Tägliche Meditationen

Tägliche Meditationen

Sonntag 4. Juni 2006 bis Samstag 10. Juni 2006

 

P. Edward McIlmail LC

Ein zartes Anklopfen Sonntag
Zahltag Montag
Eine Fangfrage Dienstag
Liebe deine Nächsten Mittwoch
Selbsthingabe Donnerstag
Herr des Lichts Freitag
Die unaufrichtigen Menschen Samstag


Ein zartes Anklopfen

4. Juni 2006

Pfingstsonntag

P. Edward McIlmail LC

Joh 20,19-23
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Einführendes Gebet:  Heiliger Geist, hilf mir zu erkennen, dass du dich mir mitteilen willst. Du versuchst, all den Lärm und die Ablenkungen zu überwinden, die mich davon abhalten, deine Eingebungen wahrzunehmen. Hilf mir, dass ich dieser Meditation meine ganze Aufmerksamkeit zuwende.

Bitte: Heiliger Geist, schenke mir den Mut, mein Herz keinem deiner Eingebungen zu verschließen.

1. Verschließe dich nicht.  Jesus möchte in unser Leben eintreten. Er gibt nicht auf, auch wenn er manchmal die Türe unseres Herzens verschlossen findet. Es drängt ihn, die Botschaft zu bringen: „Der Friede sei mit dir!” Was ist daran so schlimm? So oft versuchen wir, uns gegen ihn zu verriegeln. Papst Benedikt sagte in einer Predigt am 8. Dezember 2005: „Wenn wir uns allerdings die Welt um uns herum anschauen, können wir sehen, dass es sich eben nicht so verhält; dass vielmehr das Böse den Menschen immer vergiftet, ihn nicht erhöht, sondern ihn erniedrigt und demütigt, ihn nicht größer, reiner und reicher macht, sondern ihm schadet und ihn kleiner werden lässt.“ Gibt es etwas, das wir nicht aufgeben wollen, das uns aber daran hindert, die Tür für Christus zu öffnen?

2. Zeichen des Leidens. Jesus ist kein Gott, der nicht um unser Leiden wüsste. Nach seiner Auferstehung erschien er seinen Jüngern nicht in überwältigender Macht, nein, er zeigte ihnen seine Wunden. Das war der Beweis seiner Identität. Auf diese Art sagte er ihnen damit: „Seht, ich weiß, was Leid ist, und ich habe es überwunden.” Haben sie damit wirklich verstanden, dass Jesus auch um unser Leid weiß? Er versteht, wovon wir reden, wenn wir vor ihm über unser Leid klagen. Ist das ein Trost für mich?

3. „Empfangt den Heiligen Geist.” Das ist gleichzeitig ein Geschenk und ein Gebot. Wir öffnen uns dem Heiligen Geist, um uns von ihm führen zu lassen. Er ist der große Ansporner – er ist es, der uns immer ermutigt, mehr zu tun und anderen zu helfen, ihr Kreuz zu tragen. Der Gründer der Legionäre Christi, P. Marcial Maciel, nennt die dritte Person der Heiligen Dreifaltigkeit: „Sanftmütiger Gast und Tröster meiner Seele”. Habe ich die Stimme dieses Gastes in meinem Herzen erstickt?

Gespräch mit Christus:  Herr Jesus, hilf mir zu erkennen, dass dein Wunsch, in mein Leben einzutreten, ein Akt reiner Liebe ist. Du hast nie die Absicht, mir meine Freiheit zu nehmen. Statt dessen spornst du mich ständig an, diese Freiheit so zu benutzen, dass sie Gott verherrlicht und meine eigene Würde erhöht.

Vorsatz:  Ich will heute mit einem sehr schwierigen Menschen besonders liebevoll umgehen.


Zahltag

5. Juni 2006

Hl. Bonifatius, Bischof und Märtyrer

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,1-12
Jesus begann zu ihnen (wieder) in Form von Gleichnissen zu reden. (Er sagte:) Ein Mann legte einen Weinberg an, zog ringsherum einen Zaun, hob eine Kelter aus und baute einen Turm. Dann verpachtete er den Weinberg an Winzer und reiste in ein anderes Land. Als nun die Zeit dafür gekommen war, schickte er einen Knecht zu den Winzern, um bei ihnen seinen Anteil an den Früchten des Weinbergs holen zu lassen. Sie aber packten und prügelten ihn und jagten ihn mit leeren Händen fort. Darauf schickte er einen anderen Knecht zu ihnen; auch ihn misshandelten und beschimpften sie. Als er einen dritten schickte, brachten sie ihn um. Ähnlich ging es vielen anderen; die einen wurden geprügelt, die andern umgebracht. Schließlich blieb ihm nur noch einer: sein geliebter Sohn. Ihn sandte er als letzten zu ihnen, denn er dachte: Vor meinem Sohn werden sie Achtung haben. Die Winzer aber sagten zueinander: Das ist der Erbe. Auf, wir wollen ihn töten, dann gehört sein Erbgut uns. Und sie packten ihn und brachten ihn um und warfen ihn aus dem Weinberg hinaus. Was wird nun der Besitzer des Weinbergs tun? Er wird kommen und die Winzer töten und den Weinberg anderen geben. Habt ihr nicht das Schriftwort gelesen:

Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, / er ist zum Eckstein geworden;
das hat der Herr vollbracht, / vor unseren Augen geschah dieses Wunder?

Daraufhin hätten sie Jesus gern verhaften lassen; aber sie fürchteten die Menge. Denn sie hatten gemerkt, dass er mit diesem Gleichnis sie meinte. Da ließen sie ihn stehen und gingen weg.

Einführendes Gebet:  Herr, ich komme in Demut zu dir. Ich habe oft gesündigt und ich kenne meine Schwäche. Deine große Liebe jedoch sichert mir zu, dass ich durch deine Gnade auf dem Weg zur Heiligkeit bleiben kann.

Bitte:  Herr, lass mich deutlicher erkennen, was du von mir möchtest. Lass mich erkennen, was du für dich und für andere als Gegenleistung erbittest.

1. Tadel ertragen.  Es schmerzt, wenn man getadelt wird. Ein öffentlicher Tadel ist noch peinlicher. Und Tadel für sein ganzes Leben zu bekommen – das schmerzt wirklich sehr! So müssen diese Führer des Volkes empfunden haben, die sich hier an Jesus gewandt hatten. Ohne Umschweife sagt ihnen unser Herr, dass sie im Unrecht sind. Sie sind im Unrecht in ihrer Selbstherrlichkeit, in ihrer engherzigen Auslegung der Heiligen Schrift und in ihren Ansichten, wie Gott in der Welt wirkt. All das machte sie unfähig, den Sohn Gottes zu erkennen, als er unter ihnen weilte. Wir würden gerne glauben, dass wir an ihrer Stelle anders gehandelt und Jesus nicht abgewiesen hätten. Aber können wir dessen so sicher sein? Sind wir nicht genauso wie die Ältesten und Schriftgelehrten zur Zeit Christi, wenn wir es ablehnen, auf seine Vertreter zu hören, den Bischof, den Pfarrer, oder einen rechtmäßigen Vorgesetzten? Habe ich sie in letzter „Nein“ zu ihm gesagt?

2. „Einen anderen Knecht.”  Gott gibt uns nicht gleich nach einem ergebnislosen Versuch auf. Er sendet uns oft eine ganze Reihe von Botschaftern in unser Leben, um uns näher an sich zu ziehen. Wo verabsäumen wir, die Zeichen zu erkennen, die uns Gott schickt? Es könnte etwas sein, das ein Kind zu uns sagt, ein Aussage in einer Predigt, ein E-Mail von einem Freund in Not – dies sind die normalen Mittel, mit denen uns Gott erreichen will. Die Propheten des Alten Bundes wurden vom Volk Gottes verworfen. Hat sich da viel geändert? Ist es möglich, dass ich meine Ohren vor einem Propheten verschließe?

3. „Das ist der Erbe!”  Die Pächter des Weinberges scheinen nicht sehr klug zu sein. Sie morden den Sohn, um sich in Besitz seines Erbes zu bringen. Was für ein Vater würde sein Erbgut denen geben, die seinen Sohn umgebracht haben? Es ist widersinnig. Aber Sünde ist auch widersinnig. Wir weisen in unserem Leben Christus oft ab, und dann wundern wir uns, wenn unsere Gebete zum Vater scheinbar ungehört bleiben. Wie oft begleite ich mein Gebet mit einem Opfer oder mit einem Akt der Liebe?

Gespräch mit Christus:  Herr, lass mich die Anforderungen meines Glaubens gut erfüllen. Lass mich erkennen, dass es meine Würde als Christ verlangt, dass ich nicht damit zufrieden bin, so wie jeder andere zu leben, sondern dass ich ein meiner Taufe würdiges Leben führe.

Vorsatz:  Ich will ein Gesätz des Rosenkranzes für jemand in der Familie aufopfern, der vom Glauben abgefallen ist.


Eine Fangfrage

6. Juni 2006

Dienstag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,13-17
Einige Pharisäer und einige Anhänger des Herodes wurden zu Jesus geschickt, um ihn mit einer Frage in eine Falle zu locken. Sie kamen zu ihm und sagten: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und dabei auf niemand Rücksicht nimmst; denn du siehst nicht auf die Person, sondern lehrst wirklich den Weg Gottes. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht? Sollen wir sie zahlen oder nicht zahlen? Er aber durchschaute ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: Warum stellt ihr mir eine Falle? Bringt mir einen Denar, ich will ihn sehen. Man brachte ihm einen. Da fragte er sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten ihm: Des Kaisers. Da sagte Jesus zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Und sie waren sehr erstaunt über ihn.

Einführendes Gebet:  Herr, ich will in aller Bescheidenheit zu dir kommen. Lass mich, wenn ich auf dich in der Heiligen Schrift höre, in meinem Gebet einfach und bescheiden bleiben.

Bitte: Herr, gib mir in einer wichtigen Entscheidung, die ich treffen muss, einen Rat.

1. „Wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst.”  Die Pharisäer benutzen den alten Trick der Schmeichelei, um Jesus eine Falle zu stellen. Es ist ein oft benutzter Trick. Eine Schmeichelei kann uns dazu bringen, die Abwehr aufzugeben. „Sie sind eine gescheite Person, warum handeln sie nicht..?” Oder: „Sie sind so gute Eltern, sie haben ja bereits zwei Kinder. Sie glauben doch wirklich nicht an die Lehre der Kirche...?” Als Christ, der in der Welt lebt, muss man oft hinterhältige Menschen abwehren. Deshalb riet uns Jesus „klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben“ zu sein. (Mt 10,16) Um darin das rechte Maß zu finden, müssen wir für Gott allein leben. P. Marcial Maciel schrieb einmal: „Man schreitet im Leben voran und nähert sich der Ewigkeit. Das einzige, was uns wirklich bleibt, ist die Liebe Christi. Alles andere vergeht, wird zu Staub und Asche, zu nichts. Machen Sie Christi Liebe zu dem Schatz, für den Sie alles andere verkaufen würden...” Ist es Christus, der mein Leben formt?

2. „Ist es erlaubt, Steuern zu zahlen?”  Die Pharisäer und Herodianer tragen Jesus ein Dilemma vor, das eigentlich keines ist. Sie stellen es als ein „entweder-oder” hin. Jesus soll sich entweder dem Kaiser total unterwerfen oder er soll sich gegen Rom erheben. So sieht das die Welt. Es ist immer noch so: „entweder-oder”. Entweder wir erkennen den Darwinismus fraglos an oder wir müssen Kreationismus annehmen. Entweder wir müssen alternative Lebensweisen akzeptieren oder wir sind hoffnungslose Spießer. Die Dinge sind aber in Wirklichkeit differenzierter. Der katholische Glaube ist oftmals ein „und”, wenn die Fragen im richtigen Kontext, im richtigen Zusammenhang gesehen werden. So geben wir dem Kaiser und Gott, was ihnen jeweils eigen ist. Und wie entscheiden wir, was wem gehört? Da wird die Sache oft kompliziert. Darum sind wir als Christen aufgerufen, unsere Talente, unseren Verstand, unser Gebetsleben zu entwickeln, damit wir die richtigen Entscheidungen treffen. Benutze ich meine Talente in rechter Weise? Entwickle ich meine Fähigkeiten und meinen Verstand, damit ich Gott besser dienen kann?

3. „Sehr erstaunt”  Die Antwort Jesu lässt seine Kritiker verstummen. Warum? Zum Teil deshalb, weil er ihre Fragen gleichsam postwendend an sie zurückstellt. Nun müssen sie entscheiden, was dem Kaiser gehört – und was Gott gehört. „Sie müssen entscheiden”, war eine Redewendung, die Karol Wojtyla als Beichtvater benutzte. Nichts kann uns so erschrecken wie Freiheit. Sie erschreckte Jesu Zuhörer. Wie benutze ich meine eigene Freiheit? Wie benutze ich die Zeit, die Gott mir gegeben hat?

Gespräch mit Christus:  Herr, hilf mir zu erkennen, dass du mich in Freiheit berufen hast. Du respektierst die mir gegebene Freiheit, selbst dann, wenn ich sie missbrauche. Ich will sie aber nicht missbrauchen. Ich will in der Stunde des Letzten Gerichtes von einem guten Leben Rechenschaft ablegen können.

Vorsatz:  Ich will heute eine Bibelstelle, ein paar Abschnitte aus dem Katechismus oder ein päpstlichen Schreiben lesen, um mein Wissen über meinen Glauben zu verbessern.


Liebe deine Nächsten

7. Juni 2006

Mittwoch der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,18-27
Von den Sadduzäern, die behaupten, es gebe keine Auferstehung, kamen einige zu Jesus und fragten ihn: Meister, Mose hat uns vorgeschrieben: Wenn ein Mann, der einen Bruder hat, stirbt und eine Frau hinterlässt, aber kein Kind, dann soll sein Bruder die Frau heiraten und seinem Bruder Nachkommen verschaffen. Es lebten einmal sieben Brüder. Der erste nahm sich eine Frau, und als er starb, hinterließ er keine Nachkommen. Da nahm sie der zweite; auch er starb, ohne Nachkommen zu hinterlassen, und ebenso der dritte. Keiner der sieben hatte Nachkommen. Als letzte von allen starb die Frau. Wessen Frau wird sie nun bei der Auferstehung sein? Alle sieben haben sie doch zur Frau gehabt. Jesus sagte zu ihnen: Ihr irrt euch, ihr kennt weder die Schrift noch die Macht Gottes. Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, werden sie nicht mehr heiraten, sondern sie werden sein wie die Engel im Himmel. Dass aber die Toten auferstehen, habt ihr das nicht im Buch des Mose gelesen, in der Geschichte vom Dornbusch, in der Gott zu Mose spricht: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Er ist doch nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr irrt euch sehr.

Einführendes Gebet:  Herr hilf mir, mehr über die Heilige Schrift zu lernen. Hilf mir, die Heilige Schrift als eine Tür zu deinem Heiligen Herzen zu betrachten.

Bitte:  Herr, lass mich dich im Umgang mit meinen Lieben besser nachahmen.

1. „Irrt ihr euch nicht?”   Wir können uns so wie die Sadduzäer verhalten. Nicht, dass wir die Auferstehung von den Toten ableugnen. Aber wir können so leben, als ob wir nicht an die Macht Gottes glaubten. Ein paar schlechte Nachrichten auf einmal können uns der Verzweiflung nahebringen. Vielleicht fragen wir uns dann: „Warum bemühen wir uns überhaupt noch?” An allen Fronten scheint das Böse die Oberhand zu gewinnen. Familien werden zerstört. Die Pornographie ist weit verbreitet. Der Materialismus wuchert wild. Dennoch, der Allmächtige regiert die Welt. „Das Böse hat nicht das letzte Wort,” sagte Papst Benedikt XVI. am 22. Dezember 2005. Wir Christen sind dazu berufen, Hoffnung und Freude auszustrahlen. Strahlt unser Leben Freude aus? Und wenn nicht, warum nicht?

2. „Ihr kennt die Schrift nicht.”  Das Studium der Heiligen Schrift ist sozusagen die „Seele der Theologie” sagt das 2. Vatikanische Konzil (Dei Verbum, 24). Im Endeffekt sagt der Herr zu den Sadduzäern: „Ihr kennt die Schrift nicht, und deshalb kennt ihr auch mich nicht. Ihr versteht meine Botschaft des Erbarmens nicht, meinen Aufruf zur Umkehr, meine Einladung, die verlorenen Schafe zu suchen.” So viele scheinbare Nachfolger Christi verbringen ihre Zeit damit, zu kritisieren: die Kirche, die Hierarchie, die Pfarrgemeinde, die Schule. Sie haben noch nicht begriffen, dass Christus sie dazu berufen hat, aufzubauen – und nicht abzureißen. Worin investiere ich täglich meine Kräfte? Darin, die Kirche und die Gemeinde aufzubauen? Oder darin, die Fehler ihrer Mitglieder zu bemängeln?

3. „Sie sind wie die Engel im Himmel”  Die Ehe ist wundervoll. Sie ist ein Sakrament und gewissermaßen ein Abbild des inneren Lebens der Heiligen Dreifaltigkeit. Aber auch im besten Falle kann sie nur relatives Glück schenken. Ihr übergeordnetes Ziel ist es, die Ehepartner zum Himmel zu führen. Auf dieser Erde aber zu viel von dem Partner (oder überhaupt von anderen Menschen) zu erwarten, führt nur zu Enttäuschungen. Die Menschen haben Schwächen. Sie haben aber auch Stärken. Ist es nicht möglich, dass dieser Ehegatte, jenes Familienmitglied, dieser Kollege, ein Heiliger sein könnte, trotz seiner Fehler? Betrachten wir unsere Mitmenschen als potentielle Heilige? Ermutigen wir sie auf ihrem Weg?

Gespräch mit Christus:  Herr, hilf mir die Größe in den Menschen zu erkennen, ihre guten Qualitäten, ihr Potential, Apostel zu sein. Lass mich erkennen, wie ich ihnen auf ihrem Weg zur Heiligkeit weiterhelfen kann.

Vorsatz: Ich will heute jemandem für eine wirkliche Tugend ein Kompliment machen.


Selbsthingabe

8. Juni 2006

Donnerstag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,28-34
Ein Schriftgelehrter hatte ihrem Streit zugehört; und da er bemerkt hatte, wie treffend Jesus ihnen antwortete, ging er zu ihm hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen? Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden. Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm, und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer. Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

Einführendes Gebet:  Herr, hilf mir, das wichtigste aller Gebote zu erkennen: das der Liebe. Hilf mir, den Glauben als einen Aufruf zur tieferen Liebe zu begreifen.

Bitte: Herr, hilf mir zu verstehen, dass es ein Teil meiner Berufung ist, die Liebe des Vaters anderen Menschen zu zeigen.

1. „Als zweites kommt hinzu:”  Ein Schriftgelehrter stellt Jesus eine konkrete Frage. Er geht davon aus, dass es hier nur eine einfache Antwort gibt. Jesus geht aber über die einfache Antwort hinaus und verbindet die Liebe für Gott mit der Liebe für den Nächsten. „Wer sagt, er sei im Licht, aber seinen Bruder hasst, ist noch in der Finsternis.” (1 Joh 2,9). Das Christsein ist nicht nur eine Sache zwischen mir und Jesus; solch ein Glaube könnte zu Egozentrik und Abscheu für die Welt führen. Wir sind dazu berufen, Sauerteig für die Welt zu sein, Licht in die Finsternis zu bringen. Jesus braucht uns als seine Arme, Beine und Stimme in der Welt. Gebe ich mich damit zufrieden, meine Gebete zu beten und zur Heiligen Messe zu gehen, tue aber sonst kaum etwas? Vielleicht bittet mich Gott, in der Pfarrgemeinde aktiver zu sein? In der Schule? In der einen oder anderen Art von Apostolat?

2. „Mehr als alle Brandopfer”. Der Schriftgelehrte spürt, dass Brandopfer nicht genug sind. Sie sind nur äußerlich. Wir können uns von Dingen (Geld, gebrauchte Kleider, alte Möbel) viel eher trennen, als von unserer wertvollen Zeit oder von unseren Meinungen. Wir schenken Sachen, aber nicht uns selbst. Lehne ich es ab, mehr meiner Zeit für die Mitarbeit in der Kirche zu verwenden? Warum?

3. „Und keiner wagte mehr, ihm eine Frage zu stellen.” Die Schriftgelehrten verstanden, dass Jesus die Anforderungen an die Ausübung der Religion hochschraubte. Ein Schaf oder eine Ziege aufzuopfern, genügte nicht mehr. Jesus wollte, dass sie sich selber schenkten, und das wurde ihnen unangenehm. Die Art des Opferns im alten Testament wurde durch die des Neuen Testamentes ausgetauscht: die Selbsthingabe. Das ist, was Jesus will; das ist, was er selbst getan hat. Er brachte sich selbst am Kreuz dar, um die Selbstliebe zu beschämen. Fürchte ich mich davor, mir selbst und meinen Launen abzusterben? Was erbittet Jesus von mir, das mir unangenehm ist?

Gespräch mit Christus:  Herr, du weißt, es kostet mich etwas, auf meine eigenen Ansichten und meine Zeit zu verzichten. Hilf mir zu verstehen, dass dies vielleicht das bessere Opfer wäre, das du von mir erwartest.

Vorsatz:  Ich will jemandem anbieten, ihm einen Gefallen zu tun, der mir persönlich etwas abverlangt.


Herr des Lichts

9. Juni 2006

Freitag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,35-37
Als Jesus im Tempel lehrte, sagte er: Wie können die Schriftgelehrten behaupten, der Messias sei der Sohn Davids? Denn David hat, vom Heiligen Geist erfüllt, selbst gesagt: Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich mir zur Rechten, und ich lege dir deine Feinde unter die Füße. David selbst also nennt ihn «Herr». Wie kann er dann Davids Sohn sein? Es war eine große Menschenmenge versammelt und hörte ihm mit Freude zu.

Einführendes Gebet: Herr, wenn ich jetzt vor dir knie, hilf mir, meine Gedanken zu sammeln. Erwecke in meinem Herzen eine tiefere Liebe für das Gebet.

Bitte:  Herr, schenke mir das Verständnis, dich in den Menschen um mich herum am Werk zu sehen.

1. „Davids Sohn”  Es war bekannt, dass Jesus von König David abstammte. Maria und Josef stammten beide aus dem Hause König Davids. Jesus geht noch einen Schritt weiter, indem er sagt, dass der Christus auch Herr Davids sei. „Wie kann er dann Davids Sohn sein?” Man beachte, dass Jesus (der Christus) die Abstammung von David nicht leugnet. Er will nur die Gedanken seiner Zuhörer auf eine andere Ebene bringen. Jesus ist der Sohn Davids dem Leibe nach, aber er ist der Herr Davids als Gott, genauso wie er Mariens Sohn und ihr Herr ist. Gott der Vater kann uns sogar geistlich durch jemand führen, der von uns abhängig ist. Man muss nur daran denken, wie oft er Kinder benutzt, um uns durch ihre unverblümten Bemerkungen aufzurütteln und zu führen. Ihre Aufrichtigkeit gibt einer alten Zeile Wordsworths neue Bedeutung: „Des Mannes Vater ist das Kind.” Was will mir wohl Gott durch junge Menschen sagen?

2. „Hörten ihm mit Freude zu.” Das Geheimnis Christi weckt Freude in den Herzen seiner Zuhörer. Seine erfrischende Lehre und sein liebevolles Zeugnis inspiriert und erhebt sie. Ist es nicht das, worum es in der Freude der Liebe geht? Wenn man einen Menschen kennenlernt, der authentisch und liebevoll ist, hilft es uns, den eigenen Wert und die eigene Tiefe zu entdecken. Das kann der Einfluss einer Geliebten sein oder eines Ehegatten, eines Lehrers, eines Freundes, eines Papstes. Die Menschen, die uns am meisten lieben, verhelfen uns zur Selbstfindung. Wie oft danke ich Gott für meine Lieben, die er in mein Leben gebracht hat?

3. „Wie können die Schriftgelehrten behaupten.” Jesus richtet sich in diesem Fall ganz unverhohlen gegen die Schriftgelehrten, und findet eine gute Aufnahme bei der Masse des Volkes. Manchmal scheint der Herr die Intellektuellen unter uns zu beunruhigen, während sich die einfachen Menschen von ihm angezogen fühlen. Auf welcher Seite stehe ich? Betrachte ich die Worte Christi etwas zu intellektuell? Oder nehme ich sie mit kindhafter Einfachheit an?

Gespräch mit Christus:  Herr, ich weiß, dass du zu mir durch die Heilige Schrift sprechen willst, besonders in Zeiten des Gebetes. Hilf mir, deine Stimme auch in jenen Menschen zu erkennen, denen ich im Laufe des Tages begegnen werde.

Vorsatz:  Ich will für jemand, der um mein Gebet bat, ein Opfer bringen oder einen Besuch beim Allerheiligsten machen.


Die unaufrichtigen Menschen

10. Juni 2006

Samstag der neunten Woche im Jahreskreis

P. Edward McIlmail LC

Mk 12,38-44
Er lehrte sie und sagte: Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Straßen und Plätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die vordersten Sitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie bringen die Witwen um ihre Häuser und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Aber um so härter wird das Urteil sein, das sie erwartet.
Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersaß, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt.

Einführendes Gebet:  Herr, hilf mir, aus meiner Gebetszeit Nutzen zu ziehen und sie als einen Ausdruck meiner tiefen Sehnsucht, dich zu lieben und nachzuahmen, zu sehen.

Bitte:  Herr Jesus, schenke mir die Gnade, meinen katholischen Glauben als eine liebende Beziehung zu erkennen und entsprechend zu handeln.

1. „Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten!”  Für die Schriftgelehrten blieb die Religion an der Oberfläche; sie sank nicht tief in ihre Herzen. Sie betrachteten Religion als die Beachtung einer Reihe von Gesetzen. Auch wir können in die gleiche Falle tappen. Der katholische Glaube könnte zur Liste von „das macht man” und „das macht man nicht” reduziert werden. In Wahrheit dreht sich aber alles um Christus. Um uns den Weg zum Heil zu zeigen, hätte uns Christus einfach nur einen Verbotszettel zuschicken können. Das tat er aber nicht. Statt dessen kam er demütig zu uns, erst in der Krippe, dann am Kreuz. Was hat er nicht für uns getan? Was hat er nicht alles für mich getan? Sehe ich meinen Glauben als eine Beziehung mit dem Einen, der so viel für mich getan hat?

2. „In ihrer Scheinheiligkeit verrichten sie lange Gebete.”  Menschen, die Religion aufs Herunterrattern von Gebeten reduzieren, aber das Gebot der Liebe vernachlässigen, kann man nur bedauern. Was sie tun, ist nur ein Abglanz von dem, was echte Religion sein sollte: eine liebende Beziehung mit Gott, die im täglichen Leben ihre Kreise zieht. Dies schließt Akte der Großzügigkeit und des Erbarmens ein. Das Gebet sollte darauf hinzielen. Das Gebet sollte nicht in sich verschlossen bleiben, abgeschnitten vom Rest des Tages. Statt dessen sollte es als Sprungbrett für Akte der Liebe und der Geduld dienen. Hat mein Gebet einen Einfluss auf meinen Umgang mit Menschen?

3. „Die kleinen Münzen der Witwe.“  Großzügigkeit ist relativ. Für die Bedürftigen kann „ein bisschen“ viel bedeuten. Das Problem ist: zu oft sehen wie nur das Wenige und erkennen nicht das Viele! Möglicherweise setzen wir uns nieder zu einem guten Essen, ohne zu erkennen, wie sehr sich die Mutter oder die Ehefrau abrackern musste, um es pünktlich auf den Tisch zu bringen. Wir nehmen die Hilfe eines Pfarrmitglieds an und wissen nicht, wie sehr das in sein persönliches Leben einschneidet. Unser Herr ruft uns auf, die seltenste Blume im Garten der Tugenden zu pflegen: die Dankbarkeit. Wie oft drücke ich meinen Dank aus?

Gespräch mit Christus:  Herr, hilf mir, den Glauben als einen Weg zu erkennen, dir Dankbarkeit zu zeigen für alles, was du getan hast und noch tust. Hilf mir, die Mentalität einer nur aufs Äußerliche beschränkten Religion zu überwinden und die Kirche und ihre Lehre als einen Ausdruck deiner Liebe zu erkennen.

Vorsatz:  Heute will ich jemandem danken, den ich als selbstverständlich hingenommen habe.