hindert, uns ihr zu öffnen.

3. Sich für die Wahrheit entscheiden. â€žDa wurde der König sehr traurig (…).“ Wäre Herodes diesem Impuls nur gefolgt! Herodes wurde während dieser Feier ganz in die korrupte Seite seines Menschseins zurückgelockt und darin verfangen. Dennoch löst die Bitte seiner Stieftochter Traurigkeit in ihm aus. Diese Traurigkeit kam aus dem Adel seiner Seele, von dorther, wo sie noch offen für die Wahrheit war. Es wäre der Moment der Entscheidung für einen ganz neuen Anfang gewesen. Die Entscheidung hätte eine Umkehr bedeutet, sicherlich viel Hohn und Spott geerntet, aber Herodes hätte eine Tür zur Freiheit aufstoßen können, um auf der Seite der Wahrheit zu stehen. Er tat es nicht und die Folge war nicht nur Unheil für seine Seele, sondern auch die äußere Vernichtung des Heiligen. Wenn wir über dieses Drama nachdenken, kann uns das den Mut geben, zu gegebener Zeit eine Entscheidung für die Wahrheit zu fällen. Vielleicht gegen Konventionen, die uns noch gefangen halten, denn unser mutiger Schritt kann auch anderen helfen, Heiliges zu entdecken. Jede Entscheidung für Gott ist ein leuchtendes Zeugnis für die Wahrheit, zum Heil vieler. Beten wir um Gottes Gnade, solche Momente zu erkennen und um die Kraft, uns dann für Gott zu entscheiden.

Gespräch mit Christus: Jesus, über viele Situationen, denen ich täglich begegne, suchst du einen Weg in mein Herz. Doch so oft erkenne ich dich nicht, weil mein Herz in oberflächlichen Haltungen befangen ist. Wenn ich dich doch erkenne, bringe ich nicht den Mut auf, dir zu folgen. Hab Erbarmen mit meiner Schwäche!

Möglicher Vorsatz: Ich will heute auf den Anruf achten, durch den der Herr mich tiefer in seine Wahrheit führen will. Dazu werde ich kleine Momente der Reflexion in meinen Tagesablauf einbauen.


Der Heilige Gottes

30. August 2016

Dienstag der Zweiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Heribert von Köln, Bischof
Hl. Ingeborg
Hl. Felix, Märtyrer

Angelika Knauf

Lk 4,31-37
In jener Zeit ging Jesus hinab nach Kafarnaum, einer Stadt in Galiläa, und lehrte die Menschen am Sabbat. Sie waren sehr betroffen von seiner Lehre, denn er redete mit göttlicher Vollmacht. In der Synagoge saß ein Mann, der von einem Dämon, einem unreinen Geist, besessen war. Der begann laut zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes! Da befahl ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der Dämon warf den Mann mitten in der Synagoge zu Boden und verließ ihn, ohne ihn jedoch zu verletzen. Da waren alle erstaunt und erschrocken, und einer fragte den andern: Was ist das für ein Wort? Mit Vollmacht und Kraft befiehlt er den unreinen Geistern, und sie fliehen. Und sein Ruf verbreitete sich in der ganzen Gegend.

Einführendes Gebet: Mein Herr und mein Gott, vor deiner Heiligkeit kann nichts bestehen, das unrein ist. Was in mir unrein ist oder klein, erschreckt vor deiner Gegenwart. Doch deine Liebe hat auch mich zur Heiligkeit berufen, damit ich Anteil an dir habe. Ich will dich anbeten, du mein Gott!

Bitte: Ã–ffne, was in mir von dir getrennt ist, dem Anruf deiner Liebe! Bei diesem Gebet!

1. Mensch wie wir und doch der ganz Andere. Jesus steht noch am Anfang seines Wirkens. Er hatte sich von Johannes taufen lassen und der Geist des Vaters war auf ihn herabgekommen. Dieser hatte ihn in die Wüste geführt, wo er die Versuchungen Satans zurückwies. Er begann sein Wirken in Galiläa und kam auch in seine Heimatstadt Nazareth, doch die Menschen dort lehnten das Zeugnis, das er über sich selbst gab, ab. Sie wollten ihn gar töten, „er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“ (Lk 4,30) Es ist etwas in Jesu Auftreten, das die Menschen betroffen macht, regelrecht aufschreckt. Da ist einer, der sichtbar Mensch wie sie ist und doch etwas an sich hat, das sie nicht kennen: göttliche Vollmacht. Auch wir erfahren in unserem Leben mit Christus diese Momente, in denen wir etwas wahrnehmen, das wir nicht mehr benennen oder aussagen können; das wir nicht mehr begreifen können, von dem vielmehr wir ergriffen werden: Wir begegnen dem Heiligen.

2. Das Heilige duldet keine Unreinheit. Wo Heiliges auf Unreines trifft, provoziert es. Ein Dämon, ein unreiner Geist, der einen Mann besessen hält, schreit auf, als er Jesu Lehre hört. „Unrein“ meint hier mehr als moralisch nicht gut sein. Es meint, von Gott, der der Heilige ist, getrennt sein. Der Teufel hatte sich aus freien Stücken von Gott getrennt, dessen Heiligkeit er nicht anerkennen und nicht dienen wollte. Seitdem versucht er alles, um auch die Menschen von Gott zu trennen. Und meist versucht er das verdeckt, unauffällig. Er scheut die direkte Konfrontation, denn er ist der Vater der Lüge, der sich auch hier feige in einem Menschen verbirgt. Wahrscheinlich duldet Jesus deshalb nicht, dass der Dämon Zeugnis über ihn ablegt. Und er duldet nicht, dass er das Leben dieses Mannes weiterhin fesselt und von Gott zu trennen sucht. Er befiehlt ihm auszufahren und obwohl der Dämon sich wehrt, muss er weichen und hat keine Macht mehr, diesem Mann zu schaden: Er bleibt unverletzt. Doch die Umstehenden schrecken auf: „Was ist das für ein Wort?“

3. Die Macht zu heilen. Die Frage der Umstehenden nach dem „Wort“ erinnert an folgenden Vers aus dem Johannesevangelium: „Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (1,3). Ein Wort, durch das etwas ins Dasein tritt und „wird“! Jesus spricht und sogleich geschieht, was er sagt! Die Menschen erahnen, dass hier einer ist, der mehr sein muss als ein Prophet. Ihre Worte waren immer Worte, die „nur“ im Auftrag Gottes gesprochen waren. Jesu Wort jedoch ist schöpferisch, es schafft Realität! Warum aber schrecken auch wir so oft vor seinen Verheißungen zurück? Ist es nicht vielleicht, weil das Unheilige und Unreine in uns sich provoziert fühlt und aufbegehrt? Weil wir immer noch oft genug meinen, dass das Heilige uns zerstören will? Jesus hat die Macht, uns von allem zu befreien, was uns von ihm trennen will. Seine Macht ist die Macht der Heiligkeit, die immer in das wahre Sein ruft. Erschrecken wir nicht davor, sondern vertrauen wir uns ihr an.

Gespräch mit Christus: Jesus, mein von der Sünde verwundetes Sein wehrt sich so oft gegen deine Heilungsmacht. Auch in mein Herz hat der Vater der Lüge den Keim des Misstrauens gegen deine Liebe gelegt. Befreie mich davon, ich bitte dich, damit ich in deiner Anbetung meine Seligkeit finde.

Möglicher Vorsatz: Ich will die Beichte als das Sakrament der Heilung gerade dann aufsuchen, wenn mich Vorbehalte gegen Gottes Liebe davon fernhalten möchten.


Gott befragen und aus seinem Willen leben

31. August 2016

Mittwoch der Zweiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Paulinus von Trier, Bischof

Angelika Knauf

Lk 4,38-44
In jener Zeit verließ Jesus die Synagoge und ging in das Haus des Simon. Die Schwiegermutter des Simon hatte hohes Fieber, und sie baten ihn, ihr zu helfen. Er trat zu ihr hin, beugte sich über sie und befahl dem Fieber zu weichen. Da wich es von ihr, und sie stand sofort auf und sorgte für sie. Als die Sonne unterging, brachten die Leute ihre Kranken, die alle möglichen Leiden hatten, zu Jesus. Er legte jedem Kranken die Hände auf und heilte alle. Von vielen fuhren auch Dämonen aus und schrien: Du bist der Sohn Gottes! Da fuhr er sie schroff an und ließ sie nicht reden; denn sie wussten, dass er der Messias war. Bei Tagesanbruch verließ er die Stadt und ging an einen einsamen Ort. Aber die Menschen suchten ihn, und als sie ihn fanden, wollten sie ihn daran hindern wegzugehen. Er sagte zu ihnen: Ich muss auch den anderen Städten das Evangelium vom Reich Gottes verkünden; denn dazu bin ich gesandt worden. Und er predigte in den Synagogen Judäas.

Einführendes Gebet: Jesus, der Vater hat dich gesandt und es ist deine Speise, den Willen des Vaters zu tun. Du hast uns gesagt: Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen! Ich möchte das tiefer erfassen und mich davon prägen lassen.

Bitte: Sei jetzt bei mir und mache mich fähig zu verstehen, was du mir mit dem Wort von heute sagen willst.

1. Zu den Menschen gesandt. Dem Evangelisten Lukas zufolge hat Jesus Petrus zu diesem Zeitpunkt noch nicht zum Apostel berufen, sondern er lässt sich wegen eines konkreten Anliegens in sein Haus bitten: um der Schwiegermutter des Petrus zu helfen. Er heilt sie und daraufhin strömen die Menschen mit all ihren Nöten zu ihm, um Hilfe zu finden. Jesus lehnt sie nicht ab. Jedem Kranken legt er die Hände auf und heilt alle, sagt Lukas ausdrücklich. Das konkrete Leid der Menschen lässt ihn nicht unberührt, er nimmt ihre leiblichen Gebrechen ernst. Der Sohn Gottes wäre nicht selbst Mensch aus Fleisch und Blut geworden, wenn es ihm allein um die seelische Heilung des Menschen gegangen wäre. Auch das leibliche Sein des Menschen heiligt er dadurch, dass er sich seinen irdischen Nöten zuwendet, selbst in sie eintritt. Doch er vergisst dabei nicht die eigentliche, tiefere Ursache allen Leids, die Gebrochenheit unserer Seelen. Diese muss er auf andere Weise heilen.

2. Wahres Zeugnis stammt aus der Liebe. Jesus blickt tiefer als nur auf die Gebrechen des Leibes. Dies deutet sich schon dadurch an, dass er nicht nur körperliche Gebrechen heilt, sondern auch Dämonen austreibt, die die Seele des Menschen gefangen halten. Dämonen sind Geschöpfe, die ihrer ursprünglichen Bestimmung nicht entsprachen, weil sie sich vorsätzlich, frei und bewusst von unserem Schöpfer getrennt haben. Ihr ganzes Trachten zielt darauf ab, auch den Menschen in diesen Abfall hinein zu ziehen. Daher gestattet Jesus ihnen nicht zu sagen, wer er ist. Er will nicht, dass ein von Gott abgefallenes Geschöpf seine Pläne und Vorgehensweisen durchkreuzt. Es versteht sie nicht, denn es hat sich von Gott, der Liebe ist, getrennt. Gott will sich durch die Liebe bezeugen, durch die Heiligkeit seiner Liebe. Was das bedeutet, zeigt Jesus uns im weiteren Geschehen.

3. Liebe kommt aus der Einheit mit Gott. Obwohl die Menschen ihn suchen, entzieht Jesus sich ihnen. Er geht an einen einsamen Ort. Ist das lieblos? Immer, wenn Jesus sich in die Einsamkeit zurückzieht, sucht er nicht sich selbst, sondern den Vater, der ihn gesandt hat. Jesus ist im tiefsten Sinne gehorsam, weil er in vollkommener Liebe eins mit dem Vater ist und nichts aus sich heraus tut und tun will. Seine liebende Hinwendung zu den Menschen soll aus seiner Sendung vom Vater kommen, damit die Menschen Anteil an dieser Liebe und Einheit gewinnen können. Somit kann er seine Sendung nicht vom Willen der Menschen bestimmen lassen, denn sie würden nicht zur ganzen Wahrheit gelangen. So wendet er sich dem Willen des Vaters entsprechend von Galiläa aus nach Judäa, um auch dort das Reich des Vaters zu verkünden. Diese Haltung Jesu kann für uns wegweisend sein, wenn wir hin- und hergerissen sind zwischen unserem Bedürfnis nach Kontemplation und der für andere nötigen Aktion. Wahre Liebe zu den Menschen werden wir nicht leben können, wenn wir nicht zuvor im Gebet die Einheit mit Gott suchen. Denn nur so handeln wir in Einheit mit Gott, der allein zum Heil führen kann.

Gespräch mit Christus: Jesus, wenn ich die Nöte anderer sehe, möchte ich oft alles stehen und liegen lassen, um zu helfen. Doch ich habe nur „Mangelware“ zu geben, wenn ich mich nicht zuvor von dir genährt habe. Und letztlich verhungere ich auch selbst dabei. Lehre mich, nicht auf meine eigenen Kräfte zu vertrauen, sondern in allem zuerst deine Hilfe zu suchen.

Möglicher Vorsatz: Ich will meinen Tag morgens wieder bewusster in Jesu Hände legen und mir vor wichtigen Begegnungen oder Aufgaben ein paar Momente Zeit nehmen, um seinen Willen zu erfragen und um seinen Geist zu erbitten.


Unsere Masken fallen lassen

1. September 2016

Donnerstag der Zweiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Rut, Ahnfrau Jesu
Hl. Ägidius, Abt
Hl. Verena, Einsiedlerin
Alois Scholze, Pfarrer (+ im KZ)

Angelika Knauf

Lk 5,1-11
In jener Zeit, als Jesus am Ufer des Sees Gennesaret stand, drängte sich das Volk um ihn und wollte das Wort Gottes hören. Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in das Boot, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus. Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus auf den See! Dort werft eure Netze zum Fang aus! Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch wenn du es sagst, werde ich die Netze auswerfen. Das taten sie, und sie fingen eine so große Menge Fische, dass ihre Netze zu reißen drohten. Deshalb winkten sie ihren Gefährten im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen, und gemeinsam füllten sie beide Boote bis zum Rand, so dass sie fast untergingen Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder. Denn er und alle seine Begleiter waren erstaunt und erschrocken, weil sie so viele Fische gefangen hatten; ebenso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. Und sie zogen die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten ihm nach.

Einführendes Gebet: Mein Herr und mein Gott, ich stamme ganz aus dir und jeden Moment meines Lebens hältst allein du mich im Sein. Außerhalb von dir vermag ich nichts, entferne ich mich von dir, bist immer noch du es, der mich hält. Wie sehr verlange ich danach, mich diesem Bewusstsein ganz anvertrauen zu können.

Bitte: Jesus, hilf mir jetzt, vor dir zu sein, wie ich wirklich bin, damit unsere Begegnung wahrhaftig werde!

1. Vertrauen und gehorchen. Petrus und seine Gefährten haben schon erlebt, dass Jesus ein Mann Gottes ist. Schon hat er Petri Boot bestiegen. Ohne Widerspruch folgt Petrus Jesu Bitte, sich ein wenig vom Ufer zu entfernen, damit er die Leute lehren kann. Heute wie damals sucht der Herr die Mithilfe der Menschen, damit seine Heilsbotschaft alle erreichen kann. Ist nicht auch die weltweite Kirche noch heute wie ein solches Boot? Jesus lohnt den Gehorsam und will Petrus weiterführen. Scheinbar Unmögliches – am Tag Fische zu fangen – trägt er ihm auf. Petrus vertraut ihm trotz all seiner gegenteiligen Erfahrung: „Doch wenn du es sagst …“ ist sein Bekenntnis an den, den er schon „Meister“ nennt. Die Worte des Petrus stellen uns das alles entscheidende Kriterium in der Nachfolge Jesu vor Augen: Nicht „wenn ich es will“ oder „ so wie ich es kenne“, sondern „wenn DU, Herr, es sagst“! Wir wissen, dass Gottes Wort ein Wort ist, das vollbringt, was es besagt. Sicher, der Mensch würde seiner eigenen Verantwortung nicht gerecht, wenn er nicht selbst planen, unternehmen und die Dinge vollbringen würde. Doch das Wort des Herrn steht über allem menschlichen Vermögen.

2. In Gemeinschaft nachfolgen. Das Vertrauen Petri wird überreich belohnt. Das göttliche Maß übertrifft unvorstellbar weit jedes menschliche Maß und Petrus tut intuitiv das Richtige: Er bittet seine Gefährten um Hilfe. Erst gemeinsam gelingt es ihnen, die Überfülle der Petrus anvertrauten Gnade Gottes einzuholen. Die Gnadengeschenke Gottes sind nie nur für den Einzelnen bestimmt. Gerade weil Gott jeden von uns persönlich liebt, führt er uns mit seinen Gnaden immer in die Gemeinschaft mit anderen ein. Denn wir sind nach seinem Bild geschaffen und er möchte, dass jeder von uns zu einem vollkommenen Abbild von ihm wird. Wie er gemeinsam mit dem Sohn im Geist eins ist, so gelangen auch wir Menschen erst in der Beziehung mit anderen zur ganzen Fülle unseres Seins.

3. Vor Gottes Herrlichkeit klein sein dürfen. Petrus ist erschüttert: Obwohl er schon Zeuge der Heilung seiner Schwiegermutter sein durfte, strahlt ihm nun hier die Herrlichkeit des Heiligen Gottes auf. Da, wo er der Fachmann ist, packt ihn der Herr und zieht ihn an sich. Kennen nicht auch wir diese Momente reiner Gnade, in denen uns die Herrlichkeit Gottes aufscheint und wir fast erleichtert unsere Masken fallen lassen und endlich zu bekennen wagen, was wir sind: Sünder! Doch es ist kein von Bitterkeit erfülltes Bekenntnis, es ist die befreiende Erkenntnis der Wahrheit, die uns in das rechte Verhältnis zu Jesus Christus setzt. Wie könnten wir ohne das klare Bewusstsein, dass wir tatsächlich Sünder sind, die unvorstellbare Fülle des Erbarmens Gottes erfahren? Wie unser Herz vom Ausmaß seiner Liebe überfluten lassen ohne die Erkenntnis, dass wir sie ganz ungeschuldet empfangen haben? Erst dann beginnen wir Gottes Liebe zu erfassen: Er liebt uns persönlich und nicht unsere Leistung. Wenn wir wirklich erkennen, dass wir aus uns heraus nichts vermögen, dann kann Gott sich uns schenken und durch uns wirken. Lassen wir die Masken fallen, die wir vor ihm immer wieder aufsetzen!

Gespräch mit Christus: Jesus, warum kommt es mir zuweilen so vor, als ob die Begegnung mit dir anstrengend und unbequem sein müsse. Ist es, weil ich nicht wage meine Maske vor dir abzulegen? Weil ich meine Sicherheiten dir nicht überlassen will? Weil ich Angst habe, klein vor dir zu sein? Hilf mir, Jesus, dir mehr zu vertrauen.

Möglicher Vorsatz: In Momenten, die mich zu überfordern scheinen, will ich heute innerlich im Herzen Jesu Zuflucht suchen.


Jesus Christus, Bräutigam meiner Seele

2. September 2016

Freitag der Zweiundzwanzigsten Woche im Jahreskreis
Hl. Ingrid OP, Priorin
Hl. Apollinaris Morel OFMCap, Märtyrer
Hl. Franz Urban, Märtyrer

Angelika Knauf

Lk 5,33-39
In jener Zeit sagten die Pharisäer und Schriftgelehrten zu Jesus: Die Jünger des Johannes fasten und beten viel, ebenso die Jünger der Pharisäer; deine Jünger aber essen und trinken. Jesus erwiderte ihnen: Könnt ihr denn die Hochzeitsgäste fasten lassen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; in jenen Tagen werden sie fasten. Und er erzählte ihnen auch noch ein Gleichnis: Niemand schneidet ein Stück von einem neuen Kleid ab und setzt es auf ein altes Kleid; denn das neue Kleid wäre zerschnitten, und zu dem alten Kleid würde das Stück von dem neuen nicht passen. Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Denn der neue Wein zerreißt die Schläuche; er läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuen Wein muss man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der alten Wein getrunken hat, will neuen; denn er sagt: Der alte Wein ist besser.

Einführendes Gebet: Mein Gott und Herr, du bist ein Gott der Liebe und Einheit. Du hast dich auf die tiefst möglichste Beziehung zu uns Menschen eingelassen. Dir möchte ich angehören mit der ganzen Kraft meiner Seele!

Bitte: Jesus, befreie mich von dem alten Kleid meiner Gewohnheiten und bekleide mich mit dem hochzeitlichen Gewand deiner Liebe!

1. Bereit für den Bräutigam? Gerade wenn unser Herz und unsere Seele aufrichtig nach Einheit mit Jesus suchen, wird uns diese Schriftstelle ermutigen können! - Die Schriftgelehrten und Pharisäer sind verstört über das Verhalten der Jünger Jesu, wohl mehr noch: sie sind empört. Es passt nicht in ihr kleinkariertes Denken und ihr Schema von der Gesetzestreue. Das nur heuchlerisch zu nennen, wäre vorschnell. Denn die Pharisäer suchten in den Schriften und im Gesetz danach, wie man gottgefällig lebt, aber für sie blieb Gott ein Richter. Die Erfüllung des Gesetzes wurde so mehr und mehr zu einem sich verselbständigenden Kriterium, bis es letztlich nur noch um die eigene Leistung ging. Denn wichtiger als die Frage „Wer ist Gott für mich?“ wurde die Frage: „Wer bin ich durch meine Leistung?“ – Jemand, der die Kriterien, die rechtfertigen, erfüllt oder eben jemand, der sie nicht erfüllt. Schnell geht dabei das wichtigste Kriterium verloren: in einer wirkliche Beziehung zu Gott zu leben – und nicht nur nach einem selbstgemachten Schema, das mir auch nur eine selbstgemachte Sicherheit geben kann.

2. In Erwartung der Braut. Bei seiner Antwort verwendet Jesus für den Begriff der Beziehung ein Bild, das stärker nicht sein könnte: Er spricht von sich als Bräutigam. Eine Hochzeit ist ein wahrhaftiger Anlass zum Feiern, aber eben aus dem einen Grund: Ein Bräutigam will eins werden mit einer Braut, will die tiefst mögliche Verbindung mit einem anderen Menschen eingehen, sich ganz verschenken. Doch wer ist die Braut, wenn er auch die Jünger Hochzeitsgäste nennt? Wenn er sagt, dass sie fasten werden, wenn ihnen der Bräutigam entzogen wird, kündet er den Moment des Heils an, der die vollkommene Einheit mit ihm schaffen wird. Es wird der Moment sein, wenn er am Kreuz unser aller Heil und Rechtfertigung wirkt und die Gemeinschaft stiften wird, die uns mit dem dreifaltigen Gott vereint: Die Kirche, seine Braut, die aus seinem geöffneten Herzen hervorgeht.

3. Hochzeit feiern. Die Kirche als die Braut Jesu ist der Ort, an dem wir mit ihm Hochzeit feiern, mit ihm eins werden können. Auch die Gebote der Kirche sind kein Selbstzweck, etwas, an dem wir uns abarbeiten, um uns selber zu Heiligen zu machen. Es sind Hilfen, die uns für die „Hochzeit mit Jesus“ bereit machen sollen. Was es heißt, mit ihm Hochzeit zu feiern, zeigen die Beispiele vom alten und neuen Kleid, vom alten und vom jungen Wein. Um ein neues Kleid anzuziehen, das unser Hochzeitskleid werden soll, müssen wir unser altes Kleid ablegen. Um neuen Wein zu erhalten, müssen wir neue „Gefäße“ werden, die seiner jungen Kraft entsprechen. Der neue Wein mag bitter schmecken, das neue Kleid fremd erscheinen, doch um mit Jesus eins werden zu können, müssen wir bereit sein, eigene und lieb gewordene Gewohnheiten oder Sicherheiten abzulegen. Jeden Tag heißt es aufs Neue, sich auf das Wirken Jesu in unserem je eigenen Leben einzulassen und nicht hängen zu bleiben an alten Vorstellungen. Das ist nicht leicht, wie es auch der Schritt einer Braut nicht ist, sich dem Bräutigam ganz hinzugeben. Doch genau das heißt Hochzeit feiern. Bleiben wir nicht nur Hochzeitsgäste, Zuschauer. Legen wir unsere alten Kleider ab, ziehen wir das Hochzeitsgewand der Liebe Jesu an und trinken wir den Becher jungen Weins, den Jesus, der Bräutigam unserer Seele, uns zum ewigen Bundesschluss jeden Tag aufs Neue reicht.

Gespräch mit Christus: Jesus, manchmal bleibst du mir unverständlich. Du wirkst in meinem Leben anders als erwartet oder erhofft und ich bin verwirrt, auch entmutigt. Ich wage nicht mehr, dir mein Herz wieder zu öffnen. Hilf du mir weiter, wenn mich der Mut verlässt oder ich Anstoß an dir nehme. Hilf mir, dir zu erlauben, mich mehr und mehr deinen „Kriterien“ der wahren Liebe anzupassen, auch wenn ich sie noch nicht verstehe.

Möglicher Vorsatz: Ich will heute nicht gleich zurückschrecken und mich verschließen, wenn eine neue Anforderung vom Herrn an mich herantritt.


Jesus Christus ist der Herr - und er ist meine Freiheit

3. September 2016

Gedenktag
Hl. Gregor der Große, Papst
Hl. Sophie von Minden, Märtyrerin

Angelika Knauf

Lk 6,1-5
Als Jesus an einem Sabbat durch die Kornfelder ging, rissen seine Jünger Ähren ab, zerrieben sie mit den Händen und aßen sie. Da sagten einige Pharisäer: Was tut ihr da? Das ist doch am Sabbat verboten! Jesus erwiderte ihnen: Habt ihr nicht gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren - wie er in das Haus Gottes ging und die heiligen Brote nahm, die nur die Priester essen dürfen, und wie er sie aß und auch seinen Begleitern davon gab? Und Jesus fügte hinzu: Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat.

Einführendes Gebet: Jesus, du bist der Herr. Deine Herrschaft ist eine Herrschaft der Liebe. Sie geht einher mit der Befreiung, mit der Erhöhung des Menschen. Ich bete dich an.

Bitte: Ich bitte dich, Herr, befreie mich von den Fesseln, die dein Wort in mir in Ketten legen wollen.

1. Selbstgerechtigkeit. Schöne Nervensägen, diese Pharisäer – ist oft mein erster Impuls bei den Schriftstellen, die über die Einwände der Pharisäer berichten. Wenn die doch nicht ständig das Haar in der Suppe suchen würden… Diese „Ja, aber-Leute“, die es schaffen, jede gerade aufkeimende Begeisterung in eben diesem Keim zu ersticken. Dieses Alltägliche, das den Aufbruch aus althergebrachter Mittelmäßigkeit und Halbherzigkeit nicht wagt! Aber wenn ich ehrlich bin, finde ich, dass mir die Pharisäer gerade deshalb so auf die Nerven gehen, weil ich diese Haltung nur allzu gut aus dem Umgang mit meinem eigenen Herzen kenne. Recht behalten wollen, um sich nicht ändern zu müssen. Lieber die eigenen Ängste pflegen, als sich vom Neuen überraschen zu lassen, das Jesus bringt. In sich selbst bleiben, um Jesu Anruf auszuweichen. Welch elende Enge…wie schnürt mir das die Seele ab! Wie finde ich da raus, wie gelange ich zu dem, was mein Herz zutiefst ersehnt: Freiheit, Weite und Tiefe! Die Freiheit der Kinder Gottes, was ist das und wie gelange ich dahin? Nur über die Herrschaft Jesu!

2. Jesu Reich für den Menschen. Was Gott geschaffen hat, ist für den Menschen. Die Schöpfung ist geschaffen, damit sie dem Menschen dient. Nicht, damit er selbstgerecht wird, sondern damit er lernt, seine Freiheit zu gebrauchen, wie es der rechten Ordnung entspricht. Er hat den Menschen nicht geschaffen, um ihn zu bevormunden, sondern damit er als sein Abbild in der Welt tätig wird. Dem Menschen entspricht es zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen, für seine Bedürfnisse und die der anderen zu sorgen. Denn Gott hat den Menschen auch nicht als Wesen ohne Bedürfnisse geschaffen, sondern als eine Person, die in Freiheit nach ganzer Fülle, nach Erfüllung streben darf. Dass der Mensch nach seiner Abkehr von Gott durch die Sünde die Fülle in sich selbst zu suchen begann und dabei der Verarmung verfiel, hat Gott dazu gebracht, in Jesus selbst Mensch zu werden, um den Menschen jener Fülle wieder zuzuführen, für die er geschaffen war. Aller Kult, alle Religion, die er dem Menschen offenbarte, soll diesem Ziel dienen.

3. Durch die Herrschaft Christi zur Freiheit gelangen. Darum schafft Jesus den Kult auch nicht ab. Er sagt nicht, der Sabbat sei nicht einzuhalten. Doch er muss dem wahren Heil des Menschen dienen. Im Markusevangelium sagt Jesus an dieser Stelle auch: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.“ (Mk 2,27) Erst dann folgt die Aussage: „Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat.“ Hier wird deutlich, was den Pharisäern und oft auch uns selbst den Weg zur Freiheit verbaut: Die Anerkennung der Herrschaft Jesu Christi! Der Sabbat, für uns also der Sonntag, soll uns vom Alltäglichen befreien, damit wir uns wieder unserer Herkunft bewusst werden: Wir stammen von Gott. Wenn wir Gott anbeten und groß sein lassen, erheben wir damit gleichzeitig unser eigenes Haupt. Aber wir dürfen Gott anbeten als die, die wir sind: Frei geschaffene Personen, von Gottes Liebe in ihrer eigentlichen Würde wiederhergestellt. Wenn wir die Herrschaft der Liebe Gottes anerkennen und zu verbreiten suchen, führt uns das aus allem heraus, was uns klein halten und einengen will. In Gott und mit Gottes Hilfe gelangen wir zur unermesslichen Freiheit der Liebe!

Gespräch mit Christus: Mein Jesus, wenn du die Herrschaft in meinem Leben anstrebst, dann willst du meine Freiheit. Du willst, dass ich ganz Mensch werde und zur Fülle meines Menschseins gelange. Du willst all mein Sehnen erfüllen, mir nichts vorenthalten, was mein Herz in Wahrheit ersehnt. Löse alle Fesseln, die mich von dir fernhalten, auch jenen, die ich selbst um mein Herz gelegt habe.

Möglicher Vorsatz: Ich will den morgigen Sonntag ganz bewusst mit Jesus leben, ihn in meinem Herzen auch in die Begegnung mit den anderen hinein holen, damit wir Freiheit atmen können.